Mittwoch, März 30, 2005

Angekommen 13 ½

Vorgestern morgen sind meine Moebel angekommen. Um halb sieben morgens bekam ich einen Anruf: Hallo, Watson Limited, wir sind am Point (die Kneipe am Anfang der Strasse), wie kommen wir zu Ihnen? Einen Augenblick, ich komme Ihnen entgegen.

Da standen sie, eine Mappe mit dem Wort Watson in der Hand und einem klapprigen (nach deutschen Massstaeben) bzw. brandneuen (ghanaisch) Lastwagen mit meinen meinen Sachen. Waehrend sie ausluden, musste ich die Nummern notieren, die auf den Kisten und Moebeln klebten, dann alles zaehlen und mit der Lieferliste vergleichen. Und: Waehrend sie ausluden, musste ich mit den Traenen kampfen, vor lauter Freude ueber meinen ganzen alten Schrott, den kleinen Sessel aus den sechzigern, den ich in Lueneburg mit dunkelblauem Nickistoff ueberzogen hab, der quietschende und unbequeme Korbsessel, wo ich mich noch erinnern kann, so klein gewesen zu sein, dass ich mich darunter zusammenrollen konnte, die ebenfalls unbequemen Klappstuehle, die wir zu Hause nur an Weihnachten benutzen, wenn einfach zu viele Gaeste da sind und Kisten ueber Kisten mit Buechern! Juhuhhh.

Das Auspacken zieht sich langsam hin. Weil ich natuerlich das Fotoalbum durchschauen muss, eh ich ihm einen vorlaeufigen Platz gebe. Und mich ueber die Kuechensachen einzeln freuen. Ich hab mir selbst ein paar Ueberraschungen eingepackt, eine Packung Mandeln, mit denen Michael nichts anzufangen gewusst haette, Petersiliensamen (humusreicher Boden, steht drauf, feucht halten!!!), Lieblingsgewuerze und Zestenreisser. BROTBACKMISCHUNGEN in Aluboxen, in denen normale Menschen wertvolles optisches Geraet transportieren. Ich hab den Leuten hier schon so vom Deutschen Brot vorgeschwaermt, das ausser den Deutschen niemand mag, dass einige sich schon zum Probieren angemeldet haben. Ebenfalls Freitag sind wir dann endlich losgegangen und haben Kuehlschrank und Herd gekauft. Ein kleiner Schritt fuer die Menschheit aber...

Jetzt bin ICH das wieder, die in diesem mir vage bekannten Frauenkoerper rumlaeuft, der zwischenzeitlich von einer anderen Wesenheit bewohnt wurde. Was fuer einen grossen Unterschied das macht, ein Heim zu haben und nicht nur einen Platz mit Matratz. Freitag abend hab ich mit Brot backen und in der Kueche rumproetteln verbracht und grade die liebevolle Langsamkeit der Zubereitung hat mir das Gefuehl gegeben, meine Seele zu streicheln.

Und etwa gleichzeitig mit der Ankunft der Buecher beobachte ich einen ersten (?) Schritt der Akklimatisierung. Ich finde es zwar immer noch sehr warm. Und wenn einem der Schweiss in der Kueche nur so von der Stirn tropft, nervt das und ist auch ein bisschen fies. Aber ich leide nicht mehr so unter der Hitze. Ich kann Musik und Ventilator anmachen, ein Buch nehmen und kaltes Wasser und hab nicht mehr das Gefuehl, die Hitze killt mich und ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Wenngleich mich nervt, dass das Wasser, dass ich gestern gekauft und unter grossem Publikumsinteresse in einer Metalschuessel nach Hause getragen hab, dass dieses Wasser intensiv nach Waschpulver schmeckt. Aber wenigstens Kaltwaesche.

Buecher! Ich denke ich bin nun die Eigentuemerin der groessten privaten Romansammlung der Upper East Region (zum Thema Leihbibliothek bin ich noch in der Erkundungsphase, nicht ungeduldig werden...). Ich hab’s wirklich wissen wollen und bin vor ein paar Tagen zu einem der Buchlaeden hier gegangen und hab gefragt: Sagt mal, Jungs, habt ihr vielleicht einen Roman? Ich haette auch fragen koennen, verkauft Ihr Alligatoreneier. Warum geh ich fuer nen Roman in einen Buchladen? Natuerlich haben sie nur Schuelbuecher, Selbsthilfebuecher und religioese Traktate. Das ist doch normal. Koennt ihr mir vielleicht sagen, ob es in Bolga einen Laden gibt, wo sie Romane verkaufen? Ratlosigkeit.

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