Dienstag, März 29, 2005

O leven Joott, jev ons Wassa on helf ons in de Nood

(Oh lieber Gott, gib uns Wasser und helf uns in der Not)
Die Nichtrheinlaender unter Euch moegen mir den wiederholten Rueckgriff aufs Rheinische Liedgut verzeihen. Die anderen koennen mein Morgengebet mitsummen. Ich bin auch ganz bescheiden und bete gar nicht um „Dat Wassa von Koelle“ (so heisst das Lied) denn ich bin ueberzeugt, auch dat Wassa von Bolga is joot. Nur leider, es fliesst nicht.

Vorgestern hab ich den Jungs, die das Gas verkaufen, erzaehlt, dass es in Deutschland nie Wasser- oder Stromausfall gibt. Sie haben mich unglaeubig angeguckt. Als ich vor drei Tagen in mein Haus einzog, gab es ein kleines hausinternes Wasserproblem, weshalb ich mir nur einen Eimer Wasser abzapfte und dann den Haupthahn zudrehte. Das Haus hat, wie die meisten Reichenhaeuser, einen Wassertank, der sich automatisch mit Leitungswasser fuellt, wenn es Wasser gibt, dann hat man einen Vorrat fuer die Zeiten ohne Wasser. Dieser Tank ist aber in der Zeit, wo das Haus leerstand, schmutzig und rostig geworden. Der Haupthahn ist aus, damit nicht gutes Wasser im ollen Tank unbrauchbar wird.

Vor drei Tagen. Ein Eimer Wasser. Morgens duschen (inclusive einmal Haare waschen und einmal Beine rasieren), abends Fuesse waschen. Heute, Morgen des vierten Tages, hab ich mir den letzten Inhalt des Eimers ueber die Schulter gekippt. Natuerlich haette ich, rein theoretisch, einfach den Haupthahn einen Moment aufdrehn und den Eimer neu auffuellen koennen. Das waere aber nur moeglich gewesen, wenn nicht in der Zwischenzeit die ganze Strasse von der Wasserversorgung abgeschnitten worden waere.

Wie man aus so wenig Wasser so viel Sauberkeit wie moeglich rausholt? Erst einseifen. Duschgel ist gut, weil man zum verteilen kein extra Wasser braucht. Und dann tassenweise Wasser ueber die linke Achsel, die rechte Achsel, die Brust, den Ruecken. Mit einer Flasche geht das noch sparsamer, weil die Oeffnung kleiner ist und man deshalb langsamer schuettet. Das ganze wird noch schoener, wenn man dabei immer geniesserisch oh und ah macht und sich auf die angenehme Kuehle des Rinnsals ueber die rechte Schulter konzentriert.

Trinkwasser? Das kommt ohnehin nicht aus der Leitung. In Accra hab ich meinen Wasserfilter zwischengelagert, das sind zwei Blecheimer, die aufeinander stehn. Im oberen sind vier Loecher, in denen poroese Keramikstangen stecken, durch die das Wasser in den unteren Eimer gefiltert wird, der einen kleinen Wasserhahn hat.

Bis der Filter ankommt, gibt es Sachet Water, also in halbliter Plastiktueten eingeschweisstes Wasser, man beisst eine Ecke der Tuete auf und nuckelt sie leer. Um sich nicht ganz irre zu machen, verdraengt man, dass man somit ja die Aussenseite der Tuete ablutscht, die schon durch tausend Haende gegangen ist und sicher nicht der Idee von hygienischer Reinheit entspricht. Wenn man Ghanaer ist, wirft man die leergenuckelten Tueten in hohem Bogen ueber die Schulter. Meist landen sie frueher oder spaeter in der Gosse, also in den tiefen zementierten Graeben rechts und links der Strasse. Die sind dafuer da, die sintflutartigen Regenfaelle der Regenzeit zu kanalisieren. Da die Trockenzeit aber lang genug ist, um jeden Scheiss da rein zu schmeissen und zu machen, bedeuteten die ersten Regen in Accra mal wieder Ueberschwemmungen von Strassen und Haeusern, da die Abfluesse mit einer Mischung von Tueten, Baumaterialien, Ziegenscheisse und was weiss ich verstopft waren. Politiker und Zeitungen diskutieren, ob die Wasserproduzenten fuer die Entsorgung der Tueten zahlen sollen.

Wasserversorgung fuer normale Leute, also die ohne Wasserhahn oder gar Tank im Haus? Ueber ganz Bolga verteilt (und auch in den Doerfern) sind Brunnen gebohrt (boreholes). Was man davon sieht ist die ein oder andere Art von Wasserhahn, der aus der Erde kommt. Manchmal aber auch Brunnen wie aus dem Kinderbuch, aus denen man mit Eimern schoepft. Jedes borehole versorgt eine bestimmte Anzahl von Haushalten, die direkt um das Loch herum wohnen. Gestern hab ich bei einer Frau meine Sprite getrunken, die einen kleinen Kiosk hatte und eine Wasserleitung. Der Schlauch hing an einem Gestell etwa auf der Hoehe einer Dusche. Das ist besonders praktisch, dann koennen sich die Leute, die Wasser holen, gleich mit Schuessel auf dem Kopf unter den Schlauch stellen und muessen das Mistviech nicht voll auf den Kopf hieven. Was passt in die Schuesseln, 10 Liter? 20? An dieser Wasserstelle haben die Leute pro Schuessel direkt bezahlt.

Mein Nachbar erzaehlte mir von der Wasserversorgung in seinem Heimatdorf, auch hier in der Gegend. Da bezahlen die Mitglieder einer Wassergruppe monatliche Beitraege fuers Wasser. Ich frage natuerlich (wasserhahnverwoehnt) ob das denn fair sei, Gebuehren unabhangig von der Menge tatsaechlich benutzten Wassers zu erheben. Nein nein, das ist ganz einfach, man zaehlt, wieviele Frauen in einem Haushalt leben und daran bemisst sich, wieviel zu zahlen ist. Frauen holen das Wasser, und wenn man sein Wasser auf dem Kopf drei Meilen tragen muss, ist die Menge, die man am Tag holen und verschwenden kann klar begrenzt...

P.s: ER (de leven Jott) liebt Gesang und versteht Koelsch. Heute abend komme ich nach Hause und kann mit entzuecken feststellen: et Wassa von Bolga is joot... und fliesst wieder!

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