Als ich in Lueneburg studierte, bin ich manchmal Sonntags mit Buch an den Stint gegangen, hab mich in ein Cafe gesetzt und in Ruhe und ungestoert den Morgen vertroedelt. Dann bin ich nach Bochum gezogen, wo ich gerne Sonntags morgens allein ins Bermuda Dreieck ging. Waehrend ich auf mein Fruehstueck wartete und in meinem Buch blaetterte, hab ich die Irren vom Nachbartisch kennengelernt, vom weissen Magier, der voll enthusiastischem Abscheu von Sado-Maso-Sex anderer Leute redete, bis zum Kopierladenbesitzer, der von der Moehre an sich fasziniert war und den ganzen Raum mit seinem Lachen zum Platzen bringen konnte.
Auch in Bolga treibt es mich an stillen Sonntagen aus dem Haus, mich treiben zu lassen und zu sehn, was der Tag bringt. Letzten Sonntag ging ich um die Ecke zum Haus des Radiomanns um zu sehn, ob er immer noch verreist ist. Als keiner auf mein Klopfen antwortete, sprach mich ein Nachbar an: Wen suchst Du? Also hab ich mich in ein Gespraech treiben lassen, dann “Do you care for some water? (Haettest Du gerne Wasser?)” in seinen Innenhof, dann kamen auch noch seine Freunde und schliesslich haben wir lang und breit palavert: Ueber Toilettengewohnheiten der ganzen Welt (Ghanaer kacken oeffentlich in gemischten Gruppen, waehrend Deutsche nichtmal davon reden duerfen), Fussballweltmeisterschaft (Deutschland als Gastgeber gewinnt und wir erlauben Ghana gnaedig, zweite zu werden) und Haussa-Unterricht (Pascal ist Lehrer und seine Mutter kommt aus Nigeria, also kann er mir die Sprache beibringen).
Als ich nach Hause kam, hab ich Debbie gleich ganz begeistert erzaehlt, wie super das ist, neue Ghanaische Freunde zu finden, die alle anstaendige Jungs sind (fuer’s Ausgehen mit den wilden Kerlen bin ich auf die Dauer doch nicht robust und bescheuert genug) und nicht auf der Jagd nach einer weissen Frau. Als ich ein kleines Kind war, fragte eine unbekannte Tante in Geich mal: Lachst Du mich an oder lachst Du mich aus? Damals verstand ich das nicht. Letzten Sonntag haette ich Debbie diese Frage stellen sollen.
Im Laufe dieser Woche stellte sich dann heraus, dass sie natuerlich Recht hatte, mich auszulachen. Mein neuer Haussa-Lehrer rief mich gleich Sonntag Abend an, um anzukuendigen: “Das ist jetzt mein regelmaessiger Abend-Anruf”. Am naechsten Morgen wuenschte er mir nur schnell einen schoenen Tag. Jetzt hat es sich so eingependelt, dass er zum “Schoenen Tag”, zum “Wie war die Arbeit” und zum “Gute Nacht” sagen anruft. Und so etwa fuenfmal, um mit Mary oder Angela zu reden und rauszufinden, ob ich im Haus bin.
Freitag, März 31, 2006
Nasenhaendler
Europaer, die als Entwicklungsfuzzies nach Afrika gehen, haben irgendwo ein ideelles Motiv. Wenngleich das nicht bei jedem gleich stark oder offensichtlich ist. Natuerlich wollen wir Geld verdienen, aber wenn das unsere Hauptmotivation waere, haetten wir uns vermutlich einen anderen Job gesucht. Naemlich einen, wo man mehr Geld kriegt und weniger Aufwand hat.
Fuer viele Ghanaer dagegen scheint der Hauptgrund, in Development zu arbeiten, ein anderer: This is where the money lies (Da steckt das Geld drin). Es ist fuer uns schwer nachzuvollziehen, dass man in einem Waisenhaus arbeitet, obwohl man sich vor Kindern ekelt oder in einem Projekt fuer laendliche Entwicklung, obwohl man Bauern fuer zurueckgeblieben haelt und vor allem darauf aus ist, mit europaeischem Geld von Konferenz zu Konferenz zu jetten, so weit weg vom afrikanischen Dorf, wie irgend moeglich.
STOPP!
Wie kann ich diesen Blog so schreiben, dass ich nicht zynisch klinge, sondern erklaere, wie zwei Welten aneinander geraten, die wenig ueber ihre unterschiedlichen Motivationen nachdenken? Und wo meine Verwirrung und Frustration herkommt.
Also: Wenn ich mit einem Geschaeftsmann zu tun habe, erwarte ich, dass er Profit orientiert ist, und wenn er noch dazu an seine Mitarbeiter denkt oder gar an andere Menschen oder die Umwelt, dann ist er entweder besonders weitsichtig oder ungewoehnlich selbstlos. Dieser Geschaeftsmann wird versuchen, mir sein Produkt mit den schoensten Versprechungen anzupreisen – und so lange diese nicht komplett haarstraeubend sind, nehm ich ihm die ein oder andere Uebertreibung oder Auslassung gar nicht uebel, ist schliesslich sein Job.
Aber, siehe oben, viele Entwicklungseuropaer sehen sich nicht als Verkaeufer sondern als Welthelfer. In einem frueheren Blog hab ich beschrieben, wie meine weissen Freunde hier angeekelt sind, wenn ich zugebe, dass ich auch aus eigenem Interesse hier bin und mich amuesieren, selbst verwirklichen, Geld verdienen will. Am einfachsten geht das, wenn ich zu meinen Policy Makers (also “Politikmachern?”) geh und davon ausgeh, wir haben die gleichen Ziele der Armutsveringerung usw, ihnen glaube, was sie sagen und eine schoene runde stimmige Geschichte daraus mache, die ich letztlich karrierewirksam veroeffentlichen kann.
Dazu muss ich dann vermeiden, mit Leuten zu reden, die wie mein Vater zu Hause alles ueber die Lokalpolitik wissen, ohne selbst zu regieren. Denn die koennen mir immer so irritierende Details erzaehlen. Und ich muss uebersehen, wenn die Geschichten in sich nicht wirklich stimmig sind. Alles vergessen, was ich ueber “welches Geld in welche Taschen” weiss. Damit nehme ich die Einladung an, in der Sued-Nord-Eliten-Koalition mitzuspielen und oft ist der Nebeneffekt dieser Projekte tatsaechlich fuer die Waisen oder Bauern positiv.
Andere Option: Ich werde verbittert und unterstelle allen nur noch boese selbstsuechtige Motive, erhebe mich ueber sie, weil ich ja so rein und weiss bin, dass es weh tut. Ist bei meinem Gehalt verdammt einfach, so unglaublich gut zu sein. Das Ganze gepfeffert mit engagiertem Politisieren ueber Weltverschwoerungen und wie alles eh keinen Sinn hat und Teil eines grossen boesen Plans der Amerikaner ist. Auch langweilig.
Im Moment experimentiere ich mit der Elastizitaet des Hirns und des Herzens. Mag sein, dass ich daran irre werde oder irgendwann vom Drahtseil falle, aber keiner kann sagen, ich haette es nicht versucht. Herz und Hirn muessen sehr dehnbar sein um Schwarz und Weiss gleichzeitig beherrbergen zu koennen (ich rede nicht von Hautfarben). Ich moechte gerne die Motivationen meiner Gespraechspartner unvoreingenommen verstehen und akzeptieren, dass jemand ein wahnsinnig charmanter netter Kerl ist, Hunger und Armut in seiner Region beenden will und sich ganz dringend eine goldene Nase wuenscht; dass er nett meine Fragen beantwortet, weil er mich sehr mag, weil mir alle immer gern ihre Geheimnisse erzaehlen, weil er denkt, dass ich ihm bei seinem Projekt zur Armutsverminderung inhaltlich weiterhelfe und weil er hofft, dass ich ihm beim Nasenhaendler Kreditwuerdigkeit verschaffe.
Fuer viele Ghanaer dagegen scheint der Hauptgrund, in Development zu arbeiten, ein anderer: This is where the money lies (Da steckt das Geld drin). Es ist fuer uns schwer nachzuvollziehen, dass man in einem Waisenhaus arbeitet, obwohl man sich vor Kindern ekelt oder in einem Projekt fuer laendliche Entwicklung, obwohl man Bauern fuer zurueckgeblieben haelt und vor allem darauf aus ist, mit europaeischem Geld von Konferenz zu Konferenz zu jetten, so weit weg vom afrikanischen Dorf, wie irgend moeglich.
STOPP!
Wie kann ich diesen Blog so schreiben, dass ich nicht zynisch klinge, sondern erklaere, wie zwei Welten aneinander geraten, die wenig ueber ihre unterschiedlichen Motivationen nachdenken? Und wo meine Verwirrung und Frustration herkommt.
Also: Wenn ich mit einem Geschaeftsmann zu tun habe, erwarte ich, dass er Profit orientiert ist, und wenn er noch dazu an seine Mitarbeiter denkt oder gar an andere Menschen oder die Umwelt, dann ist er entweder besonders weitsichtig oder ungewoehnlich selbstlos. Dieser Geschaeftsmann wird versuchen, mir sein Produkt mit den schoensten Versprechungen anzupreisen – und so lange diese nicht komplett haarstraeubend sind, nehm ich ihm die ein oder andere Uebertreibung oder Auslassung gar nicht uebel, ist schliesslich sein Job.
Aber, siehe oben, viele Entwicklungseuropaer sehen sich nicht als Verkaeufer sondern als Welthelfer. In einem frueheren Blog hab ich beschrieben, wie meine weissen Freunde hier angeekelt sind, wenn ich zugebe, dass ich auch aus eigenem Interesse hier bin und mich amuesieren, selbst verwirklichen, Geld verdienen will. Am einfachsten geht das, wenn ich zu meinen Policy Makers (also “Politikmachern?”) geh und davon ausgeh, wir haben die gleichen Ziele der Armutsveringerung usw, ihnen glaube, was sie sagen und eine schoene runde stimmige Geschichte daraus mache, die ich letztlich karrierewirksam veroeffentlichen kann.
Dazu muss ich dann vermeiden, mit Leuten zu reden, die wie mein Vater zu Hause alles ueber die Lokalpolitik wissen, ohne selbst zu regieren. Denn die koennen mir immer so irritierende Details erzaehlen. Und ich muss uebersehen, wenn die Geschichten in sich nicht wirklich stimmig sind. Alles vergessen, was ich ueber “welches Geld in welche Taschen” weiss. Damit nehme ich die Einladung an, in der Sued-Nord-Eliten-Koalition mitzuspielen und oft ist der Nebeneffekt dieser Projekte tatsaechlich fuer die Waisen oder Bauern positiv.
Andere Option: Ich werde verbittert und unterstelle allen nur noch boese selbstsuechtige Motive, erhebe mich ueber sie, weil ich ja so rein und weiss bin, dass es weh tut. Ist bei meinem Gehalt verdammt einfach, so unglaublich gut zu sein. Das Ganze gepfeffert mit engagiertem Politisieren ueber Weltverschwoerungen und wie alles eh keinen Sinn hat und Teil eines grossen boesen Plans der Amerikaner ist. Auch langweilig.
Im Moment experimentiere ich mit der Elastizitaet des Hirns und des Herzens. Mag sein, dass ich daran irre werde oder irgendwann vom Drahtseil falle, aber keiner kann sagen, ich haette es nicht versucht. Herz und Hirn muessen sehr dehnbar sein um Schwarz und Weiss gleichzeitig beherrbergen zu koennen (ich rede nicht von Hautfarben). Ich moechte gerne die Motivationen meiner Gespraechspartner unvoreingenommen verstehen und akzeptieren, dass jemand ein wahnsinnig charmanter netter Kerl ist, Hunger und Armut in seiner Region beenden will und sich ganz dringend eine goldene Nase wuenscht; dass er nett meine Fragen beantwortet, weil er mich sehr mag, weil mir alle immer gern ihre Geheimnisse erzaehlen, weil er denkt, dass ich ihm bei seinem Projekt zur Armutsverminderung inhaltlich weiterhelfe und weil er hofft, dass ich ihm beim Nasenhaendler Kreditwuerdigkeit verschaffe.
Mittwoch, März 29, 2006
Kleine Mary weiterhin auf Wachstumskurs
Die Baeckerei waechst und mit ihr Marys Selbstbewustsein. Alle haben sehr gelacht, als ich letztens sagte: Mary, ich muss ein Foto von Deinen neuen Angestellten machen und das ins Internet stellen, damit meine Freunde das sehn. Die neuen Angestellten? Nun, Mary kauft das Mehl in 50 kg Saecken und bislang bezahlte sie einem Taxifahrer 10 000 (1 Euro) fuer die Lieferung. Mein Wachmann findet es Bloedsinn, dass dieses Geld an einen Aussenstehenden geht und liefert nun fuer den gleichen Preis auf seinem Fahrrad.
Seit letzter Woche beliefert die Breadwinner Baeckerei ausser Daily Needs Supermarket auch die Total Tankstelle und Ende dieses Monats wollen wir endlich eine Entscheidung ueber den neuen Ofen treffen. Neu im Programm sind Olivenbrot und Koernerbrot mit Pancakeseeds (da hat Mary sich wohl verhoert, Pfannkuchensamen statt Kuerbiskernen = pumpkinseeds).
Vor ein paar Tagen stand ich mit Mary in der Kueche und da lag ein Handy rum, das ich nicht kannte. “Mary, von wem ist denn das Handy da?” “Meins (breites Grinsen)” “Wow, you’re becoming a big woman!” (Wow, Du wirst eine grosse = reiche Frau). Da lacht sie und lacht, klappt das Plastikding auf: “Guck mal, ein Spiegel (wo beim echten Handy das Display ist) und ein Taschenrechner”. Dann erzaehlt sie mir, dass die Leute in ihrem Haus noch nie ein Handy benutzt haben und ihre Mutter fragt: “Sind das die Dinger, mit denen man reden kann?” Und Mary sagt: “Ja, hier, nimm und rede!”
Auf einem Begraebnis hat ein Dieb versucht, es ihr im Gedraenge aus der Hosentasche zu ziehen: “But I turned around and insulted him very well!” (Aber ich hab mich umgedreht und ihn sehr gut beschimpft”). In der Geschichte ueber den luesternen Chinesen (s. Januar), koennt ihr nachlesen, warum die Chinesenmary die beste Feindin meiner kleinen Mary ist. Der Chinese hat seiner Mary ein echtes Handy gekauft und immer wenn sie auf dem Weg von der Arbeit an klein Marys Haus vorbeikommt, zueckt sie ihr Handy und redet mit angeberischem Gebaren. Aber jetzt! Ha! Zueckt kleine Mary natuerlich jedesmal ihren Spiegel und telefoniert wie wild. Und dafuer musste sie noch nicht mal mit ihrer Chefin schlafen.
Seit letzter Woche beliefert die Breadwinner Baeckerei ausser Daily Needs Supermarket auch die Total Tankstelle und Ende dieses Monats wollen wir endlich eine Entscheidung ueber den neuen Ofen treffen. Neu im Programm sind Olivenbrot und Koernerbrot mit Pancakeseeds (da hat Mary sich wohl verhoert, Pfannkuchensamen statt Kuerbiskernen = pumpkinseeds).
Vor ein paar Tagen stand ich mit Mary in der Kueche und da lag ein Handy rum, das ich nicht kannte. “Mary, von wem ist denn das Handy da?” “Meins (breites Grinsen)” “Wow, you’re becoming a big woman!” (Wow, Du wirst eine grosse = reiche Frau). Da lacht sie und lacht, klappt das Plastikding auf: “Guck mal, ein Spiegel (wo beim echten Handy das Display ist) und ein Taschenrechner”. Dann erzaehlt sie mir, dass die Leute in ihrem Haus noch nie ein Handy benutzt haben und ihre Mutter fragt: “Sind das die Dinger, mit denen man reden kann?” Und Mary sagt: “Ja, hier, nimm und rede!”
Auf einem Begraebnis hat ein Dieb versucht, es ihr im Gedraenge aus der Hosentasche zu ziehen: “But I turned around and insulted him very well!” (Aber ich hab mich umgedreht und ihn sehr gut beschimpft”). In der Geschichte ueber den luesternen Chinesen (s. Januar), koennt ihr nachlesen, warum die Chinesenmary die beste Feindin meiner kleinen Mary ist. Der Chinese hat seiner Mary ein echtes Handy gekauft und immer wenn sie auf dem Weg von der Arbeit an klein Marys Haus vorbeikommt, zueckt sie ihr Handy und redet mit angeberischem Gebaren. Aber jetzt! Ha! Zueckt kleine Mary natuerlich jedesmal ihren Spiegel und telefoniert wie wild. Und dafuer musste sie noch nicht mal mit ihrer Chefin schlafen.
Dienstag, März 28, 2006
Heisses Essen
Gestern Nacht traeumte mir mein Geburtstag. Ich hatte alle in meine grosse verwinkelte Altbauwohnung eingeladen und war den ganzen Traum ueber damit beschaeftigt, bomfortionoeses Essen zu servieren. Als ich dann so gegen zwei Uhr nachts aufwachte, weil mir die stickige Hitze auf die Brust drueckte, wie ein dickes Daunenkissen, hatte ich in meinem trockenen Mund noch den intensiven Geschmack frischer Himbeeren mit Schlagsahne. Oh Himbeeren. Ach Schlagsahne.
Am Wochenende hab ich einen Blumenkuchen gebacken, aromatisiert mit Hibiskusblueten. Da dachte ich mir, ein Hibiskusgelee als Fuellung waere doch super. Also Gelantine, Gelantine und nochmal Gelantine in die Fluessigkeit geruehrt, schliesslich alles in den Kuehlschrank zum Festwerden. Dann hab ich das Gelee auf den Kuchen gestrichen, eine Minute gewartet und schon war alles wieder fluessig wie Wasser. Daraus lernen wir: bei 45 Grad hilft Gelantine auch nicht mehr.
Erfolgreicher war mein Kaesekuchenbetrug. Meine kanadische Mitbewohnerin wuenschte sich Kaesekuchen zum Geburtstag und ich sagte: Klaro, kein Problem, kriegen wir gebacken. Natuerlich gibt es dafuer hier keine Zutaten. Also: Ersatz.
Statt Speisestaerke: Mehl.
Statt Quark hab ich in Milch Zitronensaft geruehrt. Die Milch flockt dann aus und sieht aus wie Urin mit weissen Kluempchen. Von dem Urin hab ich ein bisschen was weggekippt und mich gesorgt, weil die Geschichte nicht fest wurde, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Schlagsahne, geschlagen? Ha! Kein Problem, haltet einen Mixer in einen halben Liter Dosenmilch, Ihr werdet beeindruckt sein von dem beigefarbenen Schaum (naja, vielleicht auch nicht).
Eigelb und Eiweiss getrennt. Also, zu Hause gibt es nen Trick, um rauszufinden, ob ein Ei frisch ist, oder nicht: In einen Topf mit Wasser legen: Wenn es am Boden liegt, ist es frisch, wenn es am Boden steht ist es noch essbar, wenn es oben schwimmt, ist es alt, wegwerfen. In Ghana geht das so: Wenn das Eigelb beim Aufschlagen ganz bleibt, ist das Ei frisch, wenn es sofort auseinanderlaeuft aber das Ei nicht fies riecht ist es noch essbar, wenn es fies riecht oder das Kueken schon Augen hat, ist es alt und kann nicht mehr gegessen werden. Nach fuenf Eiern der Kategorie “noch essbar” (aber trennen unmoeglich) bot Mary an, mit einem Wassertopf zum Nachbarladen zu gehn, um auszuprobieren, ob es da auch Europaeisch frische Eier gibt. Die Madam schimpfte Mary aus: Wenn das jeder taete, wem wuerde ich dann meine faulen Eier verkaufen?! Das Ergebnis: Wenn man die Eier ganz vorsichtig aufschlug, konnte man ein wenig Weiss abfangen, bevor sich der Schlabber vermischte.
Nun, trotz Ersatz wurde der Kuchen dennoch koestlich, die alten anglikanischen Nonnen waren begeistert und wenn mein Internet heute gnaedig ist, schick ich Euch auch ein Foto. Ansonsten muesst Ihr Euch den Kuchen ertraeumen.
Am Wochenende hab ich einen Blumenkuchen gebacken, aromatisiert mit Hibiskusblueten. Da dachte ich mir, ein Hibiskusgelee als Fuellung waere doch super. Also Gelantine, Gelantine und nochmal Gelantine in die Fluessigkeit geruehrt, schliesslich alles in den Kuehlschrank zum Festwerden. Dann hab ich das Gelee auf den Kuchen gestrichen, eine Minute gewartet und schon war alles wieder fluessig wie Wasser. Daraus lernen wir: bei 45 Grad hilft Gelantine auch nicht mehr.
Erfolgreicher war mein Kaesekuchenbetrug. Meine kanadische Mitbewohnerin wuenschte sich Kaesekuchen zum Geburtstag und ich sagte: Klaro, kein Problem, kriegen wir gebacken. Natuerlich gibt es dafuer hier keine Zutaten. Also: Ersatz.
Statt Speisestaerke: Mehl.
Statt Quark hab ich in Milch Zitronensaft geruehrt. Die Milch flockt dann aus und sieht aus wie Urin mit weissen Kluempchen. Von dem Urin hab ich ein bisschen was weggekippt und mich gesorgt, weil die Geschichte nicht fest wurde, wie ich mir das vorgestellt hatte.
Schlagsahne, geschlagen? Ha! Kein Problem, haltet einen Mixer in einen halben Liter Dosenmilch, Ihr werdet beeindruckt sein von dem beigefarbenen Schaum (naja, vielleicht auch nicht).
Eigelb und Eiweiss getrennt. Also, zu Hause gibt es nen Trick, um rauszufinden, ob ein Ei frisch ist, oder nicht: In einen Topf mit Wasser legen: Wenn es am Boden liegt, ist es frisch, wenn es am Boden steht ist es noch essbar, wenn es oben schwimmt, ist es alt, wegwerfen. In Ghana geht das so: Wenn das Eigelb beim Aufschlagen ganz bleibt, ist das Ei frisch, wenn es sofort auseinanderlaeuft aber das Ei nicht fies riecht ist es noch essbar, wenn es fies riecht oder das Kueken schon Augen hat, ist es alt und kann nicht mehr gegessen werden. Nach fuenf Eiern der Kategorie “noch essbar” (aber trennen unmoeglich) bot Mary an, mit einem Wassertopf zum Nachbarladen zu gehn, um auszuprobieren, ob es da auch Europaeisch frische Eier gibt. Die Madam schimpfte Mary aus: Wenn das jeder taete, wem wuerde ich dann meine faulen Eier verkaufen?! Das Ergebnis: Wenn man die Eier ganz vorsichtig aufschlug, konnte man ein wenig Weiss abfangen, bevor sich der Schlabber vermischte.
Nun, trotz Ersatz wurde der Kuchen dennoch koestlich, die alten anglikanischen Nonnen waren begeistert und wenn mein Internet heute gnaedig ist, schick ich Euch auch ein Foto. Ansonsten muesst Ihr Euch den Kuchen ertraeumen.
Freitag, März 24, 2006
Komische Weisse
Zeinabu arbeitet fuer eine Organisation in Bolga, die Brunnen graebt, ihr Vater ist der Chief (traditionelle Autoritaet) von Bolga und sie selbst ist mit einem hoeheren Tier in der Regionalregierung verheiratet. Ich fahre in ihr Buero, das etwas ausserhalb liegt, wenn ich die Schnauze voll hab. In Bochum haette ich Patricia gefragt: Wie waer’s mit ner Runde im Botanischen Garten? Zeinabu ist eine richtige Schnabbelschnuess und an allem interessiert. Durch ihre vielen Reisen und Kontakte zu Weissen hat sie eine ausgepraegte Halbbildung in Sachen Europa - ist im Detail aber dann doch immer wieder erstaunt. Wir sprachen ueber meine Eltern, die Zeinabu beim letzten Besuch kennengelernt hat. Sie fragte, wie die leben und war ganz erstaunt: “Wie, ganz alleine. Wer kocht und putzt denn fuer die?”
Ich hab gestern aber auch wieder viel gelernt. Und zwar darueber, wie die gehobene Gesellschaft das Leben der Weissen in Bolga beobachtet und beurteilt. Zeinabu fragt: Was denkt Ihr in Europa ueber Altersunterschiede in Beziehungen? Dann erzaehlt sie von einer weissen Frau in den Sechzigern und ihrem dreissigjaehrigen Freund. Sie ist entsetzt. Nicht so sehr ueber die Beziehung, sondern darueber, dass diese Frau so schamlos ist, das nicht geheim zu halten, sondern darauf zu bestehen, den jungen Mann zu heiraten.
Und die Rastamaenner: Warum fahren weisse Frauen so auf Rastamaenner mit ihren schlechten Gewohnheiten (kiffen) ab. Eine Kanadierin ist mit einem Rastamann verheiratet, und sie haben ein Kind zusammen: “Das war doch so ein ordentliches Maedchen, ich hatte so viel Respekt fuer sie. Aber jetzt, mit diesem Mann, da will ich nichts mehr mit zu tun haben.” Nun versuche dieser Frau zu erklaeren, dass Kiffen in Europa noch nicht einmal mehr richtig illegal ist…
Fast jedes Mal, wenn ich sie treffe, macht Zeinabu mir Komplimente fuer meine Kleidung. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als ich in ihr Buero kam und sie mich von oben bis unten ansah und ihr nichts Positives einfiel. Ich trug ein weisses weites Hemd und eine olivgruene schlichte Leinenhose. Die Farbe der Hose und ihre Schlichtheit, das ging gar nicht, das sah ja aus, wie bei armen Leuten. Wie auch immer, gestern war sie begeistert, denn ich hatte mich aufgeputzt und sie sagte: Eva, Du bist eine Ausnahme. Die meisten Weissen, die nach Afrika kommen, ziehen sich so scheusslich an, dass ich das beleidigend finde. Denken die: Wir gehen ja nach Afrika zu den Armen, da macht das nix, wie wir aussehn? Sie tragen haessliche Sachen und sagen: Aber das Material ist total angenehm in der Hitze. Wenn jemand auf dem Dorf wohnt, mag das ja noch angehen, dass er sagt, er will nicht weiter auffallen und zieht sich deshalb aermlich an. Aber wieso kommen Weisse in schmutzigen alten T-Shirts in mein Buero?
Ich hab gestern aber auch wieder viel gelernt. Und zwar darueber, wie die gehobene Gesellschaft das Leben der Weissen in Bolga beobachtet und beurteilt. Zeinabu fragt: Was denkt Ihr in Europa ueber Altersunterschiede in Beziehungen? Dann erzaehlt sie von einer weissen Frau in den Sechzigern und ihrem dreissigjaehrigen Freund. Sie ist entsetzt. Nicht so sehr ueber die Beziehung, sondern darueber, dass diese Frau so schamlos ist, das nicht geheim zu halten, sondern darauf zu bestehen, den jungen Mann zu heiraten.
Und die Rastamaenner: Warum fahren weisse Frauen so auf Rastamaenner mit ihren schlechten Gewohnheiten (kiffen) ab. Eine Kanadierin ist mit einem Rastamann verheiratet, und sie haben ein Kind zusammen: “Das war doch so ein ordentliches Maedchen, ich hatte so viel Respekt fuer sie. Aber jetzt, mit diesem Mann, da will ich nichts mehr mit zu tun haben.” Nun versuche dieser Frau zu erklaeren, dass Kiffen in Europa noch nicht einmal mehr richtig illegal ist…
Fast jedes Mal, wenn ich sie treffe, macht Zeinabu mir Komplimente fuer meine Kleidung. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als ich in ihr Buero kam und sie mich von oben bis unten ansah und ihr nichts Positives einfiel. Ich trug ein weisses weites Hemd und eine olivgruene schlichte Leinenhose. Die Farbe der Hose und ihre Schlichtheit, das ging gar nicht, das sah ja aus, wie bei armen Leuten. Wie auch immer, gestern war sie begeistert, denn ich hatte mich aufgeputzt und sie sagte: Eva, Du bist eine Ausnahme. Die meisten Weissen, die nach Afrika kommen, ziehen sich so scheusslich an, dass ich das beleidigend finde. Denken die: Wir gehen ja nach Afrika zu den Armen, da macht das nix, wie wir aussehn? Sie tragen haessliche Sachen und sagen: Aber das Material ist total angenehm in der Hitze. Wenn jemand auf dem Dorf wohnt, mag das ja noch angehen, dass er sagt, er will nicht weiter auffallen und zieht sich deshalb aermlich an. Aber wieso kommen Weisse in schmutzigen alten T-Shirts in mein Buero?
Diebe in Sandema
Ich hab versucht meine englischen Freunde aus Sandema zu troesten: Wisst Ihr, Debbie ist mit ihren Ueberfaellen ein richtiger Internet-Star geworden und meine Leser warten ungeduldig auf Neuigkeiten. Das hat sie nicht wirklich ueberzeugt, manche Leute sind halt nicht bereit, fuer den Ruhm alles zu geben. Der Raeuber fragt aber gar nicht, ob Du bereit bist, alles zu geben, er nimmts ohnehin.
Nach der St Patrics Day Party in Sandema schliefen in dem Haus mindestens acht Leute und trotzdem kamen die Diebe ins Wohnzimmer, schlichen um die Schlafenden und sammelten Taschen und Handies ein. Morgens frueh kam eine Nachbarin und fragte uns: “Wo sind denn die Hausherrinnen? Meine Kinder haben auf dem Weg zum Markt ihre Motorraeder gesehen und sich gewundert, warum die Maedchen die da im Busch versteckt haben. Da wollte ich doch mal nachfragen”.
Natuerlich wuerde kein vernuenftiger Mensch sein eigenes Motorrad hinter dem oeffentlichen Toilettenbusch verstecken. Waehrend wir die Raeder wieder einsammelten, haben die anderen sich im Haus umgesehn und zusammengezaehlt, was fehlte. Die Diebe waren richtig liebe Kerle, hinter dem Haus haben sie alles, was sie nicht brauchen konnten, in der Landschaft verstreut: Bankkarten, Taschen, Schluessel, Buecher – alles, ausser Handies und Geld.
Weil ich die einzige mit Auto war, konnte ich meine Neugier als Hilfsbereitschaft tarnen: Soll ich Euch zur Polizeistation fahren? Ein Polizist in langem weissem Nachthemd (= Polizeiuniform), der andere in Jeans und T-Shirt, nahmen den Fall auf. Die Polizeistation besteht aus einem kleinen Raum mit Tresen, hinter dem der Polizist steht und die Anfragen und Anzeigen entgegennimmt. Hinter dem Tresen fuehrt eine Eisengittertuer in einen dunklen Raum, aus dem intensiver Menschengestank weht. Waehrend wir den Diebstahl anzeigen, bringt ein Polizeikollege einen Mann mit Handschellen an, schliesst die Zellentuer und die Handschellen auf und schiebt den Mann in die Zelle. Da steht er dann, klammert sich mit beiden Haenden an das Gitter und beobachtet die weissen Frauen.
Alle Ghanaer, denen ich die Geschichte erzaehle, sind ueberzeugt, dass die Diebe uns Schlafpulver in die Augen gepustet haben. Sonst haetten sie sich niemals getraut, zum Klauen um uns herum zu schleichen.
Nach der St Patrics Day Party in Sandema schliefen in dem Haus mindestens acht Leute und trotzdem kamen die Diebe ins Wohnzimmer, schlichen um die Schlafenden und sammelten Taschen und Handies ein. Morgens frueh kam eine Nachbarin und fragte uns: “Wo sind denn die Hausherrinnen? Meine Kinder haben auf dem Weg zum Markt ihre Motorraeder gesehen und sich gewundert, warum die Maedchen die da im Busch versteckt haben. Da wollte ich doch mal nachfragen”.
Natuerlich wuerde kein vernuenftiger Mensch sein eigenes Motorrad hinter dem oeffentlichen Toilettenbusch verstecken. Waehrend wir die Raeder wieder einsammelten, haben die anderen sich im Haus umgesehn und zusammengezaehlt, was fehlte. Die Diebe waren richtig liebe Kerle, hinter dem Haus haben sie alles, was sie nicht brauchen konnten, in der Landschaft verstreut: Bankkarten, Taschen, Schluessel, Buecher – alles, ausser Handies und Geld.
Weil ich die einzige mit Auto war, konnte ich meine Neugier als Hilfsbereitschaft tarnen: Soll ich Euch zur Polizeistation fahren? Ein Polizist in langem weissem Nachthemd (= Polizeiuniform), der andere in Jeans und T-Shirt, nahmen den Fall auf. Die Polizeistation besteht aus einem kleinen Raum mit Tresen, hinter dem der Polizist steht und die Anfragen und Anzeigen entgegennimmt. Hinter dem Tresen fuehrt eine Eisengittertuer in einen dunklen Raum, aus dem intensiver Menschengestank weht. Waehrend wir den Diebstahl anzeigen, bringt ein Polizeikollege einen Mann mit Handschellen an, schliesst die Zellentuer und die Handschellen auf und schiebt den Mann in die Zelle. Da steht er dann, klammert sich mit beiden Haenden an das Gitter und beobachtet die weissen Frauen.
Alle Ghanaer, denen ich die Geschichte erzaehle, sind ueberzeugt, dass die Diebe uns Schlafpulver in die Augen gepustet haben. Sonst haetten sie sich niemals getraut, zum Klauen um uns herum zu schleichen.
Dienstag, März 21, 2006
Kleine Schwester
Hier gibt es andere Gesten als zu Hause. Faellt Euch eine Geste fuer kleine Schwester / kleiner Bruder ein? Wahrscheinlich nicht, weil wir ja, selbst wenn wir Geschwister haben, nicht viel mit ihnen tun muessen. Hier ist das eindeutig, wenn eine erwachsene Frau von frueher redet und von ihren Geschwistern, macht sie eine unbewusste Bewegung mit beiden Armen, als wuerde sie jemanden Huckepack nehmen. Da es hier viele sehr junge Muetter gibt, ist der Uebergang fliessend. Sobald Maedchen alt genug sind, um allein gehen zu koennen, laufen sie mit umgebundenen Babies rum – Geschwistern oder eigenen Kindern.
Hilfe!
Das war so ein toller Plan und jetzt merke ich, dass das so einfach gar nicht geht. Ich wollte mir echt was goennen – weiss aber leider gar nicht was…
Der Plan: Ich sage meinen Eltern alle Buecher, die ich mir wuensche, ueberweise ihnen das Geld schoen durchs internet, die gehen ferngesteuert in die Duerener Innenstadt, kaufen den ganzen Schmutz, packen ihn dem naechsten Afrikareisenden in die Tasche und ich lache.
Schoen gedacht eigentlich. Aber woher soll ich denn wissen, was da fuer Buecher sind, die ich haben wollen koennte? Bitteschoen, welche Romane haben Euch in der letzten Zeit so beeindruckt, dass sich die Schlepperei ins hinterste Afrika lohnt? Dankeschoen. Ich verspreche auch, dass ich sie ganz selbst alphabethisch ordne und Mary damit in Ruhe lasse...
Der Plan: Ich sage meinen Eltern alle Buecher, die ich mir wuensche, ueberweise ihnen das Geld schoen durchs internet, die gehen ferngesteuert in die Duerener Innenstadt, kaufen den ganzen Schmutz, packen ihn dem naechsten Afrikareisenden in die Tasche und ich lache.
Schoen gedacht eigentlich. Aber woher soll ich denn wissen, was da fuer Buecher sind, die ich haben wollen koennte? Bitteschoen, welche Romane haben Euch in der letzten Zeit so beeindruckt, dass sich die Schlepperei ins hinterste Afrika lohnt? Dankeschoen. Ich verspreche auch, dass ich sie ganz selbst alphabethisch ordne und Mary damit in Ruhe lasse...
Sonntag, März 19, 2006
Bin ich zwangsgestoert und / oder grundlos grausam?
Das Ganze fing damit an, das meine Eltern zu Besuch waren (ist das nicht seltsam, wie Zwangsstoerungen irgendwie immer mit den Eltern anfangen). Da ich so eine gute Tochter bin (viele Zwangsgestoerte versuchen ja, ihren Eltern besonders gute Kinder zu sein, nicht wahr), hab ich ihnen mein Bett ins Wohnzimmer geschoben, denn das ist mein einziger Raum mit Klimaanlage. Als meine Eltern wieder weg waren, merkte ich, wie gern ich eigentlich im Wohnzimmer liege – das konnte ich bislang noch nicht bemerken, aufgrund gaenzlicher Abwesenheit entsprechender Moebel.
Also. Hab ich mir gedacht. Und nochmal: Also! Jetzt oder nie. Und bin Samstag in die Stadt gefahren zum Kauf einer Couch-Garnitur. Das geht hier so: Ueber die Stadt verteilt gibt es Schreinerwerkstaetten, die jeweils aus einem mehr oder weniger verfallenen Schuppen mit etwas Werkzeug bestehen. Die Schreiner bauen ein paar Sofas und stellen die vor dem Schuppen in den Staub, so dass man sie von der Strasse sehn kann. Der Stil ist durchgehend robust und riesig, florale Motive, bei Ikea haetten die alle den Namen “Ommaausgeich”.
Da die Sofas alle gleich unglaublich sind, fiel mir die Wahl leicht. Mary sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen, als sie mich mit zwei Schreinern und zwei Sofas (und dann nochmal mit zwei Sesseln) auf dem Auto aus der Stadt kommen sah – sie dachte, ich waere Zwiebeln und Tomaten kaufen. Aber wirklich verstaendnislos hat sie erst geguckt, als ich die knallgelben Schondeckchen, die mit roten und gruenen Blumen bestickt sind und im Preis inbegriffen waren, nicht haben wollte – obwohl die doch so fesch sind, auf einem braun-orange-schwarz-gruen gemusterten Sofa.
Ihr fragt Euch, wo nun die Zwangsstoerung Schraegstrich Grausamkeit ist. Das kommt jetzt und ich erzaehl die ganze Vorgeschichte nur, damit Ihr wisst, dass - wie immer - die Eltern schuld sind. Weil, haetten die nicht in meinem Wohnzimmer geschlafen…
Also: Weil diese Sofas so riesig sind, musste ich eines meiner Buecherregale aus dem Wohnzimmer ins Schlafzimmer umsiedeln. Und im Zuge dieser Aktion hab ich endlich meinem inneren Zwang nachgegeben: “Mary, ich moechte meine Buecher gerne geordnet haben. Deutsche ins Schlafzimmer, Englische ins Wohnzimmer und dann bring ich Dir bei, wie man Buecher nach Autoren alphabetisch ordnet.” Sie schaute mich so an, als haette ich gesagt: Bitte ordne die Erbsen nach Groesse, bevor Du sie kochst. Oder: Steh auf einem Bein waehrend Du kehrst. Meine weissen Freunde in Bolga (und der Welt) sind entgeistert, halten mich fuer zwangsgestoert, weil mir das gefaellt und fuer grausam, dass ich Mary da mit reinziehe. Aber bitteschoen, wenn Mary mir sagt, sie wuerde so gerne weiter in die Schule gehn, kann das doch nicht stoeren, wenn sie das Alphabet etwas besser kennenlernt, oder? Es war fuer sie eine schwierige Aufgabe und ich bin davon ueberzeugt, dass es beim Lernen hilft, Sachen zu machen, die schwierig sind. Aber das hab ich bestimmt auch von meinen Eltern. Das Einzige, woran sie nicht schuld sind, ist mein Sofageschmack. Den hab ich von meiner Omma, aber fiese Eigenschaften ueberspringen ja manchmal eine Generation. Zu besichtigen in meinem Wohnzimmer.
Also. Hab ich mir gedacht. Und nochmal: Also! Jetzt oder nie. Und bin Samstag in die Stadt gefahren zum Kauf einer Couch-Garnitur. Das geht hier so: Ueber die Stadt verteilt gibt es Schreinerwerkstaetten, die jeweils aus einem mehr oder weniger verfallenen Schuppen mit etwas Werkzeug bestehen. Die Schreiner bauen ein paar Sofas und stellen die vor dem Schuppen in den Staub, so dass man sie von der Strasse sehn kann. Der Stil ist durchgehend robust und riesig, florale Motive, bei Ikea haetten die alle den Namen “Ommaausgeich”.
Da die Sofas alle gleich unglaublich sind, fiel mir die Wahl leicht. Mary sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen, als sie mich mit zwei Schreinern und zwei Sofas (und dann nochmal mit zwei Sesseln) auf dem Auto aus der Stadt kommen sah – sie dachte, ich waere Zwiebeln und Tomaten kaufen. Aber wirklich verstaendnislos hat sie erst geguckt, als ich die knallgelben Schondeckchen, die mit roten und gruenen Blumen bestickt sind und im Preis inbegriffen waren, nicht haben wollte – obwohl die doch so fesch sind, auf einem braun-orange-schwarz-gruen gemusterten Sofa.
Ihr fragt Euch, wo nun die Zwangsstoerung Schraegstrich Grausamkeit ist. Das kommt jetzt und ich erzaehl die ganze Vorgeschichte nur, damit Ihr wisst, dass - wie immer - die Eltern schuld sind. Weil, haetten die nicht in meinem Wohnzimmer geschlafen…
Also: Weil diese Sofas so riesig sind, musste ich eines meiner Buecherregale aus dem Wohnzimmer ins Schlafzimmer umsiedeln. Und im Zuge dieser Aktion hab ich endlich meinem inneren Zwang nachgegeben: “Mary, ich moechte meine Buecher gerne geordnet haben. Deutsche ins Schlafzimmer, Englische ins Wohnzimmer und dann bring ich Dir bei, wie man Buecher nach Autoren alphabetisch ordnet.” Sie schaute mich so an, als haette ich gesagt: Bitte ordne die Erbsen nach Groesse, bevor Du sie kochst. Oder: Steh auf einem Bein waehrend Du kehrst. Meine weissen Freunde in Bolga (und der Welt) sind entgeistert, halten mich fuer zwangsgestoert, weil mir das gefaellt und fuer grausam, dass ich Mary da mit reinziehe. Aber bitteschoen, wenn Mary mir sagt, sie wuerde so gerne weiter in die Schule gehn, kann das doch nicht stoeren, wenn sie das Alphabet etwas besser kennenlernt, oder? Es war fuer sie eine schwierige Aufgabe und ich bin davon ueberzeugt, dass es beim Lernen hilft, Sachen zu machen, die schwierig sind. Aber das hab ich bestimmt auch von meinen Eltern. Das Einzige, woran sie nicht schuld sind, ist mein Sofageschmack. Den hab ich von meiner Omma, aber fiese Eigenschaften ueberspringen ja manchmal eine Generation. Zu besichtigen in meinem Wohnzimmer.
Chicken Wrap - Eingewickeltes Maedchen
Eine amerikanische Bekannte, die sich in Tongo niedergelassen hat, rief gestern bei Debbie an: Morgen gibt es hier ein cultural festival, wollt Ihr kommen? Klar, machen wir, obwohl uns die Kleiderordnung etwas verwirrt: Sandalen, hat sie gesagt und ein grosses Tuch, zum Einwickeln. Ich stelle mir ein Dorffest in Geich vor, bei dem der Pastor sagt: Alle Frauen muessen nur in ein Handtuch gewickelt erscheinen. Naja, in Tongo gibt es auch einen heiligen Schrein, den Frauen nur oben ohne besichtigen koennten. Ein weiterer Unterschied zu Geich und seiner Kirche…
(Was mich weiterhin beunruhigt: Wir haben im Moment hier Temperaturen, die sich irgendwo um 40 Grad im Schatten bewegen. Leider gibt es auf dem Festplatz in Tongo keinen Schatten.)
(Was mich weiterhin beunruhigt: Wir haben im Moment hier Temperaturen, die sich irgendwo um 40 Grad im Schatten bewegen. Leider gibt es auf dem Festplatz in Tongo keinen Schatten.)
Donnerstag, März 16, 2006
Dosen
Mary spuehlt meine leeren Konservendosen: “Der Rand ist so schoen glatt, wenn Du die mit dem Dosenoeffner oeffnest., die bring ich den Kindern mit.” Ich denke natuerlich: Zum Spielen. Meine kanadische Mitbewohnerin kommt nach Hause und sagt: “Heute hab ich bei der Arbeit ein kleines Kind gesehn, dass aus einer schartigen rostigen Dose Wasser trank. Die hab ich ihm natuerlich gleich abgenommen, ist ja lebensgefaehrlich. Da hat mich das Maedchen ganz entgeistert angeguckt: Das war doch ihre ganz eigene Tasse. Schon seit einem Jahr.”
In Burkina laufen in jeder Kleinstadt kleine Jungs rum, die leere Zweikilodosen Tomatenmark an einem Schnuerchen umgehaengt haben. Wenn man in einem Lokal isst, lungern sie am Eingang rum und gucken in die Gegend. Wenn die Kellnerin die Teller abraeumt, kippt sie die Essensreste in die Dosen und die Jungs laufen mit breitem Grinsen um die naechste Ecke und stopfen sich das Essen in den Mund. Das sind Kinder aus sehr armen Familien. Oder Kinder aus sehr glaeubigen Familien. Ihre muslimischen Eltern wollen die Jungen durch Betteln zu Gottesfurcht und Demut erziehen.
In Burkina laufen in jeder Kleinstadt kleine Jungs rum, die leere Zweikilodosen Tomatenmark an einem Schnuerchen umgehaengt haben. Wenn man in einem Lokal isst, lungern sie am Eingang rum und gucken in die Gegend. Wenn die Kellnerin die Teller abraeumt, kippt sie die Essensreste in die Dosen und die Jungs laufen mit breitem Grinsen um die naechste Ecke und stopfen sich das Essen in den Mund. Das sind Kinder aus sehr armen Familien. Oder Kinder aus sehr glaeubigen Familien. Ihre muslimischen Eltern wollen die Jungen durch Betteln zu Gottesfurcht und Demut erziehen.
Mittwoch, März 08, 2006
Aasfrass
Mein Vater war der kulinarische furchtlose Ritter unserer Reisegruppe. Zumindest meistens. Ich bin von Anfang an Vegetarierin. Meine Mutter warf einen Blick auf die Marktstaende, an denen Fliegen, Geier und Menschen sich das Fleisch teilen und ihr war klar, dass sie den armen Fliegen und Geiern ihre Malzeiten nicht streitig machen wollte.
Mein Vater dagegen gab sich das ganze Programm: An einem Abend bekam er einen ganzen Satz fleischloser Huehnerknochen, am naechsten ein paar Spiesse die so scharf waren, dass er sich ueber die Qualitaet des Fleisches keine Gedanken machen konnte.
Am vorletzten Mittag hielten wir an einem Ort, wo Mutter und mir gleich die Vorfreude auf unser altes Brot und frische Paprika aufstieg. Der Vater hingegen wollte es wagen, also liessen wir uns erklaeren, was Madam gekocht hatte: Dies und das und ausserdem ein Fleisch, dessen Namen wir nicht kannten. Wir baten sie, zu beschreiben und sie sagte: “Kommt doch mit in die Kueche, zeig ich Euch.”
In dem dunklen Schuppen standen mehrere grosse Missionarstoepfe auf dem Feuer, in denen schleimige Bruehen blubberten. Aber unser Fleisch war auf einem Blech: Schwarzrote zusammengerollte knubbelige Dinger, die wir nicht erkennen. “Kutteln?” sagt mein Vater vorsichtig, weil Kutteln das Eigenartigste ist, was er sich vorstellen kann. Die Koechin sieht, dass wir nicht verstehen und zeigt auf den Grill vor der Kuechentuer. Da liegen sie, plattgehauen, alle Viere von sich streckend, den Kopf zur Seite gedreht, ein ganzer Stapel - zum Raeuchern, Trocknen oder was weiss ich. Ich kann mir vorstellen, dass es irgendwelche freundliche Namen fuer sie gibt, und wahrscheinlich ist das eine ganz andere Spezies Ratte als die, die in Deutschland ueblich sind.
Wie auch immer, nachdem unsere Neugier befriedigt war, sagte mein Vater freundlich: “Och, eigentlich wuerde ich am liebsten einen Kaffee trinken.”
Mein Vater dagegen gab sich das ganze Programm: An einem Abend bekam er einen ganzen Satz fleischloser Huehnerknochen, am naechsten ein paar Spiesse die so scharf waren, dass er sich ueber die Qualitaet des Fleisches keine Gedanken machen konnte.
Am vorletzten Mittag hielten wir an einem Ort, wo Mutter und mir gleich die Vorfreude auf unser altes Brot und frische Paprika aufstieg. Der Vater hingegen wollte es wagen, also liessen wir uns erklaeren, was Madam gekocht hatte: Dies und das und ausserdem ein Fleisch, dessen Namen wir nicht kannten. Wir baten sie, zu beschreiben und sie sagte: “Kommt doch mit in die Kueche, zeig ich Euch.”
In dem dunklen Schuppen standen mehrere grosse Missionarstoepfe auf dem Feuer, in denen schleimige Bruehen blubberten. Aber unser Fleisch war auf einem Blech: Schwarzrote zusammengerollte knubbelige Dinger, die wir nicht erkennen. “Kutteln?” sagt mein Vater vorsichtig, weil Kutteln das Eigenartigste ist, was er sich vorstellen kann. Die Koechin sieht, dass wir nicht verstehen und zeigt auf den Grill vor der Kuechentuer. Da liegen sie, plattgehauen, alle Viere von sich streckend, den Kopf zur Seite gedreht, ein ganzer Stapel - zum Raeuchern, Trocknen oder was weiss ich. Ich kann mir vorstellen, dass es irgendwelche freundliche Namen fuer sie gibt, und wahrscheinlich ist das eine ganz andere Spezies Ratte als die, die in Deutschland ueblich sind.
Wie auch immer, nachdem unsere Neugier befriedigt war, sagte mein Vater freundlich: “Och, eigentlich wuerde ich am liebsten einen Kaffee trinken.”
Lukrativ lungern
In Reisebeschreibungen Afrikas ist das eine typische Beobachtung: So viele Menschen sitzen unter einem Baum und lassen den Tag an sich vorbei schlendern. Und dann gibt es Spekulationen (der Reisebeschreiber) darueber, wie die so ruhig und gelassen sein koennen oder auch so faul und ob sie dabei das Denken abstellen oder ganz weise Gedanken ausbrueten.
Mein Assistent hat mir gestern erklaert, warum gewisse Maenner den ganzen Tag unter bestimmten Baeumen Bolgas sitzen: Weil sie Geld haben, das sie vermehren wollen. Wenn er selbst nichts anderes zu tun hat, setzt er sich dazu. Denn alle wissen: Wenn Du ein paar Sack Zement hast oder ein Motorad und brauchst Geld, dann kannst Du zu diesen Maennern gehn, die kaufen es Dir ab. Und natuerlich, wenn Du ein Motorrad mit Zement beladen brauchst, dito. Unter ihrem Baum erfahren sie alles: Wer sein Haus verkauft und wer ein neues baut, ob der Diesel an der Tankstelle bald zu Ende geht und es sich lohnt, die letzten Galonen aufzukaufen, welches Geschaeft geht und welches eingeht. Und dann schlagen sie zu. Und durch reines Sitzen hat sich das Geld in ihren Taschen am Abend vielleicht verdoppelt.
Mein Assistent hat mir gestern erklaert, warum gewisse Maenner den ganzen Tag unter bestimmten Baeumen Bolgas sitzen: Weil sie Geld haben, das sie vermehren wollen. Wenn er selbst nichts anderes zu tun hat, setzt er sich dazu. Denn alle wissen: Wenn Du ein paar Sack Zement hast oder ein Motorad und brauchst Geld, dann kannst Du zu diesen Maennern gehn, die kaufen es Dir ab. Und natuerlich, wenn Du ein Motorrad mit Zement beladen brauchst, dito. Unter ihrem Baum erfahren sie alles: Wer sein Haus verkauft und wer ein neues baut, ob der Diesel an der Tankstelle bald zu Ende geht und es sich lohnt, die letzten Galonen aufzukaufen, welches Geschaeft geht und welches eingeht. Und dann schlagen sie zu. Und durch reines Sitzen hat sich das Geld in ihren Taschen am Abend vielleicht verdoppelt.
Dienstag, März 07, 2006
Eva in Ghana
Der Dieb baut an!
Das ist alles, was ich Euch von Debbies Einbrecher berichten kann. Nachdem er 48 Stunden bei der Polizei gesessen und keinen Ton gestanden hat, mussten sie ihn wieder gehen lassen. Das ist natuerlich wunderschoen, dass sie das getan haben, denn es zeigt uns, wie gut der Rechtsstaat funktionniert. Kein Unschuldiger wird einfach so weggesperrt.
Wenn wir von Debbies Terasse zu seinem Lehmhaus ruebersehen und er fleissig an seinem Anbau arbeitet, dann sind wir natuerlich voller Verstaendnis: Irgendwo muss der den ganzen Kram ja unterbringen, den Debbie immer fuer ihn aus England mitbringt. Und wenn er beim naechsten Einbruch auch ihren Fernseher mitnimmt, wird ihm das neue Wohnzimmer noch zu Gute kommen. (Er hat zwar noch keinen Stromanschluss aber fernsehn kann man ja auch mit der Autobatterie...)
Das ist alles, was ich Euch von Debbies Einbrecher berichten kann. Nachdem er 48 Stunden bei der Polizei gesessen und keinen Ton gestanden hat, mussten sie ihn wieder gehen lassen. Das ist natuerlich wunderschoen, dass sie das getan haben, denn es zeigt uns, wie gut der Rechtsstaat funktionniert. Kein Unschuldiger wird einfach so weggesperrt.
Wenn wir von Debbies Terasse zu seinem Lehmhaus ruebersehen und er fleissig an seinem Anbau arbeitet, dann sind wir natuerlich voller Verstaendnis: Irgendwo muss der den ganzen Kram ja unterbringen, den Debbie immer fuer ihn aus England mitbringt. Und wenn er beim naechsten Einbruch auch ihren Fernseher mitnimmt, wird ihm das neue Wohnzimmer noch zu Gute kommen. (Er hat zwar noch keinen Stromanschluss aber fernsehn kann man ja auch mit der Autobatterie...)
Freitag, März 03, 2006
Wasser mit dem Sieb holen
Das ist ein endloses Thema, mit dem mein Assistent und ich uns lange Autofahrten versuessen: Die krummen Wege, die das Geld fuer die Armen geht, eh es die Taschen der Reichen polstert. Seine neuste Geschichte stammt aus der Upper West Region. Da sollte ein Bauunternehmer im Regierungsauftrag Wasserloecher bohren. Leider blieb etwa die Haelfte der Loecher trocken. Das bedeutet eigentlich: Wiederkommen, nochmal bohren, bis man Wasser findet. Weil das normal ist, wird beim Preis fuer ein Wasserloch grosszuegig kalkuliert. Unser Bauunternehmer hat sein Problem kreativ geloest. Er besorgte sich einen Wassertank, der die leeren Loecher fuellte, bei der Abnahme der Bauwerke floss ueberall wunderbar klares Wasser… fuer eine Woche oder zwei.
Alle wissen das. Man lacht ueber das Schlitzohr. Fuer die Dorfgemeinschaft hat sich nichts geaendert. Bis darauf, dass sie 2 Mio Cedis losgeworden sind, ihren Anteil am Wasserloch.
Alle wissen das. Man lacht ueber das Schlitzohr. Fuer die Dorfgemeinschaft hat sich nichts geaendert. Bis darauf, dass sie 2 Mio Cedis losgeworden sind, ihren Anteil am Wasserloch.
Mittwoch, März 01, 2006
Ihre Heiligkeit
… sieht ganz anders aus als unsere. Und fuehlt sich doch tief innen aehnlich an.
In der Naehe Bobos gibt es einen Ort mit heiligen Fischen. Auf dem Weg dahin muessen wir nach dem Weg fragen und die Jungs am Kickertisch rufen einen Mann, der uns hin fuehren kann. Er steigt auf unsere Ladeflaeche und dirigiert mich mit Aufs-Dach-Klopfen und Handzeichen ueber Stock und Stein bis an die Stelle, wo Autos nicht mehr weiter koennen.
Auf dem Fussweg ueber das zerklueftete Hochplateau lassen wir den Vater unter einem Stein im Schatten liegen – die Sonne ist ihm zu arg. Rotbraune Felsennadeln bilden geschuetzte Ecken in denen die Baeume noch gruen sind und die den Vogelgesang reflektieren. Mit den Felsen im Ruecken, koennen wir kilometerweit in die gelbe Ebene sehn. Grade noch waren wir in der Weite, dann biegen wir in eine schattige Schlucht, Pflanzen ranken den steilen Weg zu und alles riecht nach Wasser.
Vom Grund der Schlucht hoeren wir das Gemurmel vieler Menschen. Unser Fuehrer spricht mit einem fein gemachten jungen Paar aus Bobo und nach einigen Rueckfragen (Ist das auch wirklich ok fuer uns?) einigen sie sich, dass er die in der Handtasche mitgebrachten lebenden Huehner fuer sie opfern wird. Aber bevor wir den heiligen Ort betreten, muessen wir alles ausziehn, was rot oder golden ist, die Fische moegen diese Farben nicht. Unser Priester tauscht sein zerloechertes T-Shirt mit der roten Bierwerbung gegen ein karriertes Hemd.
Nun sind wir da. Die hohen Felswaende bilden eine Halle, hinten ist ein kleiner Wasserfall, davor mehrere dunkelgruene Wasserbecken mit den heiligen Fischen und davor… Federn. Knoecheltief und blutverschmiert, die Felsterassen, die zu den Teichen fuehren, sind weiss gepolstert mit Huehnerfedern. Hier und da hat ein heiliger Mann mit verfilzten Haaren sich ein Eckchen freigekratzt um ein Feuer zu machen, auf dem die Opferhuehner nach getaner Arbeit gegrillt werden.
Die Ehrfurcht gebietet, sich dem Opferstein neben dem Wasserfall barfuss zu naehern. Also schlucken wir – und schlucken nochmal - und fuegen uns darein, ehrfuerchtig und barfuss zu sein.
Der hinterste Fels ist der Opferfels. Da stehen drei Maenner und schweigen und murmeln und gehen dann, um fuer unser Huehnerpaar Platz zu machen. Der Priester erklaert uns: Hierhin kannst Du mit all Deinen Sorgen und Wuenschen kommen. Wenn Du Dir etwas wuenschst, dann versprichst Du tief in Deinem Herzen, dass Du wiederkommen und opfern wirst, wenn der Wunsch Dir erfuellt wird.
Dann beginnt der heilige Akt: Er schmiert Fett an die Felswand, teilt das Trankopfer (Hirsebier) zwischen dem Felsen und der eigenen Kehle auf, schneidet dem Huhn den Hals auf, um Blut auf den Stein zu tropfen, reisst ihm Federn aus, um die Engel zu rufen und schliesslich stellt er ihm eine Frage. Er laesst das sterbende Huhn aus der Hoehe auf den Boden fallen und es beantwortet seine Frage: Landet es auf Bauch oder Ruecken, ist die Antwort positiv. Wenn es sich nach rechts oder links legt, nicht. Dem toten Huhn werden die Eingeweide rausgerissen und an die heiligen Fische verfuettert – riesige Welse mit haarigen Maeulern, die aus der dunklen Tiefe kommen und den Rachen aufreissen, sobald sich die Wasseroberflaeche regt.
Nachdem die Zeremonie vorbei ist, fragen wir unsere Huehneropferer, warum sie hier sind. Der Mann begleitet seine Cousine um rauszufinden, ob der zukuenftige Eheman der Dame ein Hallodri ist, oder nicht. Die Huehner sind mit ihm einverstanden, waehrend die Fische recht zoegerlich waren.
Nachdem der heilige Moment vorueber ist, wird der Priester wieder Fuehrer und fuehrt uns an einen Teich, der weiter unten liegt, wo er unser Brot den Fischen opfert und uns erlaubt, Fotos zu machen.
Langsam werden wir nervoes, da der Vater ja immer noch mitten in der Steinwueste in einer kleinen Schattenecke liegt. Als ich das sage, lachen alle: Ihm kann nichts Boeses passieren, denn die Fische moegen uns, sie haben unser Opfer gierig verschlungen. Ausserdem haben die zuletzt angekommenen Glaeubigen einen weissen Mann gesehn, der ganz lebendig Richtung Auto unterwegs war.
In der Naehe Bobos gibt es einen Ort mit heiligen Fischen. Auf dem Weg dahin muessen wir nach dem Weg fragen und die Jungs am Kickertisch rufen einen Mann, der uns hin fuehren kann. Er steigt auf unsere Ladeflaeche und dirigiert mich mit Aufs-Dach-Klopfen und Handzeichen ueber Stock und Stein bis an die Stelle, wo Autos nicht mehr weiter koennen.
Auf dem Fussweg ueber das zerklueftete Hochplateau lassen wir den Vater unter einem Stein im Schatten liegen – die Sonne ist ihm zu arg. Rotbraune Felsennadeln bilden geschuetzte Ecken in denen die Baeume noch gruen sind und die den Vogelgesang reflektieren. Mit den Felsen im Ruecken, koennen wir kilometerweit in die gelbe Ebene sehn. Grade noch waren wir in der Weite, dann biegen wir in eine schattige Schlucht, Pflanzen ranken den steilen Weg zu und alles riecht nach Wasser.
Vom Grund der Schlucht hoeren wir das Gemurmel vieler Menschen. Unser Fuehrer spricht mit einem fein gemachten jungen Paar aus Bobo und nach einigen Rueckfragen (Ist das auch wirklich ok fuer uns?) einigen sie sich, dass er die in der Handtasche mitgebrachten lebenden Huehner fuer sie opfern wird. Aber bevor wir den heiligen Ort betreten, muessen wir alles ausziehn, was rot oder golden ist, die Fische moegen diese Farben nicht. Unser Priester tauscht sein zerloechertes T-Shirt mit der roten Bierwerbung gegen ein karriertes Hemd.
Nun sind wir da. Die hohen Felswaende bilden eine Halle, hinten ist ein kleiner Wasserfall, davor mehrere dunkelgruene Wasserbecken mit den heiligen Fischen und davor… Federn. Knoecheltief und blutverschmiert, die Felsterassen, die zu den Teichen fuehren, sind weiss gepolstert mit Huehnerfedern. Hier und da hat ein heiliger Mann mit verfilzten Haaren sich ein Eckchen freigekratzt um ein Feuer zu machen, auf dem die Opferhuehner nach getaner Arbeit gegrillt werden.
Die Ehrfurcht gebietet, sich dem Opferstein neben dem Wasserfall barfuss zu naehern. Also schlucken wir – und schlucken nochmal - und fuegen uns darein, ehrfuerchtig und barfuss zu sein.
Der hinterste Fels ist der Opferfels. Da stehen drei Maenner und schweigen und murmeln und gehen dann, um fuer unser Huehnerpaar Platz zu machen. Der Priester erklaert uns: Hierhin kannst Du mit all Deinen Sorgen und Wuenschen kommen. Wenn Du Dir etwas wuenschst, dann versprichst Du tief in Deinem Herzen, dass Du wiederkommen und opfern wirst, wenn der Wunsch Dir erfuellt wird.
Dann beginnt der heilige Akt: Er schmiert Fett an die Felswand, teilt das Trankopfer (Hirsebier) zwischen dem Felsen und der eigenen Kehle auf, schneidet dem Huhn den Hals auf, um Blut auf den Stein zu tropfen, reisst ihm Federn aus, um die Engel zu rufen und schliesslich stellt er ihm eine Frage. Er laesst das sterbende Huhn aus der Hoehe auf den Boden fallen und es beantwortet seine Frage: Landet es auf Bauch oder Ruecken, ist die Antwort positiv. Wenn es sich nach rechts oder links legt, nicht. Dem toten Huhn werden die Eingeweide rausgerissen und an die heiligen Fische verfuettert – riesige Welse mit haarigen Maeulern, die aus der dunklen Tiefe kommen und den Rachen aufreissen, sobald sich die Wasseroberflaeche regt.
Nachdem die Zeremonie vorbei ist, fragen wir unsere Huehneropferer, warum sie hier sind. Der Mann begleitet seine Cousine um rauszufinden, ob der zukuenftige Eheman der Dame ein Hallodri ist, oder nicht. Die Huehner sind mit ihm einverstanden, waehrend die Fische recht zoegerlich waren.
Nachdem der heilige Moment vorueber ist, wird der Priester wieder Fuehrer und fuehrt uns an einen Teich, der weiter unten liegt, wo er unser Brot den Fischen opfert und uns erlaubt, Fotos zu machen.
Langsam werden wir nervoes, da der Vater ja immer noch mitten in der Steinwueste in einer kleinen Schattenecke liegt. Als ich das sage, lachen alle: Ihm kann nichts Boeses passieren, denn die Fische moegen uns, sie haben unser Opfer gierig verschlungen. Ausserdem haben die zuletzt angekommenen Glaeubigen einen weissen Mann gesehn, der ganz lebendig Richtung Auto unterwegs war.
Goldrausch kommt spaeter
Zwischen Ougo-dingskirchen und Djo-soundso ist ein Zeichen auf der Landkarte, das sagt: Mine. Morgens beim Fruehstueck in O-kirchen sagt ein Anschleimer: “Da ist eine Goldmine, Cool Man, tranquille, soll ich Euch da hin fuehren?” Wir lehnen dankend ab und machen uns selbst auf den Weg.
Im naechsten groesseren Ort fragen wir den Buergermeister: “Duerfen wir Ihre Goldminen besichtigen?” Er ist verwirrt und sagt zu seinem Kollegen: “Hier ist eine junge Dame mit einer Frage, die ich nicht verstehe.” Trotzdem gibt er uns einen jungen Kerl mit Motorrad, der uns die Kalk-Abbaugebiete zeigen soll. Das ist die einzige Mine, die dem Buergermeister in den Sinn kommt: Eine weisse schorfe Steinflaeche im Nichts. Da halten wir an und unser Fuehrer guckt hilflos: “War es das, was Ihr sehen wolltet?” “Hm, eigentlich waren wir ja auf der Suche nach Goldminen…” “So was gibts hier nicht. Aber da hinten sind ein paar Leute, die nach Gold suchen.” Also doch: Aussteigen, hingehn, “Hallo, koennen wir mal gucken, was machen Sie da?”
Eine Strohhuette, schmutzige Maenner, Frauen, Kinder, ein paar ungesicherte tiefe Loecher in der Erde, eine hoelzerne Rutsche, mit Plastik und Stoff bespannt, auf der einer der Maenner Sand mit Wasser beschuettet.
Dieser Mann zeigt uns, wie man hier Gold graebt: Die Schaechte gehen wie Kamine 100-150 m tief in die Erde und sind grade mal so breit, dass ein Mann sich an den Waenden abstuetzen kann, waehrend er in die Tiefe klettert – ohne Seil. Unten angekommen beleuchtet er seine Arbeit mit einer rosa Kindertaschenlampe am Gummiband und hackt Steine in den Eimer. Zum Atmen hat er einen langen Schlauch aus Plastikfolie, dessen Oeffnung sie oben in den Wind haengen: “Wenn ich hier zuhalte, erstickt der Mann da unten.” Wenn der Eimer voll ist, ziehen die Frauen ihn hoch und stampfen die Steine im grossen Holzmoerser zu Sand. Der Sand kommt auf die Rutsche, und wenn man ihn vorsichtig mit Wasser beschuettet, setzt sich der schwerere Goldstaub unten in den Tuechern ab und kann eingesammelt werden. An guten Tagen ein ganzes Gramm. An schlechten Tagen gar nichts. Manchmal besteht ein Monat nur aus schlechten Tagen.
Unser Goldgraeber sagt: “So ist das halt. Hier leben wir und hier sterben wir. Wenn einer einen Unfall hat, koennen wir nichts tun. Wenn es etwas anderes gaebe, wuerden wir etwas anderes tun.” Er sieht sich auf der steinigen Ebene um und brauch nichts weiter zu sagen, denn wir sehen ja, hier gibt es nichts anderes – keinen Grashalm. “Aber natuerlich besteht immer die Moeglichkeit, dass wir auf die grosse Goldader stossen.” Er laechelt, fragt nach unserer Adresse und sagt: “Wenn ich Glueck hab, dann schick ich Euch was von dem Gold, dann werd ich diesen jungen Mann bitten (den Motorradmann, der uns hier hin fuehrte und schreiben kann), Euch zu schreiben.” Zum Abschied schenken wir ihm Vaters alte Umhaengetasche und Mutter bittet mich, zu uebersetzen, dass er von nun an immer einen Platz in ihrem Mutterherz hat und bitte gut auf sich aufpassen soll.
Im naechsten groesseren Ort fragen wir den Buergermeister: “Duerfen wir Ihre Goldminen besichtigen?” Er ist verwirrt und sagt zu seinem Kollegen: “Hier ist eine junge Dame mit einer Frage, die ich nicht verstehe.” Trotzdem gibt er uns einen jungen Kerl mit Motorrad, der uns die Kalk-Abbaugebiete zeigen soll. Das ist die einzige Mine, die dem Buergermeister in den Sinn kommt: Eine weisse schorfe Steinflaeche im Nichts. Da halten wir an und unser Fuehrer guckt hilflos: “War es das, was Ihr sehen wolltet?” “Hm, eigentlich waren wir ja auf der Suche nach Goldminen…” “So was gibts hier nicht. Aber da hinten sind ein paar Leute, die nach Gold suchen.” Also doch: Aussteigen, hingehn, “Hallo, koennen wir mal gucken, was machen Sie da?”
Eine Strohhuette, schmutzige Maenner, Frauen, Kinder, ein paar ungesicherte tiefe Loecher in der Erde, eine hoelzerne Rutsche, mit Plastik und Stoff bespannt, auf der einer der Maenner Sand mit Wasser beschuettet.
Dieser Mann zeigt uns, wie man hier Gold graebt: Die Schaechte gehen wie Kamine 100-150 m tief in die Erde und sind grade mal so breit, dass ein Mann sich an den Waenden abstuetzen kann, waehrend er in die Tiefe klettert – ohne Seil. Unten angekommen beleuchtet er seine Arbeit mit einer rosa Kindertaschenlampe am Gummiband und hackt Steine in den Eimer. Zum Atmen hat er einen langen Schlauch aus Plastikfolie, dessen Oeffnung sie oben in den Wind haengen: “Wenn ich hier zuhalte, erstickt der Mann da unten.” Wenn der Eimer voll ist, ziehen die Frauen ihn hoch und stampfen die Steine im grossen Holzmoerser zu Sand. Der Sand kommt auf die Rutsche, und wenn man ihn vorsichtig mit Wasser beschuettet, setzt sich der schwerere Goldstaub unten in den Tuechern ab und kann eingesammelt werden. An guten Tagen ein ganzes Gramm. An schlechten Tagen gar nichts. Manchmal besteht ein Monat nur aus schlechten Tagen.
Unser Goldgraeber sagt: “So ist das halt. Hier leben wir und hier sterben wir. Wenn einer einen Unfall hat, koennen wir nichts tun. Wenn es etwas anderes gaebe, wuerden wir etwas anderes tun.” Er sieht sich auf der steinigen Ebene um und brauch nichts weiter zu sagen, denn wir sehen ja, hier gibt es nichts anderes – keinen Grashalm. “Aber natuerlich besteht immer die Moeglichkeit, dass wir auf die grosse Goldader stossen.” Er laechelt, fragt nach unserer Adresse und sagt: “Wenn ich Glueck hab, dann schick ich Euch was von dem Gold, dann werd ich diesen jungen Mann bitten (den Motorradmann, der uns hier hin fuehrte und schreiben kann), Euch zu schreiben.” Zum Abschied schenken wir ihm Vaters alte Umhaengetasche und Mutter bittet mich, zu uebersetzen, dass er von nun an immer einen Platz in ihrem Mutterherz hat und bitte gut auf sich aufpassen soll.
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