Gestern hab ich endlich einen Besuch am Krankenbett meines Nachtwaechters einbauen koennen. Ich fragte Assistenten Douglas, ob er mich da hinfahren koennte. Er zoegerte und wand sich, bis er schliesslich damit rausrueckte: “Jonny wird von seiner Schwester gepflegt, da er keine Frau oder Kinder hat. Meine Mutter nennt diese Schwester Tante. Wenn ich mitkomme, werden die nicht direkt mit Dir reden, sondern mir immer sagen, was sie alles von Dir wollen. Wenn ich das unverschaemt finde und nicht uebersetze, bleibt’s an mir haengen. Bitte, Eva, ich fahr Dich da hin, aber koennen wir auf dem Weg einen Freund aufgabeln, der Dich in das Haus fuehrt, ich warte dann draussen…?”
So ward’s vollbracht. Als ich in dem Haus ankam, war das Krankenlager (also die schmuddelige Ecke, die man im Innenhof mit Ziegen und Hunden teilt) verlassen und ich traf nur besagte Tante. Der Patient habe gestern von einem Nachbarn gehoert, dass man nach einem Schlaganfall nicht rumliegen soll, sondern sich bewegen und deshalb sei er spazieren gegangen. Ich musste schlucken vor Freude. Ich hatte mir nach allen Beschreibungen einen halbseitig Gelaehmten vorgestellt, der alles doppelt sieht.
Spazieren!
Sie schickten einen jungen Mann los, ihn zu suchen und waehrend dessen gab Tantie mir eine detaillierte Beschreibung der Leiden in Frafra. Douglas Freund uebersetzte. Und ich widerholte, was der Nachbar schon gesagt hatte und was ich in meinem liebsten Gesundheitsbuch gelesen hatte (“Where there is no doctor”): “Bewegen, bewegen, bewegen.”
Wachmann kam zuegig angeschlichen und ich hatte das Gefuehl, dass Tantie ihm zurief: “Schleich langsamer, sonst glaubt sie nicht, dass Du krank bist.” Er liess sich nicht beirren und schuettelte mir mit schiefem Grinsen und schwachem Druck die Hand. Erzaehlte mir die Geschichte auf Englisch noch einmal, zeigte alle Quittungen fuer Rezepte vor, lauschte meinen physiotherapeutischen Hinweisen, bedankte sich fuer die zehntausender, die ich rueberschob und ignorierte gemeinsam mit mir, wie Tantie mir ihr aufgeschlagenes Knie zeigte, um das Mitleid zu erhoehen.
Dann schlug ich vor: Damit Du mehr Bewegung bekommst, kannst Du mich ja noch zur Strasse begleiten. Und sobald wir aufgestanden waren, dachte ich: “Ah! Nein! Da sitzt ja Douglas im Auto und will nicht gesehn werden!” Also machte ich schliesslich auf halber Strecke ein grosses Spektakel um die Verabschiedung und trainierte mit ihm noch ein wenig den festen Haendedruck, bevor ich ihn zurueck ins Haus schickte, und zum Auto ging, wo Douglas unauffaellig hinter dem Steuer versteckt sass.
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