Donnerstag, Juli 13, 2006

Leben in Afrika hinterlaesst Spuren auf der Seele

Kennt Ihr das, habt Ihr manchmal Traueme, in denen die Geschichte gar nicht zum Traumgefuehl passt? In meinen grauenhaftesten Albtraeumen finde ich keine zwei zusammenpassenden Socken oder bleibe beim Anziehn im T-Shirt stecken, die Arme ueber den Kopf gestreckt und die Luft knapp. Mit freunlichem aesthetischem Interesse hingegen betrachte ich in anderen Traeumen Axtmorde oder Berge von blutenden Beinen und Armen.

Heute morgen war ich im wirklichen Leben in so einem Kettensaegenmassaker mit Wohlfuehlmusik.

Ich hatte gestern abend meinen Koffer nicht gepackt, meinen Computer im Buero vergessen, das Flugticket nicht gekauft. Mein Flug nach Tamale ging um 9:30, ich hatte meinen Wecker auf 6 gestellt, nach dem ersten Klingeln eine ueberschuessige halbe Stunde mit der Fuenfminutentaste gekillt, um sieben stand ich gepackt und geduscht (aber ungefruehstueckt) an der Rezeption. Kein Bargeld in der Tasche, im Hotel kann man nur Nachmittags mit Kreditkarte bezahlen (?), der Hotelmann ruft fuer mich die Fluglinie an, einchecken zwischen 7:30 und 8:30. Ich liebe Innenstadtflughaefen! Also mit dem Taxi an der Bank vorbei, dreimal die Hoechstsumme von 73 Euros abheben, dann streikt die Karte zu meiner eigenen Sicherheit. Dankeschoen. Am Flughafen sagen die Buerodamen: “Sie sind zu spaet, kaufen Sie das Ticket beim Einchecken.” Zurueck zum Hotel, das Zimmer ist viel teurer als erwartet. Aber auch fuer das billigere haette ich (wegen der eigenen Sicherheit, s.o.) nicht genug Bargeld dabei. Hin und her, bis die Hotelfrau ploetzlich den Morgen zum halben Nachmittag machen kann, die Haelfte der Summe zahl ich mit Karte, die andere bar. Inzwischen war halb acht vorbei, neues Taxi, zum Buero, der Wachmann schliesst auf und ich hole meinen Computer. Als ich wieder rauskomm ist das Taxi mit meinem ganzen Gepaeck verschwunden.

Ach nee, doch nicht, hat nur gewendet und steht nun da hinten. Um acht am Flughafen steht an meinem Schalter Kumasi statt Tamale (sie hatten vergessen das Schild auszuwechseln), und ich hatte doppelt so viel Gepaeck wie erlaubt (die Frau lacht nur und sagt: Macht nix.” Soll ich ihr einen Heiratsantrag machen?).

Aber das einzige, was mich an diesem Morgen wirklich beunruhigt: Ich fuehl’s nicht. Wie die launische Forelle schwimm ich munter mit dem Strom der Ereignisse. Ich weiss, ich kriege den Flug oder nicht aber das stresst mich nicht, weil entweder krieg ich ihn oder nicht punktum. Jetzt sitze ich im tiefgekuehlten Flughafen, flirte mit den kleinen Kindern meiner Mitreisenden und frage mich, ob das nun gut oder schlecht ist, und ob ich vielleicht doch Drogen genommen hab, ohne es zu merken.

(P.S.: Flug bekommen, abgeholt worden, nach Bolga gefahren)

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