Montag, April 04, 2005

Hello! Bulika! Na ‘anso!

Um sich hier (und anderswo) zu amuesieren, ist es hilfreich, Rheinlaender zu sein, nicht Ostfriese. „Rheinlaender reden den ganzen Tag, auch wenn sie nix zu sagen haben.“ Hab ich in Lueneburg gelernt. Sind Rheinlaender vielleicht die Ghanaer Deutschlands?

Wenn ich durch Bolga geh fuehlt sich das jedenfalls so an. Wie Queen Mum gruesse ich nach rechts und links und alle finden das angemessenes Verhalten, waehrend man sich ueber die Europaer (Ostfriesen?) beklagt, die das nicht tun, unfreundliches Pack. Jedes Kind (und das ist jetzt keine Rheinische Uebertreibung sondern woertlich „JEDES“ und „KIND“) ruft Hello, wenn ich vorbeikomme. Manche verstecken sich dabei unter einem Tisch oder hinter einer Hausecke oder trauen sich erst zu rufen, wenn ich schon 20 Meter weiter bin. Meine Aufgabe ist es, sie alle zu finden, anzulaecheln und zurueck Hello zu sagen. Je nach Stimmung machen wir dann weiter mit: How are you fine thank you how are you fine have a nice evening (Wie gehts fein danke wie gehts fein schoenen Abend noch), naechstes Kind. Es ist wichtig, dass in diesem Ritual kein neues Wort vorkommt. Nicht jeder Erwachsene ruft Hello, einige sagen auch Good Morning / Afternoon / Evening oder Bulika oder irgendwas, was ich nicht kenne.

Und tatsaechlich, einige Erwachsene wollen mich ungegruesst nach Haus gehn lassen! Rheinlaenderehre, nicht mit mir. Die erwisch ich mit besonders suessem Laecheln und sag Bulika, Good Evening usw. Mindestens zwei oder drei meiner Begegnungen eines jeden Ausflugs verwickeln mich in ein laengeres Gespraech. Ich geh an dem Stand vorbei, wo Gasflaschen aufgefuellt werden und gruesse. Die Jungs winken mich ran, ich soll mich zu ihnen setzen und, naja, sie haben mich nun immer hier auf und ab gehn sehn, ich soll doch mal sagen, wer ich bin, wo ich her komme, was ich hier mache und ob ich verheiratet bin. Oder ob ich vielleicht, wenn ich wieder zu Hause bin eine Import-Export-Firma mit ihnen aufziehn will. Auf dem Weg zum Taxibaum am Morgen haelt mich eine Frau mit Kind auf dem Ruecken an und versucht, mir Gruessen auf Frafra beizubringen. Ausserdem will sie meine Freundin sein und in mein Haus kommen und mich in ihr Haus mitnehmen.

Ihr seht, warum es hier hilft, ein rheinisches Prinzessinnengemuet zu haben. Auch in den ersten Tagen hier in Bolga, wo ich sehr ernsthaft gelitten hab und mich gefragt hab, ob ich das hier jemals moegen koennte und welcher Teufel mich geritten haben mag, mich fuer 2 ½ Jahre an einen Ort zu verpflichten, von dem ich nichts weiss, als dass Ghanaer mit meiner Qualifikation net fuer Kooche (nicht fuer Kuchen – und auch nicht fuer gutes Geld und gute Worte) hier leben wollen wuerden, als ich nur meine einsame Matraze im Haus hatte und keinen blassen Schimmer, wie ich denn anfangen sollte zu arbeiten und meine deutsche Mafia nach Accra abgehauen war und ich nicht mehr gegessen hab vor Kummer und Hitze und Ueberdruss... hat es gegen das aerme Dier (fuer Nichtrheinlaender: Zustand fortgeschrittenen Selbstmitleids) immer geholfen, das Haus zu verlassen, gruessend zum Taxibaum zu gehn, in die Stadt zu fahren und ein paar kleine Erledigungen zum Vorwand fuer zielloses herumschlendern, gruessen und kennengelernt werden zu nehmen.

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