Kollegin M. schreibt, dass es in Bolga geregnet hat und wunderschoen ist. Und nach einer knappen Woche in einem Hotel, wo es alles gibt, hab ich ernsthaft Sehnsucht nach zu Hause. Diese Sehnsucht teilt sich auf in Sehnsucht nach den Strassen Koelns und nach meinem Haus in Bolga.
Im Moment geh ich wieder jeden Tag in das Buero unserer Partnerorganisation in Accra und nutze, was es hier gibt und im Norden nicht, z.B. ordentlichen Internetanschluss. Durchsuche das Netz zum Thema Rapid Rural Appraisal, weil das mein naechster Job ist: Mit den Bewohnern von 16 Doerfern in meiner Region rausfinden, was ihre Beduerfnisse, Wuensche und Stolpersteine sind. Im Allgemeinen und dann natuerlich in Bezug auf Wasser.
Ich hab beim Autohaendler einen Vertrag unterschrieben und warte nun, dass das Geld ankommt und ich losfahren kann. Oh, und ich werde Klima-Anlagen kaufen. Und Buecher. Und Kaese. Und Saatgut fuer Gemuesebeete in meinem Garten. Und alle Gewuerze, die Libanesen moegen (alle Supermaerkte sind libanesisch).
Wenn ich zurueckkomme, muss ich einen Wassertank besorgen und mir von einem Schweisser ein meterhohes Stahlgeruest bauen lassen, da kommt der Tank drauf, damit das Wasser Druck bekommt um aus dem Hahn zu fliessen. Als Nancy da war, hatten wir Tagelang kein Wasser (oder es floss nur, wenn wir grad unterwegs waren). Der Wassertank fuellt sich, sobald Wasser in der Leitung ist, dann kann man das abends nutzen, wenn wieder Wassersperre ist.
Und ich werde mich nach einem Gaertner umsehn. Bevor ich fuhr, klopfte es an mein Tor und davor stand der Mann mit dem seltsamsten Ohr, dass ich je gesehen hab, als haette es jemand mit scharfer Schere in Form geschnitten, spitz wie ein Elfen-Ohr. Er erzaehlte mir, er sei hier Gaertner gewesen und habe diesen haesslichen langen duennen Baum gepflanzt, ob er die Samen ernten koenne, die seien gut gegen Krebs und alles andere. Ok, bitteschoen. Ich dachte, er wuerde nur aufsammeln, was auf dem Boden liegt, aber er hat den Baum umklammert und ist barfuss an den Zweigen haengend hochgeklettert. Ernten eben. Nachdem er wieder unten war, hat er mir ausfuehrlich erklaert, was in meinem Garten waechst, jedes Unkraut (meine Sicht) hat eine Bedeutung, das heisst: kann gegessen werden. Wie man das zubereitet? Keine Ahnung, sagt er, bin doch keine Lady. Dann hat er in diesem staubigen leeren Hof das Bild des Gartens entstehen lassen, den er daraus machen koennte: die Plantains auseinanderpflanzen, rankende Blumen gegen Moskitos vor das Badezimmerfenster, Zitronengras um den Mangobaum, Moehren neben das Haus...
Ich hab gesagt: Hoert sich interessant an, ich denk drueber nach, komm in zwei Wochen wieder, da hab ich mehr Zeit... Schliesslich fanden wir heraus, dass wir in Bolga eine gemeinsame Bekannte haben, eine Kanadierin, die schon zwei Jahre hier ist. Er sagt: "I know her, she doesn't like when I drink" (Ich kenn sie, sie mags nicht, wenn ich trinke)
Als ich sie spaeter besuchte, um mehr zu erfahren, hat sie gelacht. Und mich gewarnt: Super Gaertner. Und hoffnungloser Trinker. Lass die Finger davon. Der kommt betrunken an und bettelt um Geld.
Ihre Freundin erzaehlte: Mich hatte er nur zweimal zufaellig gesehn da kam er eines Tages zu meinem Haus um mir fuer Geld irgendwelche Pflanzen anzudrehn. Ich hab ihm schliesslich genervt was gegeben und das Zeug irgendwo ins Regal gelegt. Spaeter hab ich gesehn: Das war alles Plastik!
Die Kanadierin hat mir ihren Garten gezeigt und von ihrem Gaertner erzaehlt, ordentlich, unkreativ, verlaesslich. Tags arbeitet er fuers Landwirtschaftsministerium, nachts ist er Wachmann und morgens und abends giesst er ihre quadratischen schmucklosen Gemuesebeete.
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