Montag, Februar 26, 2007

Wilde gucken


Darf man das? Ich weiss es nicht. Im Norden Togos gibt es ein Volk, dessen Lehm-Trutzburgen so aussergewoehnlich sind, dass die UNESCO sie zum Weltkulturerbe erklaert hat und die Bevoelkerung dabei unterstuetzt, den dazugehoerigen Tourismus zu kanalisieren. Wir kamen an der Schranke eher zufaellig vorbei, da zahlt man Eintritt fuer die ganze Gegend oestlich der Stasse und erhaelt die Empfehlung, sich einen Fuehrer zuzulegen, der einem die Burgen von aussen und innen zeigt und erklaert. Hypolite war unser Fuehrer und an seinen rosa Lippenflecken konnten auch Leute, die keinen Geruchssinn haben, seinen regelmaessigen Alkoholgenuss ablesen.


Nun gut. Er fuehrte uns zu sich nach Hause. Jaja, diese Lehmbauten sind wirklich interessant, mit Schiessscharten und Aussichtsplattform, Getreidespeicher und Schlafraeumen auf dem Dach und so weiter, es ist spannend, zu sehen, wie fremde Leute leben und Ihr kennt meine Neugier. Aber am Abend fuehlten wir uns trotzdem von innen schmutzig, als haetten wir etwas Unanstaendiges getan, eben „Eingeborenen Safari“ gemacht. Und das lag vor allem an dem Zustand von Hypolites Familie. Es gab die alte Mutter, die fuer Schoenheit ein fingerdickes Loch im Kinn hatte, durch das sie abwechselnd einen weissen Steinschmuck und ihre Zungenspitze steckte und grinste. Seine dicke Frau mit vier Kindern, die unterschiedlich grosse Hungerbaeuche vor sich her trugen. Ihn selbst in ordentlichem Hemd und Hose, das Handy um den Hals baumelnd. Zwei Teenager unbekannter Familienbeziehung, traditionell verkleidet, die uns auf der ganzen Fuehrung mit Andenken verfolgten. Jeder hatte seine Rolle und einstudierte Pose, gefolgt von aufgehaltener Hand.


Als Hypolite einen Moment mit mir allein war, erzaehlte er mir noch schnell von den Initiationsfeiern im April, zu denen ich wiederkommen soll, da dann hunderte von stattlichen nackten jungen Maennern traditionelle Taenze vorfuehren. Hechelhechel. Nachdem die Fuehrung vorbei war, bat er darum, dass wir ihn am kleinen Markt absetzen. Jaja, er werde das Geld natuerlich mit der Familie teilen. Eigenartig, als wir an dem Platz anhielten, den er mit Markt bezeichnete, sahen wir zwar viele Maenner und Frauen unter den Baeumen versammelt, aber weder Jams noch Tomaten, Ziegen, Huehner oder sonstige landwirtschaftliche Erzeugnisse. Das einzige, was auf diesem Markt verkauft und gleich konsumiert wurde, waren Getraenke.

Keine Kommentare: