Die Ghanaische Regierung sollte mich als Fruehstuecker anstellen. Dann wuerde ich mein Hobby zum Beruf machen und mein Job waere es, in Accras Mittelklassehotels zu fruehstuecken, die Maenner am Nebentisch kennenzulernen, den geschaeftlichen Grund ihres Aufenthalts (und alles andere ueber sie) herauszufinden und ihnen zu zeigen, wo’s langgeht (naja, sagen wir, wo ich denke, dass es langehn sollte). Bislang mach ich das ehrenamtlich, aus Leidenschaft fuer dieses Land, aus massloser Selbstueberschaetzung, weil ich meinen rheinischen Kluengel- und Mitteilungsdrang irgendwo lassen muss und weil ich immer mehr Ideen habe als ich selbst umsetzen kann.
Hotel Georgia ist ein idealer Arbeitsplatz fuer Fruehstuecker: Nah am Flughafen, ohne jeden touristischen Reiz, nicht so schick, dass keiner mit keinem redet, aber auch nicht so rammelig, dass sich Rucksacktouristen dahin verirren.
Heute morgen hab ich Jerry aus Taiwan befruehstueckt. Der hat bislang nur business mit Nigeria gemacht und ist ganz begeistert vom geringen Agressionspotential der Ghanaer. Er will Gebrauchtwagenteile nach Ghana importieren und sie hier wieder zu Autos zusammenfrickeln lassen. Das macht Sinn, denn die Einfuhrsteuern auf ganze Autos nach Ghana sind laecherlich hoch und Ghanaer sind Weltmeister darin, aus jeglichem Schrott einen fahrbaren Untersatz zu machen. Da er den Laendern, in denen er Geld verdient, auch irgendwas zurueckgeben will, plant Jerry gemeinsam mit einer Nichtregierungsorganisation ein Autoflicklertrainingprogramm fuer Jugendliche an das Geschaeft anzugliedern.
Sehr gute Intentionen. Andererseits: Wie gesagt sind die Ghanaer schon Autoschrauber-Weltmeister, warum nicht stattdessen etwas beibringen, wo sie ambitioniert in der Regionalliga spielen? Also erzaehl ich ihm von meinem letzten Comutercrash. Ein Freund brachte mich in Tamale zu diesem offenen Holzschuppen, davor pickten Huehner, Schweine und halbnackte Kinder im Staub, drinnen sass ein junger Kerl im traditionellen Spitzennachthemd und mir brach der Angstschweiss aus, als er sich daran machte, meinen Computer aufzuschrauben und mit einem abgeschabten Malerpinsel sein Innenleben von Staub befreite. Der Schraubenstapel auf seiner Tischpappe wuchs gemeinsam mit meiner Panik. Schliesslich diagnostizierte er das technische Problem korrekt (wie ich spaeter in Washington erfuhr), und entschuldigte sich, dass ihm Zubehoer und Werkzeug fehlten, es zu beheben. Beim Zusammenschrauben blieb keine Schaube uebrig und danach war mein Laptop genauso tot wie vorher.
Mein Taiwanese war von der Geschichte genauso beeindruckt wie ich, dachte an die Berge von aussortierten Computern, die in Taiwan auf den Schrott kommen und was man mit denen hier alles anfangen koennte. Diesmal ist er nur zehn Tage hier, aber in drei Monaten kommt er wieder. „Wissen Sie was,“ sag ich und schieb meine Karte rueber, „melden Sie sich zwei Wochen vor Ihrer Rueckkehr bei mir, dann werde ich Sie mit einigen Computerschraubern in Kontakt setzen und Sie koennen selbst herausfinden, wie gross das Potential ist und ob sich das fuer Sie lohnt.“
Dass ich von den Computerschraubern bislang erst einen kenne, besorgt mich nicht weiter, denn inzwischen ist mein Netzwerk hier gross und eigenwillig genug, dass ich nur einen Tag oder zwei braeuchte, um ihm so viele zu finden, wie er sehen will.
Da ich bislang nur gelegentlich fuer dieses Land fruehstuecke, ist mein Einfluss natuerlich nur punktuell, erklaere ich so gut es geht dem Blumenstraussbeigruenplantageninvestor, wie traditionelle Landrechte funktionnieren, locke den Goldhaendler, der sich in kostenguenstiger Trinkwassergewinnung auskennt, in den trockenen Norden, gebe eindrucksvolle Eroeffnungsanspachen auf Aidskonferenzen (s.u.) und pflanze die abstrusesten Ideen in verschiedenste Koepfe – in der Hoffnung dass irgendeine davon sich zur Diestel auswaechst.
Wenn die Regierung das endlich einsieht, werde ich mich fest im Fruehstuecksraum des Hotel Georgia installieren und hauptberuflich maggeln. Eine einzige Bedingung werde ich stellen, bevor ich diesen Job annehme: Bevor sie mich an meinem Stuhl festschrauben, moechte ich einen Tag mit dem Kuechenchef in der Kueche verbringen und ihm beibringen, dass man Omlettes nicht so lange fritieren muss, bis sie garantiert tot sind und dass gekochte Eier rundum gleichmaessig garen, wenn man sie komplett mit Wasser bedeckt.
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1 Kommentar:
Lobbyist heißt der Berufsstand. Und in Lüneburg waren das immer die Bösen, oder?
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