Eva in Ghana
Ich erzaehl so viel von den non-konfrontativen Strategien hier, dem positiv-schwammigen Gerede mit dem man niemanden verletzt. „Vielleicht“ heisst „nein“, „ich bin sehr sicher“ heisst „ich hab keine Ahnung“. Das stimmt auch alles und ich lerne hier durch Beobachtung und Fettnapfschwimmen den Vorteil von fragen, indirekt reden und im Zweifelsfall Mund halten.
Aber das ist nur die Haelfte der Geschichte. Denn ich beobachte auch, wie Leute verdammt ruede miteinander umgehn. Gestern sass ich mit zwei Bekannten in dem „Gartenlokal“ wo man hier Sonntag nachmittags hingeht und ein kleiner Junge mit Apfelgeschaeft auf dem Kopf kam vorbei. Einer meiner Begleiter wollte einen Apfel und schnautzte den Jungen an, er solle stehenbleiben und wieviel die Aepfel kosten. Nachdem der Junge den Preis gefluestert hatte, schickte er ihn mit einer ungeduldigen Handbewegung und einem Fluch weg und fragte mich dann freundlich, ob ich vielleicht einen Apfel haben wollte. Ich wollte, denn gestern war Apfelpfannkuchen mit Mary geplant. Also schnautzte er den Apfelladen an, er sollte zurueckkommen und waehrend ich versuchte freundlich zu laecheln und den Jungen wie einen Menschen zu behandeln, ging neben mir die herbe Show weiter. Da ich hier fremd bin und ohne Fragen nichts versteh, musst ich also nachfragen: Warum warst Du so unfreundlich zu ihm? Die Antwort: Das ist Strategie, wenn Du zu denen freundlich bist, hauen die dich uebers Ohr.
Natuerlich war er nun auch veraergert, dass ich nachgefragt und indirekt kritisiert hab. Aber da gab’s nur mein unschuldigstes Laecheln und ich hab ihm erklaert, warum ich immer fragen muss: Ich hab beobachtet, wie zwei Leute einander kennenlernen, dann finden sie raus, zu welchem Stamm der andere gehoert und fangen aus heiterem Himmel an, sich wuest zu beschimpfen: Du bist ein Esel, ein Dummkopf, ich bin Dein Boss und Du bist nur ein Sklave usw. Als naive Besucherin denk ich natuerlich, jetzt gehts los, gleich gibts blutige Stammeskonflikte. Aber – und deshalb muss ich fragen – mir wurde erklaert: Unsere beiden Staemme sind Spielkameraden. Wir sind eng miteinander verwandt und seit langer langer Zeit ist unklar, wer denn nun der Boss ist. Wenn ich einen dieser Spielkameraden (play-mates) kennenlerne, wird von uns erwartet, dass wir einander beschimpfen, aber das ist nicht boes gemeint, das ist doch nur Spass. Wenn der andere aelter ist als ich, darf ich ihn nicht so arg beschimpfen wie er mich, ich sag dann nur, dass ich der Boss bin.
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