Als Sozialwissenschaftlerin aus Leidenschaft, treibt mich diese Frage in die interessantesten Gespraeche. Und seit ich hier angekommen bin, hab ich das Gefuehl, dass die schwarzen und die weissen Amerikaner sehr wenig davon wissen, wie die anderen was machen. Das scheint viel mehr durch eine unsichtbare generelle Stroemung als durch die bewusste Entscheidung Einzelner zu passieren, sie werden in unterschiedliche Ecken gespuelt und mischen sich kaum. Das wurde mir klar, als ich mich mit meiner Mitbewohnerin ueber meine neuen schwarzen Bekannten unterhielt.
Ich erzaehlte ihr von John, der Traenen in den Augen hatte, als er in der Wahlkabine fuer einen Schwarzen stimmen konnte und der sich niemals von selbst in das Lokal getraut haette, das ich fuer unser gemeinsames Fruehstueck vorschlug. Der sich, wenn er irgendwo ankommt, erstmal umschaut und zaehlt, ob und wieviele andere Schwarze hier sind und sich erst in den letzten zehn Jahren oder so mit dem Gedanken anfreunden konnte, dass es ok sein kann, wenn ein weisser Mann eine schwarze Freundin hat... Obwohl ihm da immer noch Bilder von Sklavenhaltergespielinnen oder Frauen, die sich hochschlafen wollen, in den Kopf kommen...
Meine Mitbewohnerin hoerte fasziniert zu und dachte darueber nach, dass sie gar keine schwarzen Freunde hat und dieser Bereich der Gesellschaft ihr irgendwie fremd bleibt. Das ist vor allem deshalb seltsam, weil wir mitten in einer schwarzen Nachbarschaft wohnen und sie politisch links gerichtet, unrassistisch etc. ist.
Dann denk ich noch mal genauer drueber nach und erinner mich, dass auch in Deutschland die typischen linken, oeko-multi-kulti-Befuerworter kaum tuerkische oder afrikanische Freunde haben.
Mein schwarzer Tangofreund sagt: Wenn Dir in Deinem Viertel die Jungs "White Bitch" (also weisse Schlampe) hinterherrufen, dann hat das viel mehr mit Klassenkampf als mit Rassenkampf zu tun. Bis vor 10-20 Jahren zogen alle Weissen, die's sich leisten konnten, in die Vororte und in Washington blieben nur die Schwarzen uebrig. Der Trend hat sich umgekehrt, mehr und mehr Weisse wollen zurueck in die Stadt, damit steigen die Wohnungspreise und die Schwarzen fuehlen sich in ihrer Existenz bedroht. Wenn Du durch Dein Viertel gehst, bist Du fuer viele Deiner Nachbarn ein Symbol dafuer, dass es mit ihrer Gegend oekonomisch aufwaerts geht und dass sie dabei vielleicht nicht mitmachen werden.
(Zum Glueck sehn die meisten Nachbarn das dennoch gelassen und gruessen mich freundlich. "White Bitch" ist mir erst einmal passiert und das waren Teenager, die vor lauter Uebermut jedem irgendwas hinterherrufen wuerden.)
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