Dienstag, Oktober 30, 2007

P.s. (zu s.u.)

Grade sagte eine Kollegin: "Wann gehn wir denn heute abend los?" "Aeh, wie, heute abend?" "Ja, Du hast doch zugesagt, zum Kabaret in der Deutschen Botschaft mitzukommen" "Jetzt wo de's sagst..."

Quot erat demonstrandum

Dabei wollte ich doch heute abend ein Kroenchen fuer mein Prinzessinnenkostuem morgen basteln...

Der Hunger von Bolga

und das Angebot von Washington, das kann ja nicht gut gehn...

Man sagt, dass Leute, die eine Hungersnot ueberstanden haben, beim Essen kein Mass und keinen Verstand kennen. Ich hab mich zum Glueck in Bolgatanga immer satt essen koennen. Aber was kulturelle Highlights angeht... nun, da war einmal der Schoenheitswettbewerb der Friseusen. Und dann dieses Konzert eines Ghanaischen Hip Life Stars, das um halb neun anfangen sollte und als der Star um zwei Uhr nachts endlich erschien, waren die Boxen von so schlechter Qualitaet, dass alles quietschte, rauschte und knakste. Ja und einmal im Jahr konnten wir in Tongo zu den Regentaenzen gehn. Das war so quasi alles. Ihr erinnert Euch, naechster Buchladen 13 Stunden mit dem Auto entfernt.

Wen wundert es, dass ich einfach nicht nein sagen kann, wenn eine Kollegin, eine Bekannte, meine Mitbewohner oder unsere Katzen sagen: Eva, kommst Du mit in die Oper, ins Theater, ins Kino, zum Tango, aufs Konzert und auf die Halloween-Party. Also geh ich Donnerstag in die Oper, Freitag ins Theater und Samstag vermutlich wieder Tango tanzen.

Und in ein oder zwei (oder vielleicht drei) Wochen, werde ich wie Max und Moriz mit dem Huehnerknochen fettgefressen an Kultur auf dem Ruecken liegen und nicht mehr Papp sagen koennen. Aber bis dahin sag ich nur: Hast Du morgen abend schon was vor?

Kaugummi am Schuh

Ich kann's nicht glauben, aber es gibt tatsaechlich Amerikaner, die sich ihr Halloweenkostuem selbst basteln. Und nicht kaufen. Die Kollegin von mir, die als Kaugummi am Schuh geht, hat meinen persoenlichen Kostuemwettbewerb schon gewonnen, bevor ich sie ueberhaupt gesehn hab: Sie wird sich ganz rosa anziehn (schliesslich ist sie der Kaugummi) und sich nen Schuh auf den Kopf binden.

Fuer Nichttaenzer

Beim Tango treffen sich all die Gruppen, die nicht gemeinhin fuer ihre Tanztalente beruehmt sind. Berlin hat nach Buenos Aires die groesste Tangoszene der Welt (sagt man mir), die Finnen sind verrueckt danach, Tango ist der letzte Schrei in Japan und mein Tanztee am Wochenende war ueberlaufen von Computerprogrammierern, Oekonomen, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren, mehr als zwei Hand voll praktische Asiaten, denen ich den Kopf auf die Schulter legen kann und kein einziger Latino. Ok. Einer. Oder anderthalb.

Wie kann das sein, dass ein Tanz und eine Musik, die im Herzen armer Argentinier in heruntergekommenen Slum-Kaschemmen entstanden ist, nun ingenieurswissenschaftlich perzipiert wird (da ist Tango so aehnlich wie Jazz)? Wem Tanzen im Blut liegt - so scheints - tanzt richtige Taenze, wo's vor allem darum geht, rumzutanzen und sich zu amuesieren.

Weil ich am Wochenende reihum getanzt hab, hatte ich am Ende die ganze Bandbreite, vom koreanischen Kampfsportlehrer bis zum langhaarigen Buchhalter. Besonders beeindruckt hat mich ein amerikanischer Ingenieur mit deutschen Wurzeln, der nach vier Jahren immer noch wie ein Ingenieur tanzt und mir ausfuehrlich darlegte, dass das alles ein Neuronenproblem ist und die Synapsen eine Bewegung erst automatisieren, wenn man sie 10 000 Mal (oder Stunden?) gemacht hat. Dann fing er an auszurechnen, wieviele Jahre jemand trainieren muss, der ausserdem noch einen Job hat, um irgendwann so gut zu sein, dass er es zulassen kann, mit dem Herzen und zur Musik zu tanzen. Ich hab ihn ermutigt, mich zu kritisieren, denn das konnte er besonders gut und hoffe, dass mir seine Kritik dabei hilft, recht bald (und nicht erst in 10 000 Stunden) an ihm vorbei zu tanzen...

(Hahaha, bei der Ueberschrift habt Ihr wahrscheinlich aufgeatmet und gedacht: "Oh, jetzt mal was anderes, ich bin Tango ja schon satt, ohne einen einzigen Schritt getanzt zu haben!" Pustekuchen, hier bin ich der Boss, oder, wie man bei uns so schoen singt: Isch han de Musik bestellt darum bestemme isch och wat se spellt...)

Montag, Oktober 29, 2007

Psychologen spinnen doch selber!

Oeffentliche Selbstverpflichtung (s.u. "Jeden zweiten Morgen") funktionniert nicht, ich will mein Geld zurueck! Und geniesse morgens lange schlafen...

Tango till they're sore (Tango bis es weh tut)

Zu diesem blog empfehlen wir folgende Hintergrund Musik... http://www.youtube.com/watch?v=zlW1nyICawI

Ich hab nen Tango-Kater. Das ganze Wochenende durchgetanzt, meine letzten Ocken aufn Kopp gehauen, und es gab noch nicht mal nen Tangogeiger zum Hinschielen. Das ist die Entsinnlichung des modernen Computerzeitalters. Ok, es gab nen attraktiven tuerkischen DJ, der ab und zu auch ganz hinreissend tanzte, so hat halt alles seine Vor- und Nachteile. Nun wuerde ich gern meine Fuesse abschrauben und an der Rezeption abgeben und braeuchte mal ein Wochenende...

Sonntag, Oktober 28, 2007

Da hab ich mir wohl was gefangen...

Tangovirus. Ich wusste ja schon, dass ich gefaehrdet bin. Aber nun Folgendes: Ich hab in einem reiseintensiven Monat meine Kreditkarte ans Limit gebracht und deshalb nur noch einen begrenzten Betrag, um ueber's Wochenende zu kommen. Ich beobachte mich selbst beim Denken und was ich seh, laesst ziemlich wenig Hoffnung: Ich gehe den Vorrat an Lebensmitteln durch, die in meinem Schrank sind, um mich zu ueberzeugen, dass ich kein Geld fuer Essen ausgeben muss. Fahrrad reparieren lassen, Buegeleisen kaufen und andere Plaene, die ich fuer's Wochenende hatte, koennen doch genausogut noch ne Woche warten... Dann kann ich naemlich den Bodensatz meines Geldbeutels zusammenkratzen und mir heute noch eine oder zwei Tanzstunden leisten...

Samstag, Oktober 27, 2007

Samstag Mittag

So, schnell noch die Lippen rot malen und die geliehenen Tanzschuhe einpacken, dann geh ich zu den fremden Tangotaenzern. Fuehl mich gleichzeitig total mutig und aengstlich und muss mich daran erinnern, dass ich zu einer Tanzstunde geh, wo es dazu gehoert, dass man nicht alles kann, schliesslich bezahlt man ja dafuer, es beigebracht zu kriegen. Mein Tanzpartner kommt aus Burma und kann an nichts anderes als Tango denken. Sagt er in seinen emails.

Freitag, Oktober 26, 2007

Amerikaha

Ein Kollege waere beinah wegen unangemessener Sprueche am Arbeitsplatz verklagt worden. Was ihn rettete, war, dass die Dame ihn gleich verklagen wollte, ohne ihm vorher je gesagt zu haben, dass ihr seine Art nicht behagt. Das geht nicht. Und ich bin froh eine Frau zu sein. Frauen werden hier zwar schnell fuer Schlampen gehalten und verurteilt - aber ohne Gerichtsverfahren.

Jeden zweiten Morgen

geh ich frueh vor der Arbeit joggen. Egal ob's regnet oder schneit, weil ich naemlich eine Sportskanone bin. Dass ich das erst seit vorgestern mache und nach einer Runde um den Block (halb laufen, halb gehen), so kaputt bin, dass die Verandastufen ne echte Herausforderung sind, sind nebensaechliche Details.

Warum das nun im Internet steht?

Psychologen nennen das oeffentliche Selbstverpflichtung und haben rausgefunden: Wenn man jedem davon erzaehlt hat, ist es wahrscheinlicher, dass man's macht, weil's einfach zu peinlich waere, zuzugeben, dass man nur heisse Luft versprueht hat. Ganz schon schlau diese Psychologen.

Eigentlich brauche ich dieses Druckmittel natuerlich nicht, schliesslich bin ich - s.o. - eine Sportskanone.

...

...

... gibt's eigentlich auch Sportssteinschleudern oder so?

He Du! Komm! Tanz!

Wie gesagt, im Internet gibt es alles, was Du brauchst, von der Ohrbanane bis zum Tanzpartner. Also hab ich mir eine Tanzpartnerseite gesucht und mich da quasi traditionell an die virtuelle Bar gesetzt, schoen geguckt, gelaechelt und gewartet, dass mich jemand auffordert. Nach eineinhalb Wochen hatte ich keinen Schritt getanzt und war dem Tanzen auch keinen Schritt naeher gekommen. Also hab ich beschlossen, dass Traditionen schoen und gut sind, wenn man zum Trachtenfest in Oberammergau geht. Ab gestern wird zurueckgeschossen. Also hab ich geschrieben: Du! oder Du! oder vielleicht auch Du! Komm! Lass tanzen! Die Strategie funktionniert besser und morgen werde ich zu meinem ersten Tango in Washington gehn.

Donnerstag, Oktober 25, 2007

Juhuu!

Heute hab ich wieder was erfunden. Vor etwa eineinhalb Jahren war hier mal ein blog darueber, wie selten Forscher wirklich Neues denken, und wieviel Spass das macht, sich etwas Neues auszudenken. Heute ist es wieder passiert. Ich habe etwas Neues gedacht. Und wenn's funktionniert und Ihr alle schoen brav seid, erzaehl ich Euch irgendwann, was das ist.

Mittwoch, Oktober 24, 2007

Foederale Jazz Kommission

Seit 25 Jahren spielt die Federal Jazz Commission jeden Dienstag in Colonel Brook's Bar bei mir um die Ecke. Ihre Groupies sind mit ihnen erwachsen geworden...

Ok, ich geb's zu, als die Commission anfing, bei Brook's zu spielen, waren die Kommissionsmitglieder (und Groupies) schon im fortgeschrittenen Erwachsenenalter. Jetzt kommen einige mit Rollator in die Bar, andere hoeppen noch quietschfidel ueber die Tanzflaeche, waehrend sie sich mit arthritischem Klammergriff aneinander festhalten. Und wenn der Dixiland Jazz besonders dramatisch wird (ja, ja, ich weiss auch nicht, woran man das merkt, aber die Herrschaften Groupies wissen immer genau, wann es an der Zeit ist), zuecken die Fans ihr rotes Taschentuch und wedeln damit voller Begeisterung in der Luft rum.

Da hab ich gestern meinen Abend verbracht und mich geaergert, dass ich mein Taschentuch zu Hause vergessen hatte...

Montag, Oktober 22, 2007

Warnung


Jacken, Taschen, Kappen, die man mir schenkt und sei es nur als Scherz, werden irgendwann in den Alltagsschrank eingeordnet und ich denke ploetzlich, es sei normal, mit dem Koelner Stadtwappen am Arm in der Stadt rumzulaufen. Eine neue deutsche Freundin sagt: Kindergartentasche. Aber cool. Na also...
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Sonntag, Oktober 21, 2007

Da gibt's nix was es nicht gibt

Wo? Na im Internet. Das ist quasi die Fortsetzung der Grossstadt (s.u.) mit anderen Mitteln, also wenn man von allein in seiner Grossstadt nicht die passenden Freaks findet, kann man immer noch im Internet nach ihnen Suchen. Ihr wisst ihr natuerlich, und das Internet ist voll mit Foren fuer Maenner, die sich Bananen ins Ohr stecken und das geil finden, oder Frauen, die Fliegen beim Sex zusehn und darueber reden wollen.

Meine Interessen sind da etwas anders gelagert (so ne Banane ist einfach zu gross fuer mein zartes Oehrchen) und da hab ich eine web-site gefunden, die ich super finde und die vielleicht auch fuer einige von Euch genau das Richtige ist. Die Idee hinter www.humanitariandating.com ist, dass es fuer Leute, die im Bereich Entwicklungshilfe arbeiten, so wichtig ist, aehnliche Leute zu treffen (als Freunde, Partner, Kollegen) aber aufgrund ihrer Arbeit sind sie oft in Sudanesischen Doerfern versteckt oder nur fuer ein paar Wochen in der Stadt. Und sowas funktionniert natuerlich um so besser, je mehr Leute in diesem Netzwerk sind, also, eintragen, weitersagen.

Falls Ihr eher zu denen mit der Banane im Ohr gehoert, auf dieser Seite, gibt es zu dem Thema ein klassisches bahnbrechendes Video (mit neuem Text, vorsicht, etwas eklig):
http://www.youtube.com/watch?v=wUINIHNXT_w

In der Grossstadt muss man nicht cool sein

Man denkt das ja immer, in den Kleinstaedten ist es irgendwie familiaerer und ein wenig zurueckgeblieben und in der grossen Stadt muessen alle immer so cool sein. Aber spaetestens seit MTV ist in den Kleinstaedten international normierte coolheit angesagt, und wer da nicht reinpasst ist ein Freak. In einer Grossstadt wie Washington dagegen, gibt es von jeder Art von Freak gleich ne ganze Sub-kultur und es macht ueberhaupt nichts, wenn man auf der allgemeinen internationalen Coolheitsskala nicht mal 1,5 erreicht, denn man kann sich in seiner kleinen freakigen Ecke wohlfuehlen und ein ganzes zufriedenes Leben lang der coolste Spezialfreak sein. Gestern abend zum Beispiel bin ich mit meiner Mitbewohnerin auf ein Konzert gegangen, ein dunkler Keller, eine Frau und eine Gitarre. Das war rauchig, charmant, herb und wunderschoen. Aber meine Gedanken zum Thema cool sein, wurden von den beiden Rock-n-Roll Bands angestossen, die danach spielten. Der Raum fuellte sich mit Leuten in ihren 20ern und 30ern, die mit rotkarrierten Jackets mit Rose im Knopfloch oder auftoupierten Haaren und aufwaendigem Make-Up oder Jeans, Karohemd und Cowboyhut, mit dem Fuss wippten, Rock-n-Roll tanzten und so cool waren, dass es eine Freude war.

Samstag, Oktober 20, 2007

Viele Schwarze Nachbarn zu haben


hat den Vorteil, dass hier viel mehr coole Autos rumfahren. Meistens mit Fahrern, die ihre Musik gern grosszuegig mit der ganzen Nachbarschaft teilen und bei denen man im Vorbeifahrn auf der fetten goldenen Armbanduhr, die aus dem Fenster haengt, mal kurz gucken kann, wie spaet es ist.
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Und wenn Ihr genau hinschaut,


seht Ihr, dass auf der Hutablage dieser coolen Karre coole Huete liegen.
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Keine Ahnung, warum ich grad so auf Autos steh....

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Nationale Kathedrale der unbefleckten Empfaengnis

auf dem Campus der katholischen Universitaet. Die Amis sind ja in Bezug auf ihr Archithekturbewusstsein etwa da, wo wir in der Gruenderzeit waren: Es ist total normal, heute, im 21. Jahrhundert, irgendwas zu bauen, das aus irgendwelchen alten Stilen zusammengewuerfelt ist.
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OmmaausGeich waere endlich beruhigt

Nachdem ich vom dunklen Kontinent heil zurueckgekommen bin, wohne ich nun genau zwischen der Katholischen Universitaet und einem Franziskaner Kloster, dessen Aufgabe es ist, Geld zu sammeln fuer unsere Brueder und Schwestern im heiligen Land, die unsere heiligen Staetten sogar mit ihrem Leben verteidigen (so sagen sie auf ihren Informationsschildern und geben damit eine etwas verkuerzte Geschichte der Kreuzzuege...).

Das einzige was OmmaausGeich verwirren wuerde, ist dass in meiner Strasse hier etwa genau so viele schwarze Familien wohnen, wie in meiner Strasse in Bolga...

Gastbeitrag zum Thema Muselpriem

Heute erreichte mich eine mail mit folgendem Inhalt:


Hallo liebe Eva,

ich habe in Deinem Blog die Preisfrage nach der "Muselpriem" gelesen und
dachte, ich haette da den ganz schlauen Einfall, diese zu loesen!
Eine Aufgabe meines Arbeitgebers ist der kulturelle Bereich und dazu
gehoert auch die Landeskunde. Daher gibt es beim Landschaftsverband ein
"Amt für rheinische Landeskunde". Seit noch nicht allzu langer Zeit hat
besagtes Amt dazu aufgerufen, in einem Mitmach-Woerterbuch alle
rheinischen und umgangssprachligen Begriffe der hiesigen Region
aufzuschreiben und die - je nach Region - damit verbundene Bedeutung
anzugeben.
Und da dachte ich nun, es haette vielleicht schon jemand einen Eintrag
zu "Muselpriem" gemacht. Hat aber niemand....
Daher stuende es Dir frei, das Woerterbuch um diesem Eintrag noch zu
ergaenzen. Damit waere dieser Begriff sofort urkundlich eingefuehrt! :)
Hier mal der Link auf die Seite des ARL: http://www.arl.lvr.de/ und des
Mitmach-Woerterbuches: http://www.mitmachwoerterbuch.lvr.de/liste.php#M

Da kann ich nur sagen: Gute Idee Frau W., aber was geb ich denn zum Thema "damit verbundene Bedeutung an"?

Also, die Frage ist immer noch offen. Falls ich eine Antwort finde, verspreche ich, Muselpriem sofort aktenkundig zu machen.

Freitag, Oktober 19, 2007

Ja, ich vermisse Euch auch...

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Eine Zitrone mein Herz

Jaja, Eva-foermige Luecke im Universum, die zufaellig im Nordosten Washingtons ist (s.u.), das stimmt schon und da drin sitze ich und fuehl mich zu Hause. Einerseits. Andererseits zerdrueckt die Sehnsucht nach meinen Bolgariern mein Herz, so wie ein grosser fetter Barkeeper eine Zitrone bis auf den letzten Tropfen ausquetschtund dann die leere Schale in hohem Bogen in den Muelleimer zu den zerbrochenen Flaschen wirft.

Donnerstag, Oktober 18, 2007

Was ist hier bitteschoen rassistisch?

Wenn ich jemanden mit offensichtlich schwarzer Haut als Schwarzen bezeichne? Oder wenn ich behaupte, dass jemand, der noch nie in Afrika war und da auch nicht hin will, dessen Vater noch nie in Afrika war, ebenso sein Grossvater, dass dieser Mann ein Afrikanischer Amerikaner sei, also irgendwie nur ein halber Amerikaner, der nicht so richtig hier hingehoert, weil er ja irgendwie ein African American ist.

Ja, Ihr habt richtig geraten, es ist rassistisch, wenn ich sage, was ich sehe und behaupte, dieser Mann sei schwarz.

Wenn die mit ihrer politischen Korrektheit wenigstens Begriffe finden wuerden, die genauer, treffender und weniger veraechtlich waeren. Obwohl, mein Lieblings-fiesester-Ausdruck ist ja immer noch ethnische Minderheit. Wo man mit dem ersten Teil "ethnisch" insgeheim zugibt, dass man auch zu den Leuten gehoert, die andere in Schubladen stecken, je nachdem, wo sie herkommen. Na und die "Minderheit", diese Leute sind halt aufgrund ihrer Herkunft irgendwie minder... Wie jemand auf die Idee kommen konnte, das sei weniger beleidigend, als einfach beim Namen zu nennen, wo jemand herkommt...

Da ist ja selbst der "Tuerkische Mitbuerger" ertraeglicher, weil da der Rassismus besser versteckt ist. Oder habt Ihr schonmal gehoert, dass jemand bei einer Festtagsrede von unseren Schweizer Mitbuergern oder unseren Amerikanischen Mitbuergern geredet hat? Deren Nationalitaetsbezeichnungen sind offensichtlich sauber genug, dass man sie einfach so Schweizer oder Amerikaner nennen kann, ohne sich die Zunge schmutzig zu machen.

Die Aethiopische Frau eines Amerikanischen Kollegen, der in Addis lebt, sagt immer ganz verwirrt: "Ich weiss nicht, was Du hast Schatz, Du bist weiss und ich bin n Nigger, wo ist das Problem, warum kann ich die Sachen nicht so sagen, wie sie sind?"

Mittwoch, Oktober 17, 2007

Muselpriem

Einem neuen Bekannten habe ich versucht zu erklaeren, warum ich so eine Prinzessin bin. Ich hab behauptet, dass das damit zusammenhaengt, dass meine Mutter mich von klein auf ihr Apfelbaeumchen und Muselpriem genannt hat (an meinen Schwestern laesst sich der gleiche Effekt beobachten).

Also, dass Muselpriem-Nennen prinzessenhafte Effekte hat, ist klar, aber versuch mal, Muselpriem zu uebersetzen! Oder wenigstens rauszufinden, was das bedeutet. Im ganzen Internet gibt es laut google kein einziges Muselpriem!!!

Also, Preisfrage (vor allem an die von Euch mit gleichem ethnischen Hintergrund - also Rheinlaender): Gibt es Muselpriem? Wenn ja, was ist das? Existiert es ausserhalb der engen Grenzen von Geich bei Zuelpich? Existiert es ausserhalb des Kopfes meiner verehrten Frau Mutter?

Beschaemend beglueckt

Heute hab ich einen Ghanaer so gluecklich gemacht, dass es mir peinlich ist. Ich habe meinen Lieblingsfahrer S. nach Ghanaischer Manier angerufen "just to greet", also um nur mal Hallo zu sagen. Wenn es Hierarchien gibt, dann gehen solche Telefonanrufe, die man in Ghana haeufig kriegt, immer von unten nach oben, die Kleinen wollen sich den Grossen ins Gedaechdnis bringen. Als Auslaender bekommt man viele dieser Anrufe und fragt sich am Anfang immer, was das soll, denn ausser "Hallo, wie gehts, gut, mir auch", ist da nicht viel Informationsaustausch. Bis man irgendwann versteht, dass das tatsaechlich einfach nur Anrufen zum Gruessen ist und irgendwie suess.

S. ist nicht mein eigener Fahrer (also keine offensichtliche Hierarchie) und wir sind fast so was wie Freunde. Als wir ein letztes Mal zusammen zu Mittag assen, bevor ich abreiste, erzaehlte er, wie ein ehemaliger Chef nach jahrelanger Zusammenarbeit zurueck nach Amerika gezogen ist und seitdem "ist der fuer mich tot, ich hab nie mehr was gehoert..."

Das hat irgendwas in mir bewegt und ich hab angefangen mir vorzustellen, wie das von der anderen Seite aussieht, wie die Ghanaer unsere Freunde werden, wenn wir vor Ort sind, und wir sind ein Teil ihres Lebens und wir helfen einander aus ernsthaften Problemen usw. und dann ziehn wir weiter, als sei nichts gewesen und sind fuer immer verschwunden.

S. haette vor Freude fast das Telefon verschluckt, dass nach all den Jahren, die er fuer die Weissen arbeitet zum ersten Mal einer aus dem Ausland anruft, einfach nur zum Gruessen, ohne jeglichen Auftrag, ohne Reiseankuendigung, einfach nur, weil ich an ihn gedacht hab...

Nach dem Telefonat war ich halb gluecklich. Zu anderen Haelfte kam ich mir schaebig vor, weil etwas, was fuer mich so billig ist, einem anderen so teuer ist und ich nun (und fuer immer) die Heldin der Welt bin fuer 10 Minuten am Telefon.

Montag, Oktober 15, 2007

Der Lohn der Angst

Meine Friseurin erzaehlt mir, wie man in Amerika fuer die Angst bezahlt. Dieses Wochenende faehrt sie mit ihren Freunden nachts in einen Wald, wo es von schrecklichen Gestalten nur so wimmelt. Die jagen einen mit Kettensaegen und Huibuuuh durch den Wald, dass es eine Freude ist. Aber wehe, man schlaegt zurueck. Das tat ihr Bruder einmal im Reflex und wurde schnellstens aus dem Gruselwald rausgeschmissen. Die Friseurin zierte sich reichlich und meinte, dass sie viel zu aengstlich sei fuer so einen Ausflug. Ihr grosser breitschultriger Freund war eindeutig die treibende Kraft bei dieser Art der Freizeitgestaltung und er freute sich schon darauf, sie vor den bezahlten Schelmen zu beschuetzen.

Ich stell mir dann immer vor, wie ich das meinen Jungs in Ghana erklaeren wuerde...

Geld loswerden?

Wie versprochen weiss ich jetzt, wie man sein Geld in die Fluten Nordghanas werfen kann (s.u. "Warum Volta-Hochwasser schlimmer ist als Elbe-Hochwasser"). Ein Freund erzaehlte am Telefon, wie sehr es ihn erstaunt, dass er mit Mary's Leben mitfiebert, obwohl er sie noch nie getroffen hat. Mary sitzt im weiterhin Trockenen, ich kann Euch beruhigen, denn ihr Haus ist am Hang gebaut und nicht am Fluss.

Falls sich Euer Herz (und Euer Geldbeutel haha) aber ebenfalls fuer die Tausende oeffnet, die nah am Wasser gebaut haben, kann Euch Nicky Ingarfield bei Action Aid (nicola.ingarfield@actionaid.org) weiterhelfen, die ein spezielles Konto fuer Nordghana eingerichtet hat. Da Ihr ohnehin eine eigene Referenznummer braucht, macht es keinen Sinn, dass ich die Bankinformationen hier ins Internet schreibe. Aber Nicky ist gerne bereit, Euch zu helfen, und fuer die von Euch, die nicht so gut Englisch schreiben, aber trotzdem gerne Geld loswerden wollen, denen helf ich gerne weiter.

Samstag, Oktober 13, 2007

Angst

Ich hab in Afrika Krokodile am Schwanz gepackt, die zweimal so schwer waren wie ich, bin allein oder mit Besatzung stundenlang ueber ungeteerte Strassen durch die Wildnis gebrettert, setze mich problemlos zum Haeuptling und seinen Stammesaeltesten und frage, was geht, ja wenn es sein muss, tanz ich sogar mit beim Regentanz.

Aber was mich wirklich einschuechtert, sind Frisoere. Also nicht solche wie der Tangolehrer, der war ja uncool. Aber Grossstadtfriseure, wo die Musik wummert und alle bauchfrei, gebraeunt und ueberschminkt sind, die machen mich stumm und lassen mich stolpern, ohne dass ein Hindernis im Weg waer. Ich fuehl mich als waer ich wieder 13. Und das war nicht mein Lieblingsalter... Heute hatte ich lange Zeit, darueber nachzudenken, denn die Straehnchen dauerten ewig. Wenn Sue, Jannett und Ken das wuessten, waeren sie vermutlich genauso erstaunt wie ich. Und nachdem mir klar wurde, was fuer ein Bloedsinn das ist, hab ich mit meiner Sue dann auch ganz normal geredet und sie hat sich benommen wie das Krokodil - sie hat gar nicht gebissen.

Zum Thema Krokodil muss ich der Ehrlichkeit halber hinzufuegen, dass es sich um ein zahmes, heiliges Krokodil handelte, das fuer jedes Foto mit einem Huhn gefuettert wurde und nicht so daemlich ist, die Hand abzubeissen, die es fuettert.

Eine Eva-foermige Nische im Universum gefunden

und es mir darin gemuetlich gemacht...

Ich fuehl mich so zu Hause, dass ich heulen koennte. Das Haus riecht wam nach dem Essen, das grade gekocht wird, die Mitbewohnerin und der beste Freund ueberfuellen die kleine Kueche, deshalb sitz ich am Esstisch, hoere Musik aus Mali oder so und schaetze mich gluecklich. Die beiden haben heute den ganzen Tag im Haus Regale gebaut und ab und zu hab ich sie unterbrochen, um sie zu fuettern. Dies hier ist keine spannende oder lustige Geschichte, sondern vor allem fuer die Leser, die mich gut genug kennen, um sich um mich zu sorgen: Ich bin mal wieder auf die Fuesse gefallen und habe eine kleine Insel der Seeligen um mich herum gebastelt, wo alle ein bisschen freundlicher zueinander sind, als in der wirklichen Welt, ganz wie in Accra und Bolgatanga, wo mir Taxifahrer Orangen schenkten und Assistenten versuchten, alle Probleme zu loesen, bevor ich sie seh...

Hintertreppenliebe

Unser Haus hat eine hoelzerne Hintertreppe, die in einen ueberwucherten Garten fuehrt (zum Thema ueberwuchert: Sonntag kommt Papa - nicht meiner - zum Rasenmaehen). Auf der Treppe kann man in der Sonne sitzen, eine Teigschuessel im Schoss und zaertlich den Hefeteig kneten. Und irgendwann wie eine Eidechse die Augen halb zufallen lassen, den Herzschlag verlangsamen und die Sonne trinken, waehrend der Teig machen darf, was ihm gefaellt.

Freitag, Oktober 12, 2007

Zurueck in Washington


Heute bin ich auf meine erste Party in Washington eingeladen. Dazu habe ich obiges Angeberbrot gebacken. In jedem Knubbel ist eine Olive versteckt. Die Strategie ist einfach: Wenn auch nur die Haelfte der Gaeste vom Angeberbrot genuegend beeindruckt sind, werden sie mich auf ihre naechste Party einladen wollen, obwohl ich langweilig bin, in der Hoffnung, dass ich wieder irgendwas Beeindruckendes backen werde, was ich natuerlich tun werde, denn wenn auf dieser Party wieder sagen wir einmal nur ein Drittel der Gaeste den Kuchen lecker finden... etc. Ihr seht, dies ist kein Brot, sondern eine Investition.
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Ausflug auf's Land


Auf dieser idyllischen Bruecke erzaehlte mir die Frau meines Kollegen: Und hier haben sie unter Pinochet immer die Leute zum Erschiessen hingebracht. Der Fluss ist hier so tief, dass er auch im Sommer nicht austrocknet, also haben sie die erschossen und von der Bruecke geschmissen. Wie die Tiere, sagt sie, wie die Tiere.
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Completo - Mit Alles


ist der ultimative Fastfood in Chile, eine Wurst im Brot plus Alles! Also Ketchup, Mayo, Tomate, Zwiebel, Avocado. Mindestens. Und meine Kollegen sagen: Geht auch vegetarisch. Also quasi: Bitte eine Currywurst ohne Wurst. Na dann...
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Wenn die schmerzensreiche Maria einem ein Gebet erhoert hat,

nagelt man ihr zum Dank eine Plakette an den Sockel - oder schmiert das Dankeschoen mit Edding an die Wand (in einer Kirche in Santiago de Chile)
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Coole Karren in Chile 1

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Coole Karren in Chile 2

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Coole Karren in Chile 3

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Sind sie nicht fesch


die feurigen Caballeros auf ihren heissbluetigen Roessern...?
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Der dramatische Performer (s.u.) hat mich an ein anderes Lieblings-T-Shirt von mir erinnert:


Ueber dem gekreuzigten Jesus steht: This I did for you (das hab ich fuer Dich getan).
Und darunter: And what have you done for me? (Und was hast Du fuer mich getan?)
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Dramatic Performer!

In meiner Sammlung eigenartiger Traeger eigenartig beschrifteter Kleidungsstuecke nimmt dieser dramatische Darsteller einen der forderen Plaetze ein...
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Fleisch ist ein Verbrechen


der arme Sprayer, der das in Talca an die Waende sprueht, einsam und allein mit seinem Saladito...
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Alles gut mit Mary

Gestern bin ich endlich zu Mary durchgekommen. Alles ist gut in Bolga. Mary geht nun wieder taeglich zu meinem alten Haus um fuer mein ehemalige Mitbewohnerin zu arbeiten. Und grade gestern hat sie ihren Mann in die Stadt geschickt um im Geschaeft nachzufragen, ob man denn wohl noch an ihrem Brot interessiert sei, sie sei bereit, wieder mit dem Backen zu beginnen. Mein Enkelkind ist wohlauf, die Schlaganfallschwiegermutter bessert sich von Tag zu Tag und Mary vermisst mich zum Heulen. Was soll ich sagen...

Donnerstag, Oktober 11, 2007

So ganz bestimmte Fantasien

Im Bus von Talca nach Santiago konnte ich mir nicht mehr helfen, ich hatte diese ganzen voll krassen Fantasien und vielleicht gibt's ja den ein oder anderen, der sich an den gleichen Dingen aufreizt und fuer Euch hab ich das aufgeschrieben:

Was ich kochen und backen werde, wenn ich wieder ein zu Hause hab:

Erbsen und Fruehlingskartoffeln geduenstet und dann zusammen in reichlich Butter mit viel Petersilie, wenig Minze und etwas Limettenschale geschwenkt. Dazu einen Quark mit viel Kresse und wenig Fruehlingszwiebel. Und einen Salat aus Moehrenstiften, Apfelstiften, Mandelstiften mit einem dezenten Dressing aus Limettensaft und zurueckhaltenden Oel, bestreut mit schwarzem und weissem Sesam.

Pflaumenchutney, wozu ich Pflaumen mit ganz kleingeschnetzelten Moehren, Kokosnuss (hauchduenn geschnitten und angeroestet), Ingwer, Zwiebel, Chilli und Cumin weichkoche und vielleicht ganz am Ende noch etwas frischen Koriander dazutu. Etwas Saures noch, falls die Pflaumen zu suess sind, Balsamico, Limette oder Zitrone. Wenn Limette dann auf jeden Fall Koriander. Das ganze hat wahrscheinlich einen so komplizierten Geschmack, dass ich das zu einem schlichten weissen Reis und geduenstetem oder pfannengeruehrtem Gemuese essen will, das noch knackt und in dem entweder Stangenselerie oder Fenchel eine wichtige Rolle spielen.

A propos Fenchel: Fenchel und Zwiebeln (etwa doppelt so viel Fenchel wie Zwiebel) in feine Scheiben geschnitten und mit Oel, Zitronensaft, koernigem Senf und ganz wenig Honig verwirbeln und im Ofen so lange backen, bis die Ecken und Kanten dunkelbraun sind aber noch nicht schwarz. Vor dem servieren mit Fenchelgruen, frischem schwarzem Pfeffer und zerbroeckeltem Feta bestreuen. Mit guten Pellkartoffeln oder Brot.

Eine grosse Schuessel Salat mit bitteren Blaettern und suess-sauren Fruechten. Dazu gegrillter Ziegenkaese auf Brot.

Ein warmer Salat aus Radiccio, die ganze Kugel in sechzehntel oder so geschnitten, die jeweils am Strunk noch zusammenhaengen. In Olivenoel oder Butter oder beidem angebraten, mit ein bisschen Zitrone betraeufelt und mit grobem Meersalz und gehobeltem Parmesan bestreut. Vielleicht ein paar ganze Kirschtomaten ebenfalls angebraten, bis die Schale braune Flecken hat und auf der ganzen Pracht verteilt. Dazu getoastetes feines Roggenbrot mit gesalzener Butter und Petersilie.

Frischer Rotkohl sehr fein geschnitten und in einer Pfanne rumgeruehrt, Mandeln und recht fein geschnittene weiche getrocknete Aprikosen dazu und mit Apfelsaft oder Cidre abloeschen und ein Bisschen einkochen. Vielleicht mit Nelke, aber nur einer ganz leisen Ahnung...

Kichererbsen in einer indisch angehauchten Tomatensauce, in der ich alles Gemuese verstecke, das noch in der Kueche rumliegt, inclusive ein oder zwei olle Kartoffeln, alles freundlich weich gekocht und ein ganz kleines Bisschen scharf, mit frischem Chappatti-Brot mit den Fingern zu essen.

Zum Nachtisch einen Pflaumenkuchen mit ganz duennem knusprigem Hefeteigboden und sehr sauren Pflaumen, dazu recht suesse Schlagsahne und guten altmodischen Filterkaffee mit Kaffeesahne wie bei OmmaausGeich.

Oder einen Kuchen, der unten anfaengt mit einem schlichten Muerbeteigtaler als Boden, mit schwarzer Schokolade bestrichen, darauf einen Huegel aus Vanillecreme und aufrecht in die Creme gestellt einen Wald von selbstgepflueckten Brombeeren.

(Das PS zu diesem Blog war mein Ueberfall auf einen Bio-Laden an meinem ersten Morgen in Washington. Danach hatte ich Haengearme wie ein Affe - von den schweren Taschen - und war 80 Dollar aermer...)

Dienstag, Oktober 09, 2007

Kein Bock mehr auf heimatlos

Jajaja, ich bin ja bereit, Washington zu meinem zu Hause zu machen. Von mir aus auch Frauwuellesheim oder Kinshasa. Wenn ich nur irgendwo endlich meinen Koffer auspacken und neue Freunde finden darf. Vor ueber einem Monat hab ich meine Haeuser in Ghana eingepackt und abgeschlossen und seitdem treibe ich mit meinem Koffer in der Welt herum, schlafe in Hotels und bei Kollegen, esse, was auf den Tisch kommt und fuehle, wie meine Haut duenner und duenner wird, weil sie sich vom Reisen abnutzt.

Morgen endlich werde ich in das Haus mit den zwei schuechternen Katzen, dem Gemuesegarten und dem besten Freund (der Mitbewohnerin) im Nachbarhaus ziehn. Und ich weiss, dass ich mich fuer dieses Haus entschieden hab, weil Tiere, Garten und bester Freund von so einem Vertrauen in die eigene Haeuslichkeit sprechen und das beruehrt meine Sehnsucht...

Montag, Oktober 08, 2007

Tengo gana

Im Spanischen hoert es sich komisch an, wenn ich sage, dass ich aus Ghana komme. Denn "gana" ist Begehren. Na gut, ich kann sagen "tengo gana de comer", "ich habe Lust zu essen". Aber "tengo gana" allein heisst einfach nur "ich habe Lust" im schlichtesten Sinne des Wortes. Wenn ich versuche, mit meinem verstuemmelten Spanisch zu erklaeren, dass ich in Ghana gelernt habe, scharf zu essen, liegt die Tischgesellschaft vor Lachen auf dem Boden, und ich hoere schnelle hin und her gedrehte spanische Wortspiele, in denen Begehren, scharf und was die Ghanaer mir so alles beigebracht haben, vorkommen. Da denk ich mal wieder: Manchmal ist das gar nicht so schlimm, wenn man nur die Haelfte versteht...

Zu stur zum Aussterben

Waehrend ich durch diese ehemaligen Kolonien hier reise, wird mir klar, was fuer Sturkoeppe die Afrikaner sind: Die lassen sich einfach nicht ausrotten. Waehrend die Ureinwohner Nord-, Mittel- und Suedamerikas sich von Kreuz, Schwert und Grippevirus so in die Ecke draengen liessen, dass die Spanier oder Amis inzwischen das Gefuehl haben, sie waeren die urspruenglichen Bewohner dieser Laender, waren die Afrikaner einfach zu robust. Wenn ueberhaupt wer wie die Fliegen starb, dann waren das die Kolonisatoren, die Malaria, Schlafkrankheit und Colera nicht vertrugen. Und mit all seinen Modernisierungen, Veraenderungen und Vergewaltigungen ist Afrika immer noch Afrika und wird hauptsaechlich von Afrikanern bewohnt...

Chile geht so:

Von links nach rechts: Argentinien, Anden, fruchtbare Ebene, Cordilieren, Strand, eiskaltes Meer. Talca liegt in der Mitte (also: fruchtbare Ebene) und diese Gegend ist nicht nur die Kornkammer, sondern auch der Obstkorb, der Weinkeller und die Gemuesekiste des Landes. In den letzten 20 Jahren hat sich die Landwirtschaft Chiles massiv veraendert und wo die Bauern fruehre vor allem Weizen und Mais anbauten, gibt es heute bluehende Landschaften - Obstbaumplantagen so weit das Auge reicht. Und Weinebenen. Ja, ich weiss auch, dass die Dinger bei uns Weinberge heissen, aber hier werden die Weinplantagen schlicht und flach in die Ebene gepflanzt. Traditionell hat das was damit zu tun, dass es im Sommer nicht regnet und dass es viel einfacher ist, die Ebene zu bewaessern, als die Huegel.

Samstag, Oktober 06, 2007

Friedlich

Obwohl wir erst um drei im Bett waren, bin ich um neun wieder auf. Vor allem, weil die Sonne so hell schien und so viel Bewegung um´s Haus war, dass ich dachte, es sei schon spaet. Meine Gastgeber ruhen noch und ich sitze in einer dicken Daunenjacke auf der Veranda in der Fruehlingssonne, in der Kueche kocht die Kuechenfrau einen grossen Topf voll Artichoken, der Gaertner reinigt den Pool und ich schreibe Tango-blogs in mein gelbes Notizbuch. Zwischendurch doese ich ein wenig und hoer den Voegeln zu. Ein Kaefer fliegt an meiner Nase vorbei, da hinten tollen die Pferde in der Sonne, die schuechterne Dogge will wissen, wer ich bin und am Horizont verschwimmen die schneebedeckten Berge im Dunst. Dann kommt die Kuechenfrau raus und fragt, ob ich vielleicht ein Kaffeechen will und meine Gastgeberin sagt, dass die Weinbertour fuer halb ein gebucht ist und wenn ich wiederkomme wird das Essen auf dem Tisch stehn. Und nachdem sie den Kaffee gebracht hat, kommt die Kuechenfrau noch einmal und sagt "Permeso. Un dulce." "Verzeihung, eine Suessigkeit!¨und bringt eines der Schokoladenpastetchen, die meine Gastgeberin selbst macht. Das verzeih ich doch gerne und frage mich, womit ich es verdient hab, dass es mir so gut geht...

So n Gefuehl

Salsa und Merengue sind sexy. Du wackelst mit den Hueften, er wackelt mit den Hueften und dann koennt Ihr ja sehn, was dabei rauskommt. Aber Tango? Nix da Hueften. Du lehnst Dich an eine starke Maennerbrust (wenn Du so klein bist, wie ich, ansonsten Maennerschulter), atmest ein und atmest aus und folgst ihm dahin, wohin er Dich fuehrt. Und fuer den kurzen Augenblick des Tanzes ist das wie Liebe, egal, ob es der massige Friseur im altmodischen grauen Anzug ist, der Eintaenzer in glaenzender Weste, der vom Tangolokal dafuer bezahlt wird, mit einsamen Frauen zu tanzen oder der schmalbruestige Junge mit den Aknenarben. So lange er nur gut riecht und weiss, was er tut.

Alles tanzt

Gestern waren wir in Santiago in der Tango-Bar und das war so:

Wie im Film.

Nicht wie in einem kitschigen Hollywood Film sondern wie in einem Dokumentarfilm, was natuerlich keinen Sinn macht, denn dann koennte ich natuerlich genausogut sagen: Wie in Wirklichkeit...

Alle waren da, in diesem schlichten niedrigen Raum an dem nichts besonders ist, ausser dem Boden und der Musik: Maedchen und Jungs im Kaputzenpulli, junge geschmeidige Schoenheiten in weichfallenden knielangen Kleidchen (meist im Arm eines mittelalten Herrn), lebenslange pummelige Paare, die so vertraut miteinander tanzen, als waeren sie eins und nicht zwei, ein verliebtes Paar, das nicht tanzen kann, es aber trotzdem mit viel Vergnuegen tut. Und weil nicht jeder alles perfekt tanzte, erlaubte ich mir auch, mich vom Eintaenzer, vom Friseur und vom Juengelchen ueber die Tanzflaeche schieben zu lassen und fuer einen Moment zu vergessen, dass alle mir beim Stolpern zusehn...

Freitag, Oktober 05, 2007

Da kommt Bewegung in traege Materie

Wie Ihr vielleicht mitbekommen habt (weil ich wenig Interessantes schreibe), ist meine Zeit hier in Chile vor allem Ahbeit, Ahbeit, Ahbeit. Abends geh ich ins Hotel, esse und schlafe. Kein Damenprogramm.

Aber! Auf los geht´s los! Dieses Wochenende wird genug Freizeit gestaltet fuer drei Wochen und das meiste davon hab ich einer Frau zu verdanken, die ich erst eine halbe Stunde kenne und die mir nichts schuldet: Die Tangotante!

Ich sitze im Zug nach Santiago, wo wir morgens unser letztes Interview machen werden. Heute nachmittag Stadtbummel, danach treff ich Soledad, die mich abends in ein Tango-Lokal ausfuehren wird (vor! meinem Treffen mit dem tanzenden Friseur), dann werde ich bei ihr uebernachten, Samstag morgen eine Weinbergfuehrung machen, dann vegetarisch (juhuu) zu Mittag essen, Tangostunde, dann wird sie mich in den Bus nach Chillan setzen, wo andere Kollegen auf mich warten, um mit mir auszugehn und am Sonntag eine Tour in´s Gruene zu machen. Danach brauch ich erstmal n Wochenende...
Jeder Tag sollte mit einer feurigen Liebeserklaerung beginnen. Z.B. heute morgen im Taxi. Der Taxifahrer gehobenen mittleren Alters, der sich bekreuzigt, bevor wir losfahren, versucht auf dem Weg zum Bahnhof ein wenig harmlos zu plaudern. Ich erklaere laechelnd, dass mein Spanisch winzig ist jaja und ich komme aus Deutschland soso und er sag mit einem stolzen Grinsen aus Deutsch: Isch liebe Disch.
Das ist ja an sich nicht ungewoehnlich. Schliesslich bin ich unwiderstehlich und ausserdem ist Isch liebe Disch der eine deutsche Satz den jeder kann.

Nachdem ich freundlich zu Ende gelacht hatte, waren wir einen Moment still und dann fragte er mich auf Spanisch: ¨Was heisst das eigentlich?¨

Als ich ihm das uebersetzte, war es ihm so peinlich, dass es schon suess war und ich sehr versucht war, zu gestehen: Isch liebe Disch auch!

Donnerstag, Oktober 04, 2007

Vorfruehlingsfreude

Stellt Euch vor, ich habe diese Jahreszeit vor drei Jahren das letzte Mal erlebt. Diese wunderbare Zeit, wo jeder Sonnentag ein seltenes Geschenk ist, die Kirschbaeume und alle anderen bluehn und die Luft voll ist von Verheissung. Natuerlich war es toll, in Ghana niemals zu frieren und die ewig langen grauen Duerener Winter hab ich auch selten vermisst. Trotzdem, mein mitteleuropaeischer Koerper fuehlt sich, als sei ich fuer drei Jahre aus der Zeit gefallen und nun wieder zurueck in der Realitaet. Obwohl das natuerlich auch eine Luege ist, denn wer hat schon Vorfruehling im Oktober...

Superschlau hilft nicht

Bauernschlau hilft.
Gestern haben wir zwei Interviews gemacht. Einmal mit einer Gruppe von Bauernvertretern und einmal mit Gesetzesexperten vom Landwirtschaftsministerium. Die Frage drehte sich darum, wer die Aenderung des Bewaesserungsgesetzes wie beeinflusst. Waehrend die Bauern das Roessel einspannen, sitzen unsere Ministeriumsherren in Gesetzesverhandlungen, also ist klar, wer uns mehr dazu sagen kann.

Jaaa. Denkste. Von den schlauen Herren haben wir vor allem gelernt, dass man das so oder so sehen kann, dass es wirklich drauf ankommt ob und eigentlich je nach Standpunkt auch genau andersrum sein kann, ausserdem sind sie natuerlich bei allem, was ausserhalb ihres Bueros passiert, auf Vermutungen angewiesen und dazu wollen sie sich lieber nicht hinreissen lassen.

Die Bauern dagegen haben uns den Gesetzgebungsprozess und die politischen Einfluesse praegnant schlicht und einfach aufgemalt, hatten hitzige Debatten darueber, wer denn nun am einflussreichtsten ist und fertig war der Kuchen.

Als der Tag vorbei war und wir erschoepft auf dem Ministerium stolperten, haben Carlos (mein Kollege und Uebersetzer) und ich erst mal laut gelacht, denn natuerlich sind wir als Forscher noch viel schlimmer als diese Beamten und kommen monatelang nicht in die Poette, waehrend die Bauern die Welt regieren und permanent pragmatisch und voller Selbstvertrauen Entscheidungen treffen und durchboxen.

Montag, Oktober 01, 2007

Selber schuld

Heute morgen bin ich ehrlicher mit mir und den Chilenen: Aus lauter Angst, sie koennten mich auf Spanisch ansprechen, und ich wuesste nicht, was ich antworten soll, laechel ich hier niemanden an. So ist das naemlich. Und ich boeser Mensch, mach sie dann hinter ihrem Ruecken (und natuerlich auf Deutsch) schlecht und beschwer mich, dass mich keiner anspricht, mit meiner Motzfresse. Also wirklich, dass ich mich nicht schaeme...