Samstag, April 07, 2007

Strom-Rechnung


Dieses Wort hat in den letzten Monaten hier eine andere Bedeutung bekommen. Um mich rum versuchen alle, mit den komplizierten regelmaessigen und zusaetzlichen Stromausfaellen Schritt zu halten und eine Formel zu finden, die ihnen hilft, den naechsten Tag oder die naechste Nacht ohne Strom vorauszusagen. Ich glaube, dass sich die Menschheit in zwei Gruppen aufteilen laesst: Die eine Haelfte bittet die Folterknechte um eine genaue Terminabsprache und einen detaillierten Folterplan im Voraus, damit sie sich schonmal darauf einstellen kann (Darauf einstellen? Wie soll das bitteschoen gehn? Vielleicht mit den mitgelieferten Daumenschrauben ein wenig rumspielen und sich mit dem Gefuehl anfreunden?), waehrend die andere Haelfte das Folter-lose Glueck geniessen will, als sei es endlos, und das Elend erst reinlaesst, wenn es an die Tuer klopft... Nein, meine Freunde hier verstehen nicht, warum ich mich der Strom-Rechnung verweigere...

Theoretisch haben wir glaube ich alle drei Tage abwechselnd eine Nacht oder einen Tag lang keinen Strom. Praktisch vergessen die Stromabschalter oft, das Ganze wieder anzuschalten und scheinen sich etwa so haeufig in den Tagen zu verzaehlen wie ich. Und dann gibt es noch tausend technische Gruende oder Ausreden, warum zwischendurch alles fuer ein paar Stunden stillsteht. Das Ganze wird damit begruendet, dass der Volta See (60% unserer Stromproduktion) zu wenig Wasser hat und Ghanas Wirtschaft zu schnell waechst und deshalb immer mehr Strom verbraucht. Naja, das Problem mit dem schnellen Wirtschaftswachstum laesst sich sicher damit eindaemmen, dass alle Fabriken, Bueros etc. regelmaessig lahmgelegt werden.

Accra ist in Stadtviertel aufgeteilt, die an verschiedenen Tagen abgeschaltet werden. Ploetzlich erhoeht es die Produktivitaet, wenn man weit von seiner Arbeit entfernt wohnt: Wenn im Buero kein Strom ist, fahr ich zum Arbeiten nach Hause. Schon lange beneide ich meinen Mitbewohner nicht mehr dafuer, dass sein Buero direkt um die Ecke ist. Aber ich kann kaum nachts zum Schlafen ins Buero fahren. Also versuche ich, so leicht im Bett zu liegen, dass ich die Matratze nicht beruehre, bade im eigenen Schweiss und hoere voll wuetendem Neid dem Laerm der Generatoren zu, die in der Nachbarschaft Ventilatoren, Klima-Anlagen und Gluehbirnen antreiben. Wenn in einer solchen Nacht auch noch die Froesche beschliessen, es ist Zeit fuer ein Gartenkonzert, dann... Ja was dann? Gar nix. Was soll ich dann auch tun? Dann lieg ich weiter im Schweisse meines Angesichts und schau der Zeit beim Verstreichen zu.

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