Mittwoch, September 21, 2005

Reibungsenergie

Deutsche sind nicht fuer Ghana gemacht. Und es ist irre, wie wuetend ich werden kann und dann doch das meiste in mich reinfresse, weil ich ja versteh, dass meine Freunde und Kollegen in ihrer eigenen Welt nichts verkehrt gemacht haben. Und dass Wutausbrueche hier sehr sehr ungehoerig sind.

Sagen: „Ich komm Dich so um vier Uhr rum besuchen.“ Um acht auftauchen als waer das normal.

Den Arbeitsplatz verlassen und nicht mehr wiederkommen. Spaeter am Tag sagt ein Kollege nebenbei: Ach, der hat doch Magenschmerzen und ist zu Hause.

Fuer einen Tagestrip nach Tamale (knapp 2 Stunden weg) fahren, meine Gaeste zum Flughafen bringen. Erst am naechsten Tag wiederkommen, aber vergessen haben, dass ich ausser dem Handy, das nie funktionniert, auch eins habe, das funktionniert, und einen Festnetzanschluss. Deshalb konnte er leider nicht anrufen um zu sagen, dass sein Magen ihn zu sehr plagt.

Mit Debbie in der Kneipe sitzen und die Kellnerin sagt, dass sie Debbies Auto kennt: Das ist doch das Auto, mit dem Francis immer kommt. Francis ist Debbies Nachbar und arbeitet dies und das fuer sie. Unter anderem putzt er ihr Auto und kriegt dafuer die Schluessel. Sie unterstuetzt ihn dabei, seinen Fuehrerschein zu machen. Als sie ihn darauf anspricht, ist er ganz verwirrt: I thought it was ok, I thought you were like my mom (Ich dachte das waere ok, ich dachte Du waerst wie meine Mama).

Ich beobachte meine Wut und versuche zu verstehn. Ich wuerde ja nie verlangen, dass mein Assistent hier mit Magenkraempfen sitzt und arbeitet. Und mir ist egal, ob meine Freunde mich nun um vier oder acht besuchen. Es ist nicht die Tat, es ist das Wort. Meine Arbeitnehmer kriegen alles von mir – wenn sie mich nur fragen. Und erstaunlicherweise moechte ich jedes Mal wieder gefragt werden. Jedes Mal wenn ein kleiner Bruder mit seinem halben Haushalt in meinem Auto mitfahren will, macht es mich wahnsinnig, dass sie sagen: „Der kommt mit!“ und nicht „Koennen wir den mitnehmen?“ – obwohl ich auf diese Frage jedesmal „ja“ antworten wuerde.

Ich kenne viele sachliche Gruende, warum das Leben einfacher wird, wenn man sich verstaendigt, wenn ich nicht vier Stunden im Haus sitzen bleibe und auf Besuch warte und wenn ich mit meinem Auto oder meinem Mitarbeiter rechnen und planen kann. Aber die Wut kommt nicht daher, dass das unpraktisch ist. Sondern unhoeflich.

(Und ich vermute, wenn meine Nachbarn gestern nachmittag gesagt haetten: Hoer mal, wir haben ne Party, koennte etwas laut werden, willst Du vorbeikommen? – dann waer das vollkommen ok gewesen. Die Fakten waren die gleichen: Mary hatte mich schon am Nachmittag gewarnt, es wurde etwas laut und ich bin sicher, dass ich herzlich willkommen gewesen waere, wenn ich hingegangen waere...)

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