Dienstag, Juni 26, 2007

Noch nicht ganz verschollen...

Wie eine bleierne Ente in der Waschmaschine beim Schleudergang. So geht's mir, danke der Nachfrage. Besuch von Kollegen, Bossen, Anopheles Muecken und dem ganzen Rest, machen es mir leider im Moment unmoeglich, regelmaessig Bericht abzugeben. Aber ich schwimme noch. Und ab und zu wird das Wasser abgepumpt und ich kann Luft holen, fuer die naechste Runde. Lustiges wieder, wenn ich Zeit zum Lachen hab (dito zum Thema Trauriges).

Freitag, Juni 15, 2007

Heimatgefuehle fuer den irischen Hausgast


Gestern abend waren Susan und ich gar zu schwach. Anfang der Woche hat sie mich mit den Verlockungen der Arztseriensucht bekannt gemacht, so dass wir jeden Abend eine Verabredung mit unseren neuen Freunden aus dem Trainingskrankenhaus in „Greys Anatomy“ hatten. Nun haben wir gestern die letzte DVD gesehn und der Abend hatte noch nichtmal wirklich begonnen. Um auf gleichem Niveau weiterzumachen, sind wir in die Englische TexMex Kneipe gefahren, wo man Tortillas mit Kaese ueberbacken isst, Fussballfahnen von der Decke haengen und jeder Abend einer bestimmten Unterhaltung gewidmet ist. Ich war schon froh, dass Donnerstag Quiz-Night ist und nicht Karaoke.

Zielsicher platzierte Susan uns an einem Tisch mit zwei kettenrauchenden taetowierten working-class Englaendern fortgeschrittenen mittleren Alters. Waehrend wir versuchten, ihnen bei Fussball- und Musikfragen irgendwie behilflich zu sein, assen wir junkfood, tranken die dazu passenden Getraenke, rauchten passiv bis zum Umfallen und lachten darueber, wie gut das manchmal tun kann, einen Abend auf Urlaub von Afrika zu gehn. Und an einem Tisch zu sitzen, wo keiner damit angibt, wer er ist, was er hat und kann.

Ok, meine Versuche, mit meinem Tischnachbarn ein Gespraech zu beginnen, waren nicht sehr erfolgreich: „Und was machst Du hier in Ghana?“ Pause. Noch ne Pause: „Das, was Du hier siehst: Rauchen, trinken, essen. Das Leben geniessen. Nicht mehr.“ Noch ein paar Pausen. Susan kam mit ihrem Gegenueber weiter. Der arbeitet seit 26 in der Tropenholzindustrie. „Aber in Ghana ist nicht mehr viel Wald uebrig,“ sagt er, „das haben wir alles abgehackt.“ „Und dann?“ „Then we chop down Liberia – Dann hacken wir Liberia kurz und klein,“ sagt er und lacht.

Donnerstag, Juni 14, 2007

Besonders clever


Heute hab ich ins Buero einen schoen warmen Wollpulli angezogen. Und fuehlte mich besonders clever. Zumindest einen Augenblick lang. Ich hatte etwa zwanzig Minuten Stau hinter mir, als mir einfiel, dass heute im Buero Stromausfall ist und deshalb alles mit Generatoren angetrieben wird, die nicht stark genug sind, um die Klima-Anlage anzuschmeissen. Nun kann ich also ganz ganz sicher sein, dass ich heute im Buero nicht friere. Und wenn ich was zu lachen brauch, schau ich einfach in den Spiegel, wische mir den Schweiss von der Stirn und sage Hahaha.

Heimfahrt durch nen Kinderwitz


Kennt Ihr den, wo ein Mann nach einem Landregen durch ein Dorf faehrt und eine riesige Pfuetze sich ueber die Dorfstrasse erstreckt? Er hat Angst um sein Auto und fragt einen Bauern, wie tief das Wasser sei. Der Bauer brummt: „Nich tief, fahrnse ruhich durch.“ Als das Auto bis zum Hals im Wasser versinkt, wundert sich der Bauer: „Komisch, meinen Enten ging das Wasser nur bis zur Brust.“

Dieser Witz ist, wie es sich fuer einen Kinderwitz gehoert, ohne Sex und nicht sehr witzig. Er verliert jeglichen Hauch von Lustigkeit, wenn ich nach der Arbeit in Daemmerung und stroehmendem Regen durch Accra nach Hause fahre.

Accras Abfluss-System besteht groesstenteils aus offenen, zementierten Strassengraeben, die in regelmaessigen Abstaenden von Muell und Aas und sonstnochwas verstopft sind. In der Regenzeit ertrinken regelmaessig Leute in Ueberschwemmungen, die leicht zu verhindern gewesen waeren. Wenn es hell und trocken ist, fahr ich Slalom um Schlagloecher, die einem ausgewachsenen Schwein bis zur Brust gehn wuerden und in die man 33 Enten stapeln koennte. Jede der meterlangen Wasserflaechen, die die duesteren Stassen nach dem Regen bedecken, kann deshalb so ein Dorfteich sein.

Also: An einsam ueberfluteter Strassenecke auf Gegenverkehr warten. Wenn die den Teich problemlos durchfahren haben, Strassenseite wechseln und genau da langfahren, wo das entgegenkommende Taxi nicht ertrunken ist. Keine Experimente. Mein Auto ist kein Fliewatuet.

Mittwoch, Juni 13, 2007

Aura-Fotografie


So seh ich aus, wenn ich einen Tag in meinem Buero in Accra gearbeitet hab... Alles frisch?
Posted by Picasa

Sommerjob in der Eisdiele in Accra


Draussen is es lecker warm. Die Sonne scheint (Ach. Is ja auch Afrika.) irgendwo in den angenehmen dreissigern. Ghana ist seit ueber einem Jahr in nationaler Energiekrise, weil der Volta-Stausee leer laeuft und einfach nicht genug produzieren kann, um die boomende Wirtschaft am Laufen zu halten. Alle drei Tage zwoelf Stunden Stromausfall.

Aber die Ghanaer bemuehen sich redlich, den Verlust in den zwei Tagen dazwischen aufzuholen. Also stellen sie die Klima-Anlage im Buero (meiner ganz persoenlichen Eis-Diele) auf 19 Grad und ich verfluche mich, dass ich meine Wollsocken zu Hause vergessen hab. Das Einzige, was da hilft, ist sich ans Fenster anzukuscheln. Zum Glueck haben die Bueros hier alle komplett undichte Fenster, die aus einzelnen schmalen Klappscheiben bestehen, die man so wie Jalousien oeffnet und schliesst.

In Anlehnung an meinen Vater frag ich mich nur: Mensch, wollt Ihr denn ganz Ghana kuehlen? Dann braucht Ihr Euch nicht wundern, wenn Euch der Strom ausgeht.

Dienstag, Juni 12, 2007

700

Dies ist Eintrag 700! Und er enthaelt keine Geschichte und spielt nicht in Afrika. Weil ich meiner Sprachheimat so fern bin, kann ich meinen neusten Schuettelreim hoechstens mit einem lachenden Herrn F am Telefon teilen. Und mit Euch:

Der Koch landet nen Volltreffer
Einhorn-Soufflee mit Trollpfeffer!

Donnerstag, Juni 07, 2007

Die Blumen waren so widerspruechlich

Spam-Poesie. Ich versteh ja schon, warum jemand den Aufwand betreibt, Spam zu versenden, wenn einer seine Penisverdickerungspillen oder seine boesartigen Viren unter's Volk bringen will, von mir aus (obwohl ich mit beiden nicht viel anfangen kann). Aber unter obiger Ueberschrift bekam ich heute folgende mail und das einzige Ziel, das ich hier erkennen kann ist die Verbreitung von Dada-Poesie. Oder kann mich jemand aufklaeren und mir sagen, wofuer dies gut sein soll:

der mineralbusiness entwickelt sich schnell!
sehen sie es am donnerstag 7. juni!

entreprise: harri expl inc
letzt. schlu?k: 0.45
5-t.ag prog.: 1.80

k,?rzel: e f d
w-k,n : a 0 h 0 5 q

verlieren sie keine moglichkeit
kau-fen vor es sehr spat wird

300-400 Interessen in folgenden 5t
fugen sie efd in ihre liste am
donnerstag 7. juni!

MXge deine Freundschaft mein Lohn sein. Die frische Nachtluft wird mir gut tun.

Der Einfall mit den Elefanten brachte ihn zum Lachen. Vater vor allen, den.
Sich der kleine Prinz, niemanden zu sehen. Auch hierin werde ich von dir lernen.
War sein Durst, dies sein Leiden. Dieser Kampf der Schafe mit den Blumen soll unwichtig sein.


Technikfolgeschaeden


Ganz frueher musste jemand, der einer Frau was Unangemessenes zufluestern wollte, sich ganz nah an das jeweilige Ohr heranschleichen. Damit riskierte er eine Ohrfeige oder schlimmere direkte Reaktionen. Das ist natuerlich wirklich ganz lange her, denn spaetestens mit Erfindung des Briefes konnte der furchtsamere Belaestiger schriftlich belaestigen. Andererseits wuenscht er sich moeglicherweise ein wenig direkte, wenn auch entfernte, Reaktion. Das erklaert die Hochkonjunktur des anonymen ins Telefon Stoehnens.

Aber die perverse SMS? Das hat weder den Stil eines Briefs noch die aengstigende Direktheit von Telefonueberfaellen. Das ist schlichtweg peinlich. Ich habe seit vielleicht einem Jahr einen perversen SMS Schicker – nicht anonym, denn ich hab diesen Kerl als den Bekannten eines Bekannten (Englaender, Amerikaner oder so...) einmal getroffen und aus irgendeinem Grund haben wir Telefonnummern ausgetauscht.

Nun schickt er mir alle zwei Monate oder so einen sehr flachen irgendwie sexuellen Witz, ein oder zweimal mitten in der Nacht und bestimmt besoffen eine recht direkte Beschreibung moeglicher gemeinsamer Aktivitaeten (also, was er sich vorstellt, was moeglich waere). Bei 120 Zeichen geht das aber ueber einen Quicky nie hinaus... und irgendwie werd ich das Gefuehl nicht los, dass er die gleiche SMS an alle Frauen in seinem Telefonbuch gleichzeitig schickt. Nicht dass mich das eifersuechtig machen wuerde. Meine Strategie ist: Ignorieren. Das geht bei SMS viel besser als beim direkt ins Ohr fluestern. Ich muss mir keinen fremden Speichel von der Schulter wischen. Und ich bin froh, dass man mich mit meiner Handy Nummer allein nicht aufstoebern kann.

Mittwoch, Juni 06, 2007

„Wachet auf! Ruft Euch die Stimme!


Der Waechter ist’s auf hoher Zinne!“ wenn Ihr das seid, was Ommaausgeich „gute Christenmenschen“ genannt haette, dann koennt Ihr hier mitsummen und wisst, dass der naechste Vers uns verraet, wer oder was aufwachen soll: Die Stadt Jerusalem.

Womit bewiesen waere, dass der fadenscheinige Krawallhannes, der mich (und alle anderen) heute morgen um halb fuenf aufgeweckt hat, kein guter Christenmensch ist und ausserdem seine Psalme mal genauer lesen sollte. Da steht wohl nicht: Wach auf Du Stadt Bolgatanga.

Heute morgen dachte ich mit Wehmut an die Deutschen Schrebergaertner und Nachbarschaftsstreiter, die bei jedem lauten Pups die Polizei rufen und eine Anklage wegen Laermbelaestigung erheben wollen. Natuerlich hab ich das in Deutschland noch nie selbst gemacht und auch immer verachtet. Was ich dabei uebersehen hab, ist dass Karl Huber und Franz-Joseph Schneider die wahren Helden des stillen Alltags sind. Denn nur weil jeder ihre Anzeige und ihre Rechtsschutzversicherung fuerchtet, passiert es bei uns doch aeusserst selten, dass jemand frueh morgens dem Auftrag des heiligen Geistes gehorcht und aus dem Stehgreif ein Stuendchen oder zwei lautsprecherverstaerkt das Wort Gottes in die Wohngegend bruellt. So laut, dass bei mir selbst noch mit geschlossenen Fenstern und Ohrenstoepseln Bekehrgefahr bestand.

Aber zum Glueck ist mein Frafra nicht gut genug, um den Prediger zu verstehn, so dass ich dieser Bekehrung knapp entgangen bin. Morgenmuffel der ich bin, faende ich das auch aeusserst unpraktisch, zu einem Glauben bekehrt zu werden, der fruehmorgendliches Bruellen erfordert.

(Was ganz was anderes: Mein kanadischer Mitbewohner in Accra hat Deutsch gelernt. Er bezeichnet sich selbst jetzt immer selbst als Morgenmuffin.)

Mary laechelt


Ach was, Mary lacht so aus sich raus, dass sie fast stolpert. Gestern fragte ich sie: „Mary, bei Dir zu Hause, wie kochst Du da, Kohlenpoette?“ „Ja, Kohlenpoette.“ „Wenn ich aus Ghana weggeh, willst Du dann meinen Herd haben?“ „A! Sista Eva! Meinst Du das ernst?“ und ihre Stimme ueberschlaegt sich. „Als Du mir letztens (das muss zwei Jahre her sein) erzaehlt hast, was so ein Herd kostet, hab ich noch gedacht: Ach, klein Mary wird sich so nen schoenen Herd niemals leisten koennen, drei Millionen! Eine der Nachbarinnen sagt immer: Warte nur ab, wenn die weisse Frau nach Hause geht, wirst Du ganz viele Sachen kriegen! Aber Eva, da hab ich immer an die Teller und Tassen gedacht, und mich darauf gefreut.“ Vor lauter Freude haben wir die Haelfte meiner Mittagspause verkichert und sie hat grosse Geschichten aus dem wilden Kumasi erzaehlt.

Etwas ernster wurde es, als wir ein wenig ueber ihre Zukunft sprachen: Wenn ich weg bin, will sie den Ofen in der Innenstadt bei ihrer Mutter in den Hof stellen, eine Frau anstellen, die Fleischpasteten backen kann und so die Produktionslinie erweitern. Ich versuche, ihr ein wenig ins Gewissen zu reden zum Thema: „Wenn Du mal gross und erfolgreich werden willst, brauchst Du eine Vision!“ Da merkte ich, was fuer nen Quatsch ich da eigentlich erzaehlte und kriegte die Kurve grade noch. Als ich einen Satz mit: „Wenn Du ein ordentliches Leben fuehren willst und alle Deine Kinder zur Schule schicken...“ fingen Mary’s Augen ploetzlich wieder an zu glaenzen und sie nickte wie wild: „Genau! Das will ich!“

Montag, Juni 04, 2007

Einmal anfassen?

Chef sein in Afrika ist super. Man hat so ein ganz familiaeres Verhaeltnis zu seinen Angestellten und das ist gar nicht so unpersoenlich wie zu Hause. Wie toll, wenn ich gleichzeitig eine Art Mutter fuer meine Angestellten sein kann. Gestern zum Beispiel kam mein Wachmann zu mir und erzaehlte mir ausfuehrlich, warum es ihm im Moment nicht so gut geht, er habe da so eine Beule am Hintern, die ist jetzt schon sooo gross und ganz hart und voll mit so nem Zeug und wenn diese Beulen wachsen, dann hat er ploetzlich so Schweissausbrueche und so’n Zittern. Nein, im Krankenhaus war er damit noch nicht, da spritzen die einem was, das hilft aber nicht, statt dessen nimmt er nun dies und jenes Medikament. In so ner Situation wuerde ich meinem Wachmann gerne einen Tele-Arbeitsplatz in Timbuktu anbieten, nur um der Gefahr zu entgehn, dass er die Hosen runterlaesst und sagt: „Madam, guck doch mal, vielleicht kannst Du meine Hinternbeule ja behandeln.“

Samstag, Juni 02, 2007

Spirituelle Kammerjaeger


Als ich Mittwoch von der Arbeit nach Hause kam, fand ich folgenden Brief von Mary:

Please sister Eva am sorry to inform you I will be going to Kumasi tommorow I had a call this afternoon from Evans he is in Kumasi with they Mother. For prayers and the pastor said he have to pray for all they familly member to cast the demons in they family because they is always war in the family sister Eva please forgive me I will be back on Friday. See you Mary your girl.

Bitte Schwester Eva tut mir leid Dich zu informieren dass ich morgen nach Kumasi fahren werde ich hatte heute nachmittag einen Anruf von Evans (ihr Ehemann) er ist in Kumasi mit ihre Mutter fuer Gebete und der Pastor sagte er muss fuer alle Familienmitglieder beten um die Daemonen aus der Familie auszutreiben denn da ist immer Krieg in der Familie Schwester Eva bitte vergib mir ich werde Freitag wieder da sein. Bis dann, Mary Dein Maedchen.

Zu erst war ich verwirrt. Dann hab ich gedacht: Jaja, zu schwanger um zu kehren, aber auf nem Lastwagen durchs halbe Land fahren geht. Und dann hab ich mir die Daemonen vorgestellt... So kleine boesartige spirituelle Ratten, die alles anfressen und die Pest ins Haus bringen. Wenn ich Daemonenratten im eigenen Haus haette und Staub in Evas Haus und muesste mich entscheiden, worum ich mich als erstes kuemmer... Dann kann der Staub tatsaechlich mal ein paar Tage warten.

Huhn oder Ei oder wer


... war denn jetzt zuerst da? Hier in Bolga laufen so viele mad people rum, also Verrueckte. Wenn ich frage, was mit denen los ist, warum die halbnackt und verwirrt durch die Strassen irren, sich die Ohren zuhalten und mit sich selbst oder dem Himmel reden oder einfach nur strassengrabenfarben unbeweglich in der Ecke sitzen, sagen die Ghanaer: Das kommt vom Kiffen. Wenn man zu viel kifft, wird man so.

Dass das irgendwie nicht stimmen kann, war mir schon klar, es sei denn, hier wird ein ganz anderer Stoff geraucht als zu Hause. Aber gestern hat eine kanadische Bekannte mir die Geschichte endlich vom Kopf auf die Fuesse gestellt: Leute mit Psychosen und aehnlichen Problemen versuchen, sich irgendwie selbst zu behandeln und ihr Leiden zu erleichtern. In einer Welt in der Psychopharmaka und Therapien nicht vorkommen, kann Haschisch das gequaelte Hirn ein wenig beruhigen und dem Schmerz die Kanten nehmen.



Aber andersrum (die werden vom kiffen irre) eignet sich die Geschichte natuerlich viel besser, um die Jungs und Maedels hier zu Wohlverhalten zu animieren...