Montag, Mai 08, 2006

Die Kranken Haeuser

Ich bin immer noch unglaublich gesund aber trotzdem hat es mich in den letzten Wochen ab und an in Bolgas Krankenhaus verschlagen: Beim Ausgehn aufgesammelte Motorradunfaelle, naechtlich akkut werdende Malaria einer Kanadierin ohne Auto, der Unfall des Bruders der Freundin einer Freundin…

Wie ist das? Es stinkt nicht. Es hat einen sehr ausfuehrlichen ausgefeilten buerokratischen Prozess, bei dem man immer wieder zurueck zum Kassenhaeuschen muss, um zu bezahlen und dann mit einem Zettelchen zum naechsten Behandler geschickt wird. Es ist sehr langsam und alle sind sehr unhoeflich.

Aerzte schicken uns ins Labor, als wir reinkommen bruellt der Laborchef grade durchs Wartezimmer: “Aha! Schwangerschaftstest!” Damit es alle hoeren. Das junge Maedchen wuerde erroeten, wenn es nicht so schwarz waere. Dabei kaut er unentwegt berauschende Kolanuesse und hat gelbe Kolaknuesel zwischen den schlechten Zaehnen. Stromausfall, der Laborchef schmeisst alle raus: “Kommt zurueck, wenn wieder Strom da ist.” Dann kriegt man einen Schmierzettel mit Ergebnissen, z.B. + + + , den zeigt man dem Arzt, der eine Behandlung anordnet und einen rausschmeisst. Keine Erklaerung. Auf dem Flur hoere ich, eine Schwester das Maedchen mit dem Schwangerschaftstest anschnauzt: “So. Schwanger! Wegmachen oder Behalten?”

Der Bruder der Freundin meiner Freundin ist nachts ohne Helm mit dem Motorrad verunglueckt, lag ein paar Stunden im Graben, bis sie ihn fanden, wurde bewusstlos ins Krankenhaus transportiert und niemand wusste, wer er war. Schliesslich erkannte ihn eine der Schwestern und benachrichtigte die Familie. Als die am naechsten Tag kamen, lag der Junge so da, wie sie ihn gefunden hatten, in Blut und Schmutz und Bewusstlosigkeit.

Das ist hier normal, alles, was ueber Klemptnerarbeit am Koerper hinausgeht, ist Sache der Familie, also verbringt irgendein Familienmitglied die Tage zwischen Krankenhaus und Kueche, bereitet Essen zu, waescht den Kranken, pflegt ihn und laesst sich von den Schwestern anranzen. Der Bruder ist schliesslich wieder aufgewacht und beginnt langsam, sich an sein Leben vor dem Unfall zu erinnern. Sie vermuten einen Schaedelbruch, koennen in Bolga aber keine weiteren Untersuchungen vornehmen. Wenn die Familie 5 Mio Cedis (500 Euro) zusammenkratzen koennte, haetten sie einen Krankenwagen nach Kumasi bezahlen koennen, wo es bessere medizinische Geraete gibt. Da das viel zu viel Geld ist, hatten sie nun geplant, den Jungen gemeinsam mit seiner Schwester in ein Trotro (Kleinbus mit lebenden Ziegen auf dem Dach) zu verfrachten. Letztlich hat Debbie sich wohltaetig erwiesen und ihrer Freundin ihr Auto geliehen.

Unsere Putzfrau kam heute in ihrer besten Sonntagskleidung zur Arbeit und hatte ein Maedchen im Kirchenkleid mit zugeschwollenen Augen im Schlepptau. Ihre Tochter, mit der sie heute ins Krankenhaus gehen wollte. Aufgeputzt, in der Hoffnung, so von den “Offiziellen” ordentlicher behandelt zu werden. Die Leute hier finden das unerquicklich aber normal, wie schlecht sie im Krankenhaus behandelt werden. Ein Freund sagt: “Manchmal schlagen die Schwestern die Patienten auch…. Zum Beispiel wenn die ihre Pillen nicht nehmen…”

Keine Kommentare: