Dienstag, April 29, 2008

Schoen und schrecklich

In der franzoesischen Altstadt (French Quarter) ist New Orleans so schoen und alt und eigenartig mit Balkonen wie Haekelspitze, von denen die Topfpflanzen ueberschwaenglich runterranken, ausladenden Baeumen, Voodoo-Kram an Treppengelaendern oder in Baeumen, hervorragendem Essen (einen Fisch hab ich in andaechtigem Schweigen verzehrt vor lauter Begeisterung), Musikanten in jeder Ecke und entsprechend vielen Touristen, die sich netter Weise vor allem auf den zwei Hauptstrassen tummeln, so dass wir in der naechsten Nebenstrasse schon wieder verzaubert sind.

Aber ins Herz getroffen hat mich die Stadt erst, als wir Sonntag Morgen die Spuren von Katharina suchen und mit dem Auto in die Gegenden fahren, wo der Hurrikan vor drei Jahren die schlimmsten Verwuestungen angerichtet hat. Selbst vor der Flut war das hier runtergekommen, winzige billige Holzhaeuser, die ein Sturm so leicht zusammenfalten kann. Da, wo der Damm brach, kann man durch gruene Wiesen und Buesche fahren und wenn man genau hinschaut, sieht man noch die Fundamente, die Einfahrten der Haeuser, die hier mal gestanden haben. Noch viel trauriger aber ist die Gegend, wo die meisten Haeuser noch stehen, einige Besitzer haben es sich leisten koennen, ihr Haus wieder aufzubaun, viele Huetten stehn aber wie Altersschwache Gerippe verlassen und ueberwuchert in der Nachbarschaft, an einigen Haeusern wird gearbeitet.

Wenn ich mit Leuten in New Orleans ueber den Hurrikan rede, muss ich an New York denken, wo jeder Dir genau sagen kann, wo er war, was er tat und was er verloren hat, als die Flugzeuge in die Twin Towers flogen. Natuerlich ist eine Naturkatastrophe etwas ganz anderes, aber auch hier hat jeder seinen eigenen Schock, wenn ich Leute danach frage, reden sie ploetzlich mit so einer emotionalen Intensitaet, selbst wenn sie nicht sehr persoenlich werden. Und sie wissen, dass viele dieser besonders tief gelegenen Gegenden der Stadt letztlich nicht zu retten sind. Deshalb kann ich mich nicht entscheiden, ob ich ueber die Menschen heulen soll, die ihr Heim verloren haben und entwurzelt in einer neuen Nachbarschaft leben, oder ueber die, die zurueckgekommen sind und trotzig unter dem Meeresspiegel ihr Haus wieder aufbaun, mit Gottvertraun oder Verzweiflung den Tisch im Angesicht ihrer Feinde bereiten...

Als wir von hier wieder zurueck in die Innenstadt fahren schuettel ich meinen Kopf wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt, weil ich den Sprung von der dritten in die erste Welt in dieser Geschwindigkeit kaum ertragen kann.

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