Freitag, Januar 27, 2006

Paradies ist anderswo

Meine Eltern schreiben entsetzt: Du warst gar nicht in unserem Paradies. Das ist nebenan und viel schoener. Ohne fiese Raeume und freche Preise. So ein Mist. Ob ich 4000 Dollar kriege, wenn ich zurueck auf Los geh und nochmal anfange?

Mittwoch, Januar 25, 2006

Aeaetzesupp (Erbsensuppe)

Die Wissenschaftler unter Euch wissen, dass unsere Arbeit wenig Denken erfordert. Die meiste Zeit schieben wir Erbsen hin und her, und schreiben auf, wie das aussieht. Als Forscherin in einem internationalen Projekt verbringe ich auch viel Zeit damit, Reiseagentur fuer anderleuts Dorfbesuche zu sein. Und da ich in Afrika bin, geht einige Zeit dafuer drauf, das Buero renovieren zu lassen, Kontakte mit Wichtigen zu pflegen und bestimmt eine Stunde jedes Tages brauche ich allein fuer Begruessungen.

Aber dann, einmal im Jahr: EIN NEUER GEDANKE. Das ist ein Fest. Der Erbsenkopf explodiert und die Erbsensuppe spritzt nur so durch’s Buero. Vorgestern hatte ich so einen Gedanken, und ich bin immer noch auf Drogen. Innerhalb einer halben Stunde habe ich eine neue Methode entwickelt (eine Weiterentwicklung meines Power-Games aus der Doktorarbeit), meine Forschungsfrage und einen Arbeitsplan aufgestellt und meinen Schreibtisch fuer mindestens ein Jahr mit Erbsen gefuellt. Wie gut, dass morgen meine Chefin kommt.

Dienstag, Januar 24, 2006

Kein Maggeln! Kein Rauchen! Nicht in der Gegend rumspucken!

 
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Statuspipi

Wenn es ein Thema in Ghana gibt, ueber das ich einen kompletten Roman schreiben koennte, dann ist das Toilettenverhalten. Zu unseren neuen Bueroraeumen gehoeren drei Toiletten, die ausschliesslich fuer unsere Bueros zustaendig sind. In Deutschland bekaemen die Tueren folgende Schilder: Damen, Herren, Privat. Wobei nicht klar ist, ob “privat” bedeutet: “Was fuer ne freche Frage, mein Geschlecht ist ja wohl meine Privatsache!”…

Unsere Loesung hier foerdert die Gleichberechtigung zwischen Maennern und Frauen, gleichzeitig ist sie diskret: Niemand muss zugeben, dass er ein Mann ist, nur um pinkeln gehen zu duerfen.

Das geht folgendermassen:
Toilette 1 ist fuer die Chefs (2 Maenner und ich – mein Geschlecht ist Privatsache)
Toilette 2 ist fuer die Untergebenen (2 Maenner und 1 Frau)
Toilette 3 ist fuer Gaeste

Alle drei Toiletten haben keine Schilder, so dass nur Eingeweihte statusgerecht pipimachen koennen.

Bessere Menschen als ich

Grade wurde mir im Gespraech klar, dass einige meiner weissen Bekannten mich fuer ziemlich harsch halten. Der Grund ist, dass es bei mir nichts umsonst gibt. Ich spuele Mary nicht die Teller und nehme niemanden Huckepack, der gehen kann. Sollte ich meinem Assistenten einen Wurstmacher in Accra finden, bei dem er eine Woche ueber die Schulter schauen kann, dann werde ich den Kontakt machen und ihm ne Woche frei geben, wenn es ruhig genug ist. Aber ich kaeme nicht auf die Idee, ihm die Reise zu bezahlen, weil ich weiss, dass er das selber kann. Und so finde ich es erstaunlich, dass ich meinen Gaesten erklaeren muss, dass sie Mary beleidigen, wenn sie ihr die Arbeit wegnehmen. Mich verwirrt, dass sie denken, sie sind bessere Menschen, weil sie Mitleid mit Leuten haben, die sehr gut ohne dieses Mitleid klarkommen.

Montag, Januar 23, 2006

Kroeten lungernd

 
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Kroeten kungelnd

 
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Hau den Kroeten auf die Kloeten!

Haben Kroeten ueberhaupt Kloeten? Wie auch immer, mein Haus hat eine Kroetenplage und bei dieser grossen Anzahl ist es eine zu zeitaufwaendige Loesung, jede einzelne umzudrehn, rauszufinden, ob sich da irgendwo eine Maennlichkeit versteckt, auf die draufzuhauen vielleicht eine Genugtuung aber doch irgendwo ekelhaft und ausserdem unfair waere. Noch dazu essen sie ja ganz brav meine Moskitos.

Bislang fand ich sie auch nicht sonderlich plagenhaft. Muss man abends halt aufpassen, wo man hintritt. Oder langsam genug dahintreten, dass sie unter dem Fuss weghuepfen koennen. Aber nun haben sie die Angewohnheit entwickelt, sich zum Sterben in mein Abflussrohr zurueckzuziehen und nach dem Sterben nach toter Kroete zu riechen. Wenn Ihr nicht wisst, wie tote Kroete riecht, macht das gar nichts. Man kann auch ohne dieses Wissen ihm Hinterhof gluecklich und zufrieden leben.

Der Eingang zum Paradies

Meine Eltern hatten mir am Volta ein Hotel empfohlen, das wie das Paradies sei, da muesste ich unbedingt hin. Nun, ich hatte mir den Weg ins Paradies anders vorgestellt, aber das sagen wohl alle, wenn sie angekommen sind.

Man laeuft an der Trotro-Haltestelle vorbei, wo sich die Frauen mit Krebsen auf dem Kopf um die Busse draengen, in der Hoffnung durch offene Busfenster ein Geschaeft zu machen. Dann ist rechts neben der Strasse ein schwelender Muellhaufen. Der intensive Geruch begleitet einen noch eine Weile, bis man an den Eingang des Paradieses kommt: Eine Hotelanlage im Stil des spaeten Fuenfzigerjahreprovinzkurorts mit viel Waschbeton und bunt lackiertem Stahlgelaender. Die Zimmer sind ueberteuert und riechen nach Autoperfum. Oh, da haengt ja ein Wunderbaum vor der Klima-Anlage. Draussen ein Mini-Zoo mit ungluecklichen Affen und einem Krokodil im Betonbecken. Bitte nicht fuettern.

Ich frage mich die ganze Zeit: Wollen sich meine Eltern ueber mich lustig machen oder hab ich ihre Wegbeschreibung nicht richtig verstanden?

Schnitt. Naechster Morgen, sechs Uhr, gleicher Ort, Eva im Paradies.

Das Hotel liegt am Unterlauf des Volta, hinter dem grossen Stausee und vor dem kleinen Stausee. Der Fluss ist ruhig wie ein See, gegenueber runde gruene Berge, rechts spannt sich eine elegante Bruecke ueber das Wasser und der Morgen wacht ganz langsam auf. Die Holzterasse, auf der ich fruehstuecke, ist auf den See gebaut und grade gross genug fuer drei Tische mit Stuehlen. Fischer steuern still ihre Einbaeume am Ufer entlang und legen ihre Reusen aus. Wenn ich gruesse, winken sie zurueck. Einer will mich heiraten und lacht, als ich sage, dass er zu spaet dran ist. So hatte ich mir das Paradies immer vorgestellt. Einfach sitzen und die Welt einatmen. Und ausatmen. Und drueben hinter dem Berg geht die Sonne auf.

Paradies: Rechts, links, geradeaus

 
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1man1000

Als ich im Paradies auf der Terasse sass und dem Tag beim Anfangen zusah, setzte sich ein Mann zu mir, der sich wunderte, warum ich hier allein sitze, statt mit wem zu plaudern. Das Problem konnte er schnell loesen und erzaehlte mir alles Moegliche; unter anderem von dem Fisch, der One-Man-Thousand heisst. Das ist der Fisch, den die Leute in der Umgebung hauptsaechlich essen. Und der ist so klein, dass ein Mann tausend essen muss, um satt zu werden.

Waehrend wir da sassen, legten drei Fischer mit ihrem Einbaum an der Nachbarterasse an, um die tellergrossen Fische, die sie gefangen hatten, den Koechinnen unseres Hotels zu verkaufen.

Wieder in meinem Revier

Eva ist zurueck in Bolga. Hat viel erlebt und gehoert und keine Zeit gehabt, etwas aufzuschreiben.

Vielleicht die Tage (wie man bei uns sagt). Dann erzaehl ich Euch, warum ein Fisch in der Volta Region One-Man-Thousand heisst und was der Eingang zum Paradies mit einem vergessenen Kurort in der Eifel gemein hat.

Diese Woche kommt meine Chefin aus Washington und rockt das Haus.

Montag, Januar 16, 2006

Schweinische Tipps

Vorgestern hab ich mit dem Schokoladenmacher (s.o.) zu Abend gegessen und ihn natuerlich nach Wurst gefragt. Leider hat er selbst noch nie Wurst gemacht, dafuer konnte er mir – nach dem Essen, weil vorm Essen redet man ja nicht ueber Ekelhaftes – genau erklaeren, wie man Schweinskopfsuelze macht. Denn unser Plan ist ja, dass der Assistent am Anfang ein Schwein hat und am Ende nur ein paar Knoechelchen uebrig. Also muss der Kopf auch weg.

Schritt eins koennen auch Vegetarier nachvollziehn: Iss ein Glas Gurken und schuette den Sud nicht weg.

Aber dann: Koch den Kopf stundenlang in einem grossen Topf und schuette immer wieder Wasser dazu, wenn es droht, zu trocken zu werden. Fummel alles weichgekochte von dem Kopf und schneide es in Stuecke so klein wie eine Kleinfingerspitze: Alles, Schweinegedanken, Schweinehaut etc.

Das alles kommt zurueck in den Topf zum Kochwasser, der Gurkensud dazu, alles wird nochmal durchgekocht und in Weckglaeser gefuellt. Waehrend des Kochens hat sich die Gelantine aus den Knochen geloest. Die Weckglaeser schliessen, in ein Wasserbad im Backofen stellen und bei 100 C fuer 20 Minuten einkochen. Fertig. Haelt ewig. Oder zumindest lange.

Oh Margarete

Was Komplimente angeht, bin ich ja viel gewoehnt. Denn alle Ghanaer sind sehr freigiebig und finden meistens irgendwas, wozu sie etwas Nettes sagen koennen. Mit Abstand am haeufigsten gehoert ist immer noch: Oh, you’ve grown nice and fat (Du bist so schoen fett geworden). Aber heute gab’s was Neues: Dein Anzug ist superschick, Du siehst aus wie Margret Thatcher!

Das was Salisu, mein Lieblingsfahrer. Spaeter kam er nocheinmal zu mir, mit einem feuchten Tuch, um ein Staeubchen von meinem Thatcher-Outfit zu entfernen. Als ich sagte, den Anzug hat mir meine Mama zu Weihnachten geschenkt, sagte er: Am liebsten haette ich ihre e-mail Adresse, dann koennte ich ihr sagen, dass sie ihrer Tochter etwas Grossartiges geschenkt hat… und dass sie nicht aufhoeren soll.

Freitag, Januar 13, 2006

Office Snack

Gestern hatte die Sekretaerin ein lebendes Perlhuhn im Buero. Jemand hatte ihr das als Geschenk vorbeigebracht. Ausser mir fand das niemand aussergewoehnlich oder auch nur erwaehnenswert. Nicht mal das Huhn selbst, das freundlich und geduldig auf Feierabend wartete, um dann an den zusammengebundenen Fuessen nach Hause getragen zu werden und sich dort in ein Abendessen zu verwandeln.

Die Katze kommt nach Haus

Und muss die Maeuse vom Tisch scheuchen. Heute morgen hatte ich ein Treffen mit meinen Wachmaennern und meinem Assistenten als Uebersetzter. Und hab den beiden Herren eine schoene Rede gehalten:

“Vielen Dank fuer Eure gute Arbeit. Ihr habt das Haus gut beschuetzt, waehrend ich weg war. Ihr wisst ja wie das ist, dies ist das Weisse Frau Haus und jeder beobachtet das besonders genau. Auch die Kriminellen. Bei all meinen weissen Freunden ist schon eingebrochen worden. Hier noch nicht und das ist gut. Ihr wisst auch, wie die Diebe das machen. Die haben Zeit und gucken hier und gucken da und lernen wie die weisse Frau kommt und geht und wann die Wachmaenner wo sind und finden die schwache Stelle und da schluepfen sie rein.

Als ich von meiner langen langen Reise zurueckkam, habe ich etwas gesehen, was mich beunruhigt. In meinem eigenen Garten habe ich fremde Maenner essen, fremde Kinder spielen und fremde Huehner picken sehen. Die Huehner werden den Dieben nichts ueber dieses Haus erzaehlen. Aber ich moechte keine fremden Menschen auf meinem Grund und Boden, die ich nicht eingeladen habe.”

Mary kriegte aus gegebenem Anlass eine etwas andere Rede, die aehnlich begann, aber anders weiterging:

“Du weisst, wie viel Geld und schoene Dinge in diesem Haus rumliegen. Deshalb darf es nicht sein, dass ich nach Hause komme und in meinem Haus sitzt ein fremder Mann auf dem Stuhl als sei der der Hausherr und Du die Hausherrin und ich Mary, die vom Markt kommt. Du arbeitest fuer mich, weil ich Dir traue. Wenn ich Dir nicht mehr trauen kann, haben wir ein ernsthaftes Problem. Keine Fremden im Haus oder auf dem Grundstueck, ob ich nun da bin oder verreist. Verstanden?”

Miau, die Katze hat gesprochen und die Maeuse verschwinden in den Loechern.

Der luesterne Chinese

Hab ich Euch von dem schon erzaehlt? Der wollte Mary als Hausangestellte, damals als sie noch Kellnerin war und sie hat abgelehnt, weil sie schon ahnte, was er ist (s.o.). Ihre Freundin, ebenfalls Mary, hat den Job im Haus der drei Chinesischen Bauarbeiter angenommen, mit allen Pflichten, die dazugehoeren, incl. den Chef und sein Vermoegen lieben.

Waehrend ich weg war, musste meine Mary vor Gericht aussagen – gegen die (nun ehemalige) Freundin und ihren Chinesen. Weil jene Mary, als sie noch Kellnerin war, einen ghanaischen Freund hatte und sehr zoegerlich war, diese Beziehung aufzugeben. So hat sie hier “ich liebe Dich” gefluestert, wenn die den Ghanaer besuchte und im Chinesenhaus ihren Chef umarmt.

Der hat schliesslich die Polizei gerufen, weil der junge Mann Mary verfolgte und nicht in Ruhe liesse, sie sollten ihn doch bitte ins Gefangnis werfen. Grosses Theater, Gerichtsverfahren. Bei dem die Eltern des Maedchens uebrigens zugunsten des Chinesen aussagten, denn der Ghanaer hat ihnen nie so viele schoene Sachen geschenkt. Als Ergebnis ist Mary um eine Freundin aermer, der Junge muss nicht ins Gefaengnis, darf sich aber seiner Ex-Freundin nicht mehr naehern

Reiseplaene

Ich werde morgen mit dem Auto (und dem Fahrer...) nach Accra fahren, um Montag weiter nach Akosombo zu einem der groessten Staudaemme der Welt zu fahren - um einer Konferenz beizuwohnen. Waehrend der Zeit sollte ich weiter auf dem Handy zu erreichen sein und versuche ab und zu meine mails zu checken. Zurueck bin ich die Woche drauf gegen Montag.

Donnerstag, Januar 12, 2006

Oncho Oskar ist tot

I shock, sagen sie hier, also ich schocke, was heisst, ich bin schockiert. Bevor ich fuhr, war er im Krankenhaus und keiner wusste so recht, warum. Jetzt erzaehlt mir die Sekretaerin nebensaechlich von seiner Beerdigung. Oskar war hier der beste Freund meines Kollegen Aaron, ich koennte auch sagen, der einzige, denn mein Kollege ist ein zurueckhaltender Mensch. Ausserdem war Oskar humorvoll, hat das Kind beim Namen genannt und verstand verdammt viel von seinem Job (Oncho = Flussblindheit ausrotten). Woran er gestorben ist? Weiss keiner, vielleicht was mit der Leber, sagen sie, aber das sagen sie immer. Er war 47 und trug eine riesige Eulenbrille in einem sehr schmalen Gesicht.

Mittwoch, Januar 11, 2006

Bloodwoosch, Koelsch un e lecker Maedsche…

Nachdem ich so lange beim Dom war und mir ausserdem vom Express “Die 40 groessten koelschen Hits” gekauft hab, muesst Ihr das ertragen, dass meine Erlebnisse hier mich an Karnervalslieder erinnern. Weil: Ein kulinarisches Vorurteil is ja, dass der Deutsche an sich nur Brot, Wurst und Bier braucht, um gluecklich zu sein. Seit ich hier bin habe ich das Trainingsprogramm “Eva lernt Bier trinken” gestartet, weil Bier am einfachsten ist und das kann doch nicht so schwer sein, das zu moegen. Bislang ist es immer noch ein Schnaeppchen, wenn ich mir mit jemandem ein Bier teile, weil mein Trinkpartner den groessten Teil abbekommt.

Ueber Brot hab ich viel geschrieben und bei meiner Rueckkehr finde ich einen grossen Mehlsack im Flur. Mary hat in der Zwischenzeit weitergebacken. Leider ist die letzte Ladung komplett schlecht geworden, weil ueber Neujahr keiner einkaufen war. Und eben haben wir zusammen versucht das Spritzgebaeckmaschinchen zusammenzubauen (He, da ist noch eine Schraube uebrig, lass mal alles wieder aufschrauben und sehn, ob wir irgendwo ein Gewinde finden, wo sie reinpasst…). Jetzt warten wir nur auf das beste Spritzgebaeckrezept, geerbt von OmmaausDueren und dann koennen wir in die Plaetzchenproduktion einsteigen. Und mein Assistant Douglas hat versprochen, sich nach Backoefen umzuhoeren.

Wurst. Ja. Ich weiss, ich hab so etwa mit vier oder fuenf Jahren angefangen, mich zu weigern, Wurst zu essen und bin eine absolute Anti-Expertin auf diesem Gebiet. Noch Undeutscher als beim Bier. Kann ich vielleicht meine Staatsbuergerschaft trotzdem behalten, wenn ich mich beim Brot besonders anstrenge? Und vielleicht etwas zur Verbreitung der deutschen Wurst im feindlichen Ausland beitrage?

Douglas ist immer noch auf der Suche nach eine Investitionsmoeglichkeit fuer das Geld, das im Moment rumliegt und darauf wartet, einfach ausgegeben zu werden. Ausserdem will er was zu tun fuer’s Wochenende. Er kommt mit seinen Ideen zu mir, weil er weiss, mir faellt dazu was ein (sagt er und hat recht…). Nun fragt er also folgendes: Gibt es in Deutschland Wurstmaschinen? In Bolga essen alle gerne Wurst und keiner stellt sie her. Ich hab acht Saeue, die im Moment noch mit Schweinehirten in der Gegend rumlaufen. Nun will ich einen Stall bauen und wenn mir alle Saeue dies Jahr fuenf Ferkel geben, bin ich bald im Geschaft. Nur weiss ich nicht, wie man Wuerste macht und suche ausserdem ein Maschinchen.

Also hab ich versucht rauszufinden, was fuer ne Art von Wurst er sich vorstellt. Das geht wohl in Richtung Bratwurst. Obwohl auch Blutwurst hier sehr beliebt ist. Und das Maschinchen? Naja, ich hab ihm versprochen, meine Freunde in Deutschland zu fragen, ob vielleicht jemand einen alten Metzger kennt, der eine alte Maschine loswerden will, so dass Douglas nur den Transport bezahlen muss. Und eine alte Maschine ist besser als eine neue, weil man die mit dem Schraubenzieher reparieren muss. Da ich aber gar nicht weiss, wie man Wurst macht, weiss ich auch nicht, was fuer Maschinen man da gebrauchen kann… Wie macht man Wurst?

Flying Trotro – fliegender verbeulter Kleinbus im oeffentlichen Verkehr

Vor dem verstaubten Flughafen von Tamale stand ich mit zwei anderen Passagieren auf dem einsamen Parkplatz. Das eine Taxi, was die Fluggaeste erwartet hatte, war schon mit anderen abgefahren, die meisten aber waren von ihren Fahrern abgeholt worden und wir standen nun also da…

Waehrend wir hofften, dass irgendwas passierte, um uns zu retten, unterhielten wir uns ueber die Grenzerfahrung, die wir grade ueberlebt hatten. Die Ghanaer waren sich mit mir einig: Das war kein Flugzeug sondern ein Trotro mit Fluegeln: Verschlissene Sitzpolster, Kakerlaken in allen Ritzen. Wieso muss ein Flugzeug ueberhaupt so viele Ritzen haben? Der Mittelgang so schmal und niedrig, dass nur magersuechtige Zwerge als Stewards in Frage kamen. Die Sicherheitsvorfuehrung bestand daraus, dass einer dieser Zwerge uns zeigte, wie man den Anschnallgurt anlegt. Vielleicht haette er uns auch noch vormachen sollen, wie man betet?

Als Verpflegung gab es genau wie auf der Strasse Fett-Donuts und Meatpie. Als ich nach Kaffee fragte, ging der Steward ins Cockpit und stellte den Wasserkocher an. Das Cockpit. Hinter ner Sperrholztuer mit Teppich beklebt (ok, so sah das zumindest aus), die nicht wirklich dicht schloss. Das hatte natuerlich den Vorteil, dass unser Pilot den erleichterten Beifall nach der Landung auch hoeren konnte.

Als nur noch ein Auto auf dem Parkplatz stand, kam ein Mann auf uns zu und sagte: Diese Madam wuerde Sie gerne mit in die Stadt nehmen. Wir passten zwar eigentlich gar nicht alle in ihr Auto, aber das machte nix. In der Stadt hat sie mir dann ein Taxi angehalten: Bleib erstmal im Auto, wenn Du aussteigst, wird das Taxi zu teuer.

Gelandet in Ghana

Donnerstag, Januar 05, 2006

Was ich tu

Ihr wisst, in diesem Blog schreib ich nicht ueber die Arbeit sondern nur ueber das Leben. Heute mach ich eine Ausnahme. Ueber Weihnachten bin ich wieder so oft gefragt worden: Was machst Du da eigentlich? Und: Wie kann ich das jemandem in fuenf Saetzen erklaeren? OK. 5 Saetze:

1. Das uebergreifende Ziel des Projektes ist es, die Wasserpolitik zu verbessern, da geht es z.B. um Verteilungskonflikte, das Management der bestehenden Infrastruktur und Entscheidungen ueber zukuenftige Investitionen.
2. Dieses Ziel wollen wir erreichen, indem wir ein Computermodel entwickeln, mit dem man verschiedene Szenarien durchspielen kann und dieses den Entscheidern (Politiker, Verwaltungsleute) zur Verfuegung stellen.
3. Ein Computermodel funktioniert wie diese Computer-Strategiespiele, wo man Koenig ist und eintippt, was man als naechstes tut und am Ende haben die Barbaren die Hauptstadt eingenommen, man ist pleite und haengt am naechsten Baum – nur dass wir mit Wasser spielen.
(Schweissausbruch! Nur noch zwei Saetze uebrig!)
4. Meine Rolle in diesem Projekt ist es, zunaechst die bestehende politische Situation zu analysieren, die brennenden Fragen herauszufinden und diese den Computermokeln zu sagen und wenn die Szenarien fertig sind, zu analysieren, wie sich die Politik aendert, wenn man solche Modelle hat.
5. Das alles bedeutet, dass meine wichtigste Beschaeftigung ist, mit Leuten zu reden, mit Bauern (Wassernutzern) im Dorf und Verwaltungsangestellten oder Politikern ebenso wie mit Computermokeln in Europa.

Noch Fragen?

Mittwoch, Januar 04, 2006

Mit einem breiten Grinsen

Grade hab ich bei Mary angerufen. Also bei mir, denn sie verbringt die Tage in meinem Haus, auch wenn ich nicht da bin. Und mich danach ganz boes gefuehlt, dass ich das nicht waehrend meiner Abwesenheit oefter getan hab.

Sie hat vor lauter Glueck zu kreischen und seufzen angefangen, dass ich schon dachte sie faellt mir am Telefon in Ohnmacht. Oh Eva, we miss you! Meine Guete ist das schoen, da faellt das “Kein Fisch im Wasser”-Gefuehl gleich von mir ab.

Kein Fisch im Wasser

Ich gehe schnell, nur weil ich's eilig hab, spreche ein Englisch, das kein Ghanaer versteht. Mein Kopf weiss zwar noch, was ich bis zu meiner Abreise vor zwei Monaten gelernt hatte (schlurfen und "go front small" sagen statt "go a little bit forward") aber ich hab Ghana nicht mehr in den Hueften.

Ich muss mich erst wieder dran gewoehnen, so dass ich nicht nachspiele, was mein Kopf weiss und damit immer eine halbe Sekunde zu spaet bin. Und kuenstlich wirke. Sondern drin schwimme wie jener Fisch (s.o.). Ich fuehle mich wie einer, der ein Buch ueber Ghana gelesen hat. Dabei bin ich es, die dieses Buch schreibt.

Traum

In meinem ersten Traum zurueck in Ghana wurde meine Haut mit einem scharfen Messer um Augen und Mund durchtrennt, rundherum ums Gesicht ausgeschnitten und schliesslich abgezogen. Das ganze fuehlte sich an wie eine Schlange sich haeutet, ganz leicht, ohne Schmerzen, ohne Blut, darunter frische Haut, die alte Haut so sproede wie tote Schlangenhaut. Alles neu.