Montag, November 21, 2005

Kindergraeber

Wer kein Schiffer ist (so wie alle Leute hier) findet das seltsam, dass wir in fremden Laendern immer auf die Friedhoefe gehn. Ich erklaere das mit dem Beruf meines Vaters (Steinmetz) und behaupte, dass wir nur aufgrund seines professionellen Interesses im Familienurlaub immer auf alle Friedhoefe gegangen sind. In Wirklichkeit hab ich von Steinen keine Ahnung und will auf dem Friedhof fuehlen, wie die Leute leben. Als wir mit dem Bus an Kasernenhoefen und Fabriken vorbei endlich am Friedhof Talca ankamen, wurde mir wieder klar, warum Leute das komisch finden. Weil Friedhoefe unglaublich traurige und bedrueckende Orte sind und man da heulen will, selbst wenn man mit keinem der Toten jemals was zu tun hatte. Was hier besonders arg ist, ist das grosse Feld der Kindergraeber. Dicht and dicht, fuer jedes Kind ein bunter Lattenzaun so gross wie ein Gitterbett, ein plumper Grabstein aus Beton, auf den mit Farbe ein Name und Datum gekritzelt sind, ein Glas oder eine Konservendose mit frischen Blumen und liebevoll dekoriert das Lieblingsspielzeug des Kindes. Oder, wenn ein Saeugling gleich nach der Geburt gestorben ist, das Spielzeug, das die Eltern und Omas und Tanten gekauft haben voll freudiger Erwartung auf ein Kind, das damit spielen wuerde. Eine der Puppen hat ein kleines Schild in der Hand, auf dem steht: Nimm mir mein Spielzeug nicht weg. Neben dem Grab steht ein Kinderstuhl.

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