Samstag, November 05, 2005

Fastenbrechen

Wir alle zeigen gerne unsere religioese Toleranz, indem wir an den Festen der anderen teilnehmen. Ich bin nicht tolerant genug, um mich ihrem Fasten anzuschliessen, 40 Tage lang kein Essen oder Trinken solange die Sonne am Himmel steht, das geht dann doch ein wenig zu weit. Aber das Fastenbrechen gestern war nationaler Feiertag und meine Nachbarn haben mich bald davon ueberzeugt, dass dieser Tag nicht dazu gemacht war, in meinem Haus am Computer zu sitzen, sondern sie zu besuchen und ihnen was zu trinken zu spendieren, waehrend wir Mensch-aerger-Dich-nicht spielen. Die ganzen Strassen waren voll von aufgeputzten Familien, Kinder in Prinzessinnen- und Prinzenkleidern, Frauen in weisser, silbernen, rosa Spitze, Maenner im Schlafanzug mit eigenartigen Muetzen und alle waren froh, dass sie endlich wieder sehen konnnten, was sie essen. Die religioese Toleranz der Moslems an diesem Tag geht so weit, dass sie schon am spaeten Nachmittag die Kneipen leergetrunken haben, zu erst das Guinness, weil es wie Essen und Trinken zugleich ist, dann jegliches andere Bier. Da wird gegessen, getrunken., getanzt und geraucht bis zum Umfallen, weil dieser Tag im islamischen Jahr etwa so wichtig ist, wie Weihnachten bei den Christen.

Vor ein paar Tagen hab ich mich mit einer Kanadierin ganz ernsthaft ueber religioese Toleranz unterhalten und wir haben beide festgestellt, dass wir zu Hause zwar aus einem sogenannten multikulturellen Umfeld kommen, von Moslems umgeben sind, aber kaum welche kennen. Hier sind die Moslems nicht die Fremden, sondern einfach eine Gruppe unter vielen, die alle von hier kommen. Und waehrend ich hier lebe und arbeite, erinner ich mich manchmal an dies komische Gefuehl, die eigenartigen Frage: Ist das nicht schwierig, wo zu arbeiten, wo so viele Moslems wohnen? Wie ist das, mit denen zusammen zu arbeiten, grade als Frau? Aber, meine Guete, Christen wie Moslems nehmen ihre Religion hier ernst und ihre Frauen nicht (ernst). Moslems duerfen mehrere Frauen heiraten, die Christen heiraten ihre mehreren Frauen nicht mal und geben ihnen also gar keine Absicherung. Meine Reaktion ist, dass ich mir ohne es zu merken ein komplexes System maennlicher Beschuetzer aufgebaut, zum Teil Angestellte, wie meinen Assistenten oder die Wachleute, zum Teil „Ehrenamtliche“ wie Onkel Flash. Alle haben die Aufgabe, mich zu respektieren und mir Respekt zu verschaffen. Dass das so ist, merke ich erst, wenn ich allein unterwegs bin, z.B. wenn ich mit meinen weissen Maedchen tanzen geh und ploetzlich von Schmeissfliegen umgeben bin, deren Existenz ich total vergessen hab. Gut, wenn ich dann einen der anwesenden Maenner kenne und ihm verstaendlich machen kann, dass ich Schutz brauche. Und komplett nutzlos, zu versuchen, das selbst in die Hand zu nehmen.

Nein, ich sollte meine Ghanaer hier nicht schlimmer darstellen, als sie sind, denn bei Tageslicht und im Job werde ich auch allein respektiert und ernst genommen. A big woman. Schliesslich bin ich reich und einflussreich...

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