Dienstag, Dezember 30, 2008

Unbehuetet in die Kaelte

Mein Kerl kann sich das nicht erklaeren: Da sind ihm in Deutschland fast die Ohren abgefroren und trotzdem traegt keiner Hut. Waehrend sich die Mutter Fotos von der Schwiegerfamilie ansieht und sagt: Wo haben die diese Huete her?

Also wenn es eins gibt, worum ich schwarze Amerikanerinnen beneide, dann ist das ihre Hutkultur. Ich setz mir vielleicht ab und an mal ne Kappe oder ne Muetze auf und finde mich schon mutig. Aber diese grossformatigen Statements in Knallfarben, die man als schwarze Frau in die Kirche anziehen kann - das waer ja fast schon ein Grund, religioes zu werden. Nur leider saehen die auf meinem Kopf etwa so passend aus, wie es sich anhoeren wuerde, wenn ich ploetzlich im schwarzen Strassenslang unserer Nachbarn reden wuerde.

Von zu Hause nach Hause

So, das war wohl die letzte Flugreise fuer ne ganze Weile und ich bin nicht traurig drum. Die Fluglinien haben einfach keine Walfisch-Sondersitze und auf diesen Sitzen fuer normale Menschen komm ich mir irgendwie so gestrandet vor.

Jetzt bin ich wieder in Washington, die Sonne knallt so gut sie kann und ich geniesse mal wieder die "Arbeite-im-Cafe-Kultur".

Wie sehr ich das genossen hab, heute in meinem Lieblingssupermarkt einkaufen zu gehn und einfach so mehr zu kaufen, als man in drei Tagen aufisst. Daran merk ich immer, ob es Ruhe in meinem Leben gibt, oder ich zu viel unterwegs bin: Kann ich regelmaessig eigenes Essen essen, ohne dass mir was schlecht wird?

Montag, Dezember 22, 2008

Das neuste Foto

 
Posted by Picasa

Ist jetzt auch schon einen Monat alt. Zweieinhalb Monate hab ich noch und langsam merk ich, dass ich staendig mit Gepaeck rumlaufe.

Sonntag, Dezember 21, 2008

Der Wind, der Wind, das himmlische Kind...

... knuspert weder an meinem Knaeuschen (was auch immer das ist) noch knabbert an meinem Haeuschen.

Sondern haelt mein Flugzeug vom Fliegen ab. Als ich den Reisefuehrer meiner Eltern durchgelesen hab, wurde mir erst so richtig klar, dass ich mir das nicht nur einbilde, die USA haben wirklich krasseres Wetter als Europa. Das liegt daran, dass wir hier so eine riesige Landmasse haben, ueber der sich alle moeglichen Ungewitter vorbereiten koennen, waehrend in Europa der besaenftigende Einfluss der Meere nie fern ist.

Diesmal ist also der gesamte Nordosten der Staaten von Schneestuermen lahmgelegt und mein erster Flug nach New York gestern wurde ersatzlos gestrichen. Versuch ich's heute nochmal ueber Atlanta. Das heisst zwar, dass ich Zickzack fliege (von hier nach Suedwesten, um nach Nordosten zu reisen) aber wenigstens schneit's im Suedwesten sehr selten. Na dann gute Reise.

Donnerstag, Dezember 18, 2008

Eva’s wunderbare kleine Welt (07.11.08)

Wenn ihr meinem blog regelmaessig folgt, wisst Ihr, dass ich auf Reisen haeufig in meiner eigenen kleinen wunderbaren Welt unterwegs bin, wo die Menschen alle ein wenig netter zu einander sind als in der grossen rauen Wirklichkeit. Unser Fuehrer, der uns gestern und heute durch die Kirchen gefuehrt hat, zur Segnung meines runden Bauches, durch eine stockdunkle Hoehle, die an die Hoelle erinnern soll, steile Berge rauf und runter, hat sich so gut um uns gekuemmert, das war schon ruehrend. Dass die schwangere Frau nicht zu schnell geht, die Mutter nicht ausrutscht, der Vater einen Platz zum Sitzen findet…

Und waehrend er uns alles erklaert hat, haben wir auch ein langsames Gespraech begonnen, wo wir versucht haben rauszufinden, was denn nun die Aehnlichkeiten und Unterschiede zwischen der katholischen und der Aethiopisch Orthodoxen Kirche sind. Beide verehren Heilige und glauben an die Vergebung der Suenden (wobei die Aethiopier direkt und ohne die Vermittlung eines Beichtvaters zu Maria beten), aber die Aethiopisch Orthodoxen glauben nicht, dass Jesus Mensch geworden ist, fuer sie ist er nur Gott.

Gegen Ende des zweiten Tages haben wir uns sogar ein wenig ueber Politik unterhalten, was in einem Land wie Aethiopien nicht unbedingt einfach ist, das die Regierung ein recht unverbindliches Verstaendnis von Demokratie hat.

Als wir uns dann heute verabschieden wollten, meinte er: “Ich wuerde Dir gerne ein Kreuz fuer Dein Kind schenken, warte, ich geh das schnell besorgen.” Nach einer halben Stunde kam er wieder und brachte einen silbernen Anhaenger und erklaerte uns ein letztes Mal die vielen kleinen Symbole, die in so einem Aethiopischen Kreuz versteckt sein koennen: “Diese sechs Nubble rechts und sechs Nubbel links verkoerpern die zwoelf Juenger, das kleine Kreuz in der Mitte steht fuer Jesus, die vier Nubbel hier unten stehen fuer die Evangelisten, diese Kringel hier versinnbildlichen die Koenigskrone Jesus und in der Mitte das grosse Kreuz steht fuer die Kreuzigung Jesu.” Dann gibt er mir seine email Adresse und bittet mich, ihm zu berichten, wenn mein Kind geboren wird und ob alles gut ging.

Das ist mal wieder wie der Taxifahrer, der mir Orangen schenkt. Wenn der arme Fremdenfuehrer darauf besteht, der reichen Touristin ein kleines Abschiedsgeschenk zu schenken und das ganze keine billige Anmache ist, dann weiss ich, dass wir fuer einen Moment uebersehen konnten, was uns trennt und unterschiedlich macht.

Familienpackung (06.11.08)

Schon in den vergangenen Jahren war das immer unglaublich wunderbar, mit der Mutter zusammen auf einen afrikanischen Markt, in ein Geschaeft oder sonst irgendwo hin zu gehn, wo viele Afrikaner sind. Irgendwie ist die Kombination “erwachsene Tochter mit Mutter” etwas, was jede Marktfrau versteht und kennt und was ihr Herz ruehrt. Wie der Vater immer sagt: “Jetzt wissen die endlich, dass Du nicht irgendwo vom Esel gefallen bist, sondern eine Familie hast.” Nun stellt Euch mal vor: “erwachsene schwangere Tochter und Mutter” Was gibt es den schoeneres, in Laendern, in denen Familie und Kinder kriegen das hoechste Glueck und die heiligste Aufgabe der Frau ist? Dafuer braucht man nicht die gleiche Sprache zu sprechen, damit das andere Frauen laecheln laesst. Aber wenn sie ein wenig verstehn und wir dazu sagen, dass das das erste Enkelchen ist, dann ist’s ganz aus.

Die Mutter - und auch mein Mann - haben sich aber wohl zu viel vorgestellt, als sie dachten: “Das ist ja wie ne Versicherung, nun bist Du ja von jeglicher Anmache geschuetzt, weil alle sehn, dass Du nicht mehr zu haben bist…” So heilig ist die Mutterschaft anscheinend auch nicht. Unser Tour-Organisierer (zum Glueck nicht der, mit dem wir den ganzen Tag zusammen sind), kann sich nicht einkriegen darueber, was fuer ein gluecklicher Mann mein Ehemann sein muss, wie schoen meine blonden Haare sind und dass wir doch Obamas Wahlsieg mit einem Bier in ner Bar im Dorf feiern sollen – natuerlich gemeinsam mit den Eltern, so viel Anstand hat er dann doch.

Mir faellt dazu gerade erst ein, dass ich mal gehoert hab, dass es in manchen afrikanischen Kulturen kein Hindernis sondern ein Verkaufsargument ist, wenn eine Frau schon Kinder hat (weil sie zum Beispiel frueh verwitwet ist oder uneheliche Kinder hat): Nur bei so einer Frau kann man 100% sicher sein, dass sie in der Lage ist, ihre heilige Pflicht zu erfuellen, und mehr Kinder zu kriegen. Eine kinderlose Frau zu heiraten, ist viel eher ein Gluecksspiel.

Blablabla Obama (05.11.08)

So, oder so aehnlich hoerte es sich vermutlich heute in ganz Afrika an. Zumindest in Lalibela, Aethiopien war das den ganzen Tag ueber ein Hintergrundgemurmel, das uns begleitete. Vor allem die jungen Maenner konnten nichts anderes diskutieren und so hoerten wir ueberall Unterhaltungen, von denen wir nur ein Wort verstanden, und das war Obama. Nein, gelogen, wir verstanden viel mehr, denn an dem Gesichtsausdruck und der Begeisterung, mit der die Jungs sich ueber amerikanische Politik unterhielten, konnte man noch viel mehr ablesen, auch ohne jegliche Amharisch-Kenntnisse: “Wir haben gewonnen!”, “Jetzt wird alles besser!” und “Der erste amerikanische Praesident, der Afrika im Blut hat!”. Am fruehen Morgen werden wir schon begruest mit: “You hear BBC? Obama win!”

Als ich vor ein paar Wochen in Kenia war, waren die da alle in Obamamania, weil das ja eines seiner Ursprungslaender ist. Meine europaeischen Kollegen erzaehlten zwar, dass er auf seiner Kenia-Reise klargemacht hat, dass er diesem Land keine Sonderstellung einraeumen wird, aber ich werde den Verdacht nicht los, dass die Kenianer sich von ihm typisch afrikanische Verteilungspolitik erhoffen, eine Art Kopie des typischen afrikanischen Praesidenten, der zuerst an seine eigene Familie, seinen eigenen Stamm denkt.

(Spaeter hab ich gehoert, dass Kenia und Sudan einen Staatsfeiertag ausgerufen haben, an dem Tag, als Obamas Wahlsieg verkuendet wurde.)

Unglaublich (05.11.08)

Vor hunderten von Jahren gebaut:



Der erste Europaer, der im 16. Jahrhundert die Kirchen in Lalibela beschreibt, sagt irgendwann:
”Nun will ich aufhoeren, diese Wunder weiter zu beschreiben, sonst werdet Ihr denken, ich sei ein Luegner.”

Mir geht es aehnlich, diese Kirchen sind zu gross und zu grossartig, in der Mitte von typisch afrikanischen Lehmhuetten Doerfern und in der Mitte atemberaubender Berglandschaft, zu gross, als dass ich sie mit meinen kleinen einfachen Worten beschreiben koennte.


Heute gebaut (gleich nebenan)

Gesegnet (5.11.08)

In Lalibela gibt es ein 10 m tiefes Taufbecken, dessen Wasser Unfruchtbarkeit heilen soll. Jedes Jahr an Weihnachten wird den Frauen ein starkes Seil um den Bauch gebunden und sie werden dreimal in diesem Wasser untergetaucht. Im Laufe eines Jahres, sagt unser Fuehrer, werden sie schwanger.

In einer weiteren Kirche gibt es ein Kreuz, mit dem speziell schwangere Frauen gesegnet werden. Ich weiss nicht, was ich erwarten soll oder was von mir erwartet wird und schliesslich steh ich einfach ganz still vor dem Priester, der mit seinem reich verzierten goldenden Kreuz meine Stirn beruehrt und damit von allen Seiten ueber meinen runden Bauch streicht und es mir schliesslich dreimal sanft auf den Mund drueckt, damit ich es kuessen kann. Wir haben einen stillen Moment erwischt, wo keine Touristengruppe durch diese dunkle kuehle Kirche latscht und der ganze Raum ist voll von der Heiligkeit des Augenblicks. Ich fuehle mich beschuetzt und geborgen.

Nachdem die Mutter sich ihre Traene aus dem Augenwinkel gewischt hat, fischt sie einen glattgeschliffenen Rosenquarz aus ihrer Tasche und haelt ihn dem Priester hin, waehrend ich uebersetzen muss: ”Ich habe lange darauf gewartet, Grossmutter zu werden. Nun werde ich mich bis ans Ende meines Lebens an den Moment erinnern, wo Sie mein erstes Enkelkind gesegnet haben. Bitte nehmen sie diesen Stein als ein Zeichen meiner Dankbarkeit.” Der Priester macht ein ernstes Gesicht, schuettelt leicht den Kopf und murmelt etwas auf Amharisch. “Der nimmt den nicht” flustert mir die Mutter ins Ohr… Aber unser Fuehrer uebersetzt: ”Der Priester sagt: Wenn das Kind geboren ist, bring es hierhin zurueck und ich will sein Patenonkel werden.” Und nimmt den Stein dankbar an.

Et rheinische Geschischtsche (5, Nov 2008)

Wir Rheinlaender luegen ja gar nicht oefter als andere Deutsche… Aber irgendwie sind unsere Geschichten meistens etwas bunter und aufregender als andererleuts, irgendwie farbverstaerkt.

Zu Beispiel heute: Die Mutter hat einen Packen gebrauchte Kinderkleider nach Aethiopien mitgebracht, die sie gerne an arme Kinder geben will, ohne dass sie damit auf offener Strasse einen Menschenauflauf verursacht. Heute haben wir dafuer eine Loesung gefunden. Wir haben den ganzen Tag mit Kirchenfuehrungen durch die Felsenkirchen von Lalibela verbracht und unser Fuehrer hat uns besonders gut gefallen, ein freundlicher, respektvoller Mann aus dem Ort, ohne den wir wie Blinde durch diese Wunder geirrt waeren. Das ist unser Mann, der kann die Kleider verteilen, an seine armen Verwandten oder die Armen, die wir heute im Ort gesehen haben.

Die rheinische Geschichte, die ich ihm erzaehlt hab (und die nun wirklich nich ganz gelogen ist, nur ein wenig ausgeschmueckt): Meine Mutter hat jahrelang zu Gott gebetet, dass er ihr Enkelkinder beschert. Nun, da eine ihrer Toechter endlich mit einer Schwangerschaft gesegnet ist, ist sie so dankbar, dass sie gerne etwas von dem Glueck, das sie erfahren hat, weitergeben moechte. Sie weiss, dass ihre Tochter (also ich), alles hat, was sie braucht. Also hat sie sich vorgenommen, wenn sie nach Afrika kommt, anderen jungen Muettern mit weniger Glueck ein Geschenk zu machen. Weil sie aber gar nicht darauf aus ist, von diesen Leuten mit Dankbarkeit ueberhaeuft zu werden, wuerde sie Sie gerne bitten, die Kleidungsstuecke in ihrem Namen zu verteilen.

Was die rheinische Geschichte so ueberzeugend macht, ist dass dem, der sie erzaehlt, dabei die Traenen in den Augen stehen, weil sie so ruehrend ist. Nun sind wir die Klamotten los und alle freuen sich.
























Gluecklicher Fremdenfuehrer

Vertrauen ist (vielleicht) gut (4.11.08)

Kontrolle ist natuerlich besser. Das scheint das Motto des Aethiopischen Staatsaparates zu sein, viel mehr als in Ghana, wo ich immer das Gefuehl hatte “Geschwindigkeitsbegrenzungen (und Gesetze…) sind freundliche Ratschlaege und wenn man die nicht annehmen will, gibt man ab und an eine kleine Spende an die Polizei.”

Zum Beispiel Handys. Aus unerfindlichen Gruenden ist die Regierung ueberzeugt, dass es nicht gut ist, Auslaendern ohne aethiopischen Ausweis eine SIM card zu verkaufen. Die koennten ja sonst… Ja was? Auslaendisch telefonieren? Wie auch immer.

Im Flughafen standen wir in der Schlange hinter einer weissen Dame, die mit ihem schwarzen Begleiter viele Formulare ausfuellte und sich irgendwann zu uns umdrehte und auf Deutsch sagte: “Ich hoere, sie wollen auch eine SIM card kaufen, da haben Sie aber ein Problem, das duerfen Sie gar nicht…” Nach einigem Geplauder bot sie uns schliesslich an, dass Ihr Fahrer uns die cards kaufen koennte, so wie er das auch fuer sie getan hat. Glueck gehabt.

Nachtraege

Auf der Aethiopien-Reise hab ich viel geschrieben und nichts in den Blog gesetzt. Nach dem schrecklichen Ende (s.u.) stand mir der Sinn nicht danach.

Ich werde die Geschichten nun einfach so hier reinsetzen, wie ich sie zu dem Zeitpunkt geschrieben habe, damit ich nicht vergesse und damit Ihr wisst: Es war eine ganz wunderschoene Reise.

Donnerstag, Dezember 11, 2008

Baby unter die Dusche?

Wer in Amerika schwanger ist, und kein "Baby Shower" hat, heult sich die Augen aus dem Kopf, denn das bedeutet, Du hast keine Freunde. Nein, da wird kein Baby unter die Dusche gestellt. Sondern mit Geschenken ueberschuettet. Bevor es ueberhaupt auf der Welt ist. Es ist wichtig, dass das von einer Freundin organisiert wird (sich selbst ein Baby Shower organisieren, heisst, s.o. keine Freunde), eine Orangensaftparty (damit man sich daran schon mal gewoehnt...), mit Luftballons und allen moeglichen Geschenken, die fuer die Aufzucht des Nachwuchses nuetzlich sein koennten.

Sonntag, Dezember 07, 2008

Wo bist Du? Alles OK?

Vor ein paar Tagen rief mich ein beunruhigter Freund an, weil er nach der ganzen Knallerei nie mehr was von mir im Blog gelesen hatte.

Und das kam so: In Aethiopien ist blogger irgendwie gesperrt, und man kann keine neuen Artikel hochladen. Also hab ich von dem wunderschoenen Urlaub mit meinen Eltern in Lalibela viel geschrieben, das aber einfach nur gespeichert, um es spaeter hochzuladen.

Und dann...

Ist mein Vater am letzten Tag unserer Reise an einem Herzinfarkt gestorben, und ich steh hier mit meinen ganzen lustigen Urlaubsgeschichten und wuerde den Blog am liebsten schliessen und mich fuer ein paar Jahre unter einer Decke verkriechen.

Das werd ich nicht tun. Und irgendwann die naechsten Tage werd ich auch die Urlaubsgeschichten hochladen. Und dann schoen weitermachen, wie bisher, ueber banale, amuesante, eigenartige Details des Lebens in den USA und dem Rest der Welt berichten, die ein bisschen mit mir zu tun haben - aber nicht zu viel.