Eva in Ghana
Zu den Dingen, von denen mir schon vor meiner Abreise ueber Ghana erzaehlt wurde, gehoeren die heiligen und daher friedfertigen Krokodile in Paga, denen man Huehner opfert und zum Dank fuer diese Gabe ein Foto mit Krokoschwanz in der Hand schiessen kann, ohne selbst gefressen zu werden. Die Krokodile beherrbergen die Seelen der lokalen Vorfahren und sorgen fuer ihre Nachkommen durch das Verspeisen ueberteuerter magerer Huehner.
Wenn man durch Paga faehrt, kommt irgendwann ein Schild zum Crocodile Pond, dann gehts ueber Stock und Stein zu einem kleinen Tuempel. Unter einem Baum sitzt die Dorfjugend und wartet, dass was passiert. Der Fremdenfuehrer wird von einem Kumpel aus der Moschee geholt, wo er grade sein Freitagsgebet beendet hatte. Welcome, welcome usw. Preisverhandlungen, die mit dem Argument ausgehebelt werden, dass das Huhn ja ueberteuert sein muss, damit die community am community tourism auch was verdienen kann. Die Jungs versuchen zuerst ein freilaufendes Huhn einzufangen, das waere natuerlich super gewesen, dann haetten sie 100% Gewinn gemacht ohne Investition. Dabei wurde viel gelacht und fuer alle Beteiligten war das eher ein Spiel – das das Huhn gewann. Also ging unser Fuehrer in den kleinen Lehmstall und kam mit einem Federding in der Hand raus, das ich zuerst fuer einen toten Koeder hielt, weil ich noch nie so ein erbaermlich mageres Huhn gesehn hab.
Damit gings runter an den Teich, kurzes Gewedel da kam auch schon ein fettes Krokodil raus. Ich war erstaunt, wie lang seine Beine waren und wie hoch der Bauch ueber der Erde getragen wird. Das Huhn wurde ihm im hohen Bogen zugeworfen, Schnapp! nur noch ein Fuss ragt aus dem Mundwinkel, noch lebend wird das ganze Huhn verschluckt. Schliesslich gehoert es zum Protokoll, dass mindestens einer der Touristen sich mit Krokodil fotografieren laesst. Da ich das meinen Eltern kaum zumuten konnte, hielt ich also den dreckigen Krokodilschwanz in die Luft, waehrend die Mutter aus der Ferne mit Abscheu zusah und der Vater Fotos machte (die wir spaeter alle aus Versehen loeschten).
Waehrend des ganzen Spektakels beobachteten wir einen Jungen, der seinen widerstrebenden Esel am Karren mit Stockschlaegen in den Teich trieb. Auf dem Karren war ein Fass, das er mit Schmuddelwasser fuellen wollte. Der Esel war zwischen all den Krokodilen so nervoes, dass er beim Zusammenzucken das volle Fass vom Karren stiess, der Schoepfeimer wurde vom Wind weiter in den Tuempel getrieben und der Junge musste von vorne anfangen...
Aber warum „falsche Krokodile“? Darum: Wir sind vom Tuempel zurueck auf die Hauptstrasse und dann Richtung Grenze, weil wir mal sehn wollten, ob Burkina Faso anders ist als Ghana und ob sie vielleicht Kaese verkaufen... (ist es nicht und tun sie nicht, zumindest nicht gleich hinter der Grenze, nur „la vache qui rit“ und die Kuh lacht ja grad, weils kein Kaese ist). Und da sehn wir links der Strasse einen grossen Dam mit Schild dran „Crocodile Pond“, man kann die Krokodilaugen schon von der Strasse aus dem Wasser stippen sehn.
Ich muss nur lachen und bin voller Bewunderung fuer die geschaeftstuechtigen Ghanaer, dass sie einfach eine kleinere Zweigstelle des heiligen Teichs aufmachen. Und, das ist ja fast schon eine philosophische Frage: Wenn ich selbst nicht an die Heiligkeit von Krokodilen glaube, ist dann ein Teich mit urspruenglich verehrten Krokodilen trotzdem mehr wert, als einer, in dem Krokodile sitzen, die von den Teichbetreibern ebensowenig verehrt werden wie von mir? Was, wenn beide Krokodilunternehmer, also der Haeuptling am grossen Teich und die Jungunternehmer am kleinen, die Krokodile verehren. Ist dann der kleine Teich tatsaechlich so ein Betrug, wie man spontan fuehlt? Und wenn die Geschichte stimmt, dass es nachts Krokodilbesuche ueber die Strasse in den anderen Teich gibt...?
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen