Eva in Ghana
Small Mary, die meinen Haushalt schmeisst, ist ne Wucht. Sie ist noch kleiner als ich und mit ihr muss ich nicht mehr spuelen, keine Angst vor Dieben haben, wenn ich tags aus dem Haus geh, sie buegelt fleissig und faltenreich und, was ich faszinierend finde, obwohl sie den ganzen Tag da ist, nervt sie nicht. Dabei hilft, dass sie so viel schlaeft. In diesem kleinen Haushalt ist nicht genug zu tun, um jemanden den ganzen Tag beschaeftigt zu halten, sie muss aber hier sein, damit ich (s.o.) beruhigt das Haus verlassen kann. Also legt sie ihre Matte in den Hof oder ein Zimmer und schlaeft still vor sich hin.
Sie nervt nie, ausser...
Nein, ich habe heute beschlossen: Es wird mich nicht mehr nerven, dass sie immer von ihrem Lager aufsteht, wenn ich anfange in der Kueche zu klappern. Dann kommt sie, stellt sich einen Meter neben mich, lehnt sich auf die Arbeitsplatte und guckt mir genau auf die Finger. Anne, mag ich es, wenn man mir beim Kochen zuguckt?
Die letzten Tage hab ich ueberlegt, wie ich sie von meiner Schulter krieg...
Heute gab’s Reibekuchen. Vorgestern Kartoffelpueree. Weil ich auf dem Markt den Stand mit Kartoffeln gefunden hab. Mary dachte bis vorgestern, das einzige, was man aus Kartoffeln machen kann, sind Pommes. Als sie mir heute zuguckte, meinte sie ganz erstaunt: Du machst ja wieder was anderes!
Und irgendwann waehrend des Kochens, hab ich dann einfach Frieden damit geschlossen und gedacht: Dann auch richtig.
Mary hat, bevor sie im Restaurant anfing, zwei Jahre eine Hauswirtschaftsschule besucht, die sie verlassen musste, weil kein Geld mehr da war. Seit ich ihr gesagt hab, dass sie alle meine Buecher lesen darf, liegt sie oft da und liest Kochbuecher, statt zu schlafen. Also richtig: Hab ihr erklaert, was ich mache, was in so nen Reibekuchen reinkommt, dass man die normalerweise mit Schwarzbrot und Apfelkompott isst, zumindest da, wo ich herkomme. Und sie am Ende probieren lassen. Schmeckte ihr besser als Kartoffelpueree. Wer weiss, wo sie das nochmal nutzen kann, wenn sie bei mir lernt, was Europaer gern essen und wie man das kocht.
P.S.: Als ich ein Spiegelei ass, fragte sie: Wie hast Du das gemacht. Erst das Eiweiss in die Pfanne, dann das Eigelb?
Dienstag, Mai 24, 2005
Mir Koelsche wir klaewe wie der Duewel am Laewe
Eva in Ghana
(Wir Koelner kleben wie der Teufel am Leben)
Ich riech fast diese Mischung aus schalem Bier, durchgeschwitzter Clownsschminke und Gedraenge in der Kreuzauer Dorfkneipe. Nur das Frieren, was zum Karneval dazu gehoert, weil er ja auf der Strasse stattfindet und die Eitelkeit es verbietet, sich als kissenausgestopfter Clown zu verkleiden, diese Kaelte kann ich mir nicht vorstellen... Ich weiss, meine Freunde aus dem Rest der Welt (alles, was ausserhalb des Koelner Dunstkreises liegt) muessen mich fuer bescheuert halten, aber denen, die von zu Hause kommen, kann ich nur raten: Blaeck Foeoess heben die Auslandstimmung doch ungemein. Und wenn Ihr schlau seid, besorgt Ihr Euch diesen Quatsch schon vor der Abreise. Denn fuer die Fernbestellung muss man schon die richtigen Spinner kennen (
danke Felix...)
O o Katrinn isch han misch verloore, verloore an Disch... Ich schunkel ein wenig vor mich hin und freu mich, dass hier keiner den Unterschied kennt. zwischen dieser komischen Musik und anderer komischer Musik die Europaeer hoeren.
(Wir Koelner kleben wie der Teufel am Leben)
Ich riech fast diese Mischung aus schalem Bier, durchgeschwitzter Clownsschminke und Gedraenge in der Kreuzauer Dorfkneipe. Nur das Frieren, was zum Karneval dazu gehoert, weil er ja auf der Strasse stattfindet und die Eitelkeit es verbietet, sich als kissenausgestopfter Clown zu verkleiden, diese Kaelte kann ich mir nicht vorstellen... Ich weiss, meine Freunde aus dem Rest der Welt (alles, was ausserhalb des Koelner Dunstkreises liegt) muessen mich fuer bescheuert halten, aber denen, die von zu Hause kommen, kann ich nur raten: Blaeck Foeoess heben die Auslandstimmung doch ungemein. Und wenn Ihr schlau seid, besorgt Ihr Euch diesen Quatsch schon vor der Abreise. Denn fuer die Fernbestellung muss man schon die richtigen Spinner kennen (
danke Felix...)
O o Katrinn isch han misch verloore, verloore an Disch... Ich schunkel ein wenig vor mich hin und freu mich, dass hier keiner den Unterschied kennt. zwischen dieser komischen Musik und anderer komischer Musik die Europaeer hoeren.
Viel Weiber
Eva in Ghana
Mein Assistent sagt, bei der Organisation der Vielweiberei kommt es darauf an, woran der Mann glaubt. Muslime koennen bis zu vier Frauen haben, aber fuer die Frauenhaltung gibt es feste Regeln. Die drei wichtigsten:
- Eine neue Frau kommt nur ins Haus, wenn die alte zustimmt.
- Nur der darf sich eine weitere Frau nehmen, der sie sich auch leisten kann
- Der Mann muss all seinen Frauen das Gleiche geben, gleiche Liebe, gleiche Geschenke
Selbst wenn er meint, dass nicht alle diese Regeln einhalten, ist die Position der Frauen mit Regeln staerker als im traditionellen setting also bei Leuten, die traditionellen afrikanischen Religionen anhaengen. Hier duerfen die Maenner duerfen so viele Frauen haben, wie sie Brautpreise zahlen koennen. Und vor der Regenzeit hoert man Maenner traeumen: Wenn die Ernte gut wird, leiste ich mir entweder ein Motorad oder noch ne Frau (dann hat’s schlecht geregnet und es gab nicht mal ein Fahrrad...). Die alten Frauen duerfen nicht mitbestimmen, ob sie noch eine wollen und es gibt keine Regeln darueber, allen gleich zu geben. Dann gibt es noch die Christen. Wenn die mehr als eine Frau heiraten gehen sie von da an meist nicht mehr in die Kirche. Oder nur noch in eine Kirche, die weit genug von zu Hause weg ist oder in der grossen Stadt, so dass keiner von ihrer Suende weiss. Dass Gott, der da doch eigentlich die Hauptrolle spielt, auch in der grossen Stadt jedes seiner Schafe gezaehlt hat und keines uebersieht, ist anscheinend nicht so wichtig...
Das Verhaeltnis zwischen erster und zweiter Frau haengt natuerlich stark davon ab, was das fuer Leute sind und wie der Mann, der Macht verteilen kann, sich verhaelt. In der traditionellen Beziehung gibt es einmal die Norm, dass die alte Frau bei Entscheidungen fuer den Haushalt das letzte Wort und die groessere Autoritaet hat. Aber es ist auch haeufig, dass die kleine Frau beim Mann mehr Einfluss hat. „Wenn Du was erreichen willst, musst Du ueber die kleine Frau gehn“. Sie ist schliesslich das neue Spielzeug und bekommt deshalb mehr Aufmerksamkeit, Liebe, Geschenke. Eine Ausnahme ist, wenn der Mann gar keine zweite Frau haben wollte, aber die Familie ihn nochmal verheiratet hat, weil er zum Beispiel ein lokaler Wuerdentraeger ist und deshalb mehr als eine Frau von ihm erwartet wird. Es kommt durchaus vor, dass der Mann gleichzeitig mit allen seinen Frauen Kinder macht, in anderen Beziehungen kommen die Frauen eher nacheinander, man sucht sich eine Frische, nachdem man die Alte aufgebraucht hat. Dass es gleichzeitige Kinder gibt, sei vor allem bei Muslimen ueblich, denn: Jede Frau bekommt das Gleiche.
Wenn ein Mann von seiner ersten Frau die Nase voll hat und sie nicht mit der naechsten Heirat einverstanden ist, kann er fuer die zweite Frau ein Apartment mieten (das gilt wohl eher fuer die staedtische Lebensform) und wird dann meistens dort zu finden sein und nicht in seinem alten Haus. Wenn er aber die alte Frau aus dem Haus schmeisst, bekommt er Aerger, das ist gesellschaftlich nicht angesehn. Wenn eine Frau aus dem Haus gejagt wird, weil sie sich nicht ordentlich benommen hat, oder auch wenn sie selbst weglaeuft, dann gibt es zwei Alternativen: Zurueck zu den Eltern (wenn die noch leben) oder in die grosse Stadt, in ein ungewisses Schicksal ohne familiaere Unterstuetzung.
Eine weitere Art, unerwartet an eine weitere Frau zu kommen, ist das Frauengeschenk: Eine Familie schenkt dem Mann einer anderen Familie eine der Toechter. Das passiert zum Beispiel zwischen Schwiegerfamilien. Der Mann hat schon einer Frau (=Arbeitskraft) aus der anderen Familie weggeheiratet. Deshalb ist seine eigene Familie verpflichtet, der Familie der Frau immer viel Unterstuetzung zu geben. Vor allem bei Beerdigungen wird von den Schwiegerfamilien erwartet, dass sie den Hauptteil der Kosten tragen. Und wenn sich einer dabei besonders gut und grosszuegig zeigt, dann moechte man die Bande mit dieser Familie staerken und bietet dem Mann eine weitere Tochter an. Heutzutage wird die Frau dann meist aus Hoeflichkeit, und um das Geschenk formal anzunehmen, fuer ein paar Tage aufgenommen und dann unberuehrt wieder nach Hause geschickt. Aber Kollegin M hat einen ueber 70jaehrigen Nachbarn im Dorf, der die 22jaehrige, die ihm vor kurzem geschenkt wurde, dankend angenommen und flugs zwei Kinder gezeugt hat.
Mein Assistent sagt, bei der Organisation der Vielweiberei kommt es darauf an, woran der Mann glaubt. Muslime koennen bis zu vier Frauen haben, aber fuer die Frauenhaltung gibt es feste Regeln. Die drei wichtigsten:
- Eine neue Frau kommt nur ins Haus, wenn die alte zustimmt.
- Nur der darf sich eine weitere Frau nehmen, der sie sich auch leisten kann
- Der Mann muss all seinen Frauen das Gleiche geben, gleiche Liebe, gleiche Geschenke
Selbst wenn er meint, dass nicht alle diese Regeln einhalten, ist die Position der Frauen mit Regeln staerker als im traditionellen setting also bei Leuten, die traditionellen afrikanischen Religionen anhaengen. Hier duerfen die Maenner duerfen so viele Frauen haben, wie sie Brautpreise zahlen koennen. Und vor der Regenzeit hoert man Maenner traeumen: Wenn die Ernte gut wird, leiste ich mir entweder ein Motorad oder noch ne Frau (dann hat’s schlecht geregnet und es gab nicht mal ein Fahrrad...). Die alten Frauen duerfen nicht mitbestimmen, ob sie noch eine wollen und es gibt keine Regeln darueber, allen gleich zu geben. Dann gibt es noch die Christen. Wenn die mehr als eine Frau heiraten gehen sie von da an meist nicht mehr in die Kirche. Oder nur noch in eine Kirche, die weit genug von zu Hause weg ist oder in der grossen Stadt, so dass keiner von ihrer Suende weiss. Dass Gott, der da doch eigentlich die Hauptrolle spielt, auch in der grossen Stadt jedes seiner Schafe gezaehlt hat und keines uebersieht, ist anscheinend nicht so wichtig...
Das Verhaeltnis zwischen erster und zweiter Frau haengt natuerlich stark davon ab, was das fuer Leute sind und wie der Mann, der Macht verteilen kann, sich verhaelt. In der traditionellen Beziehung gibt es einmal die Norm, dass die alte Frau bei Entscheidungen fuer den Haushalt das letzte Wort und die groessere Autoritaet hat. Aber es ist auch haeufig, dass die kleine Frau beim Mann mehr Einfluss hat. „Wenn Du was erreichen willst, musst Du ueber die kleine Frau gehn“. Sie ist schliesslich das neue Spielzeug und bekommt deshalb mehr Aufmerksamkeit, Liebe, Geschenke. Eine Ausnahme ist, wenn der Mann gar keine zweite Frau haben wollte, aber die Familie ihn nochmal verheiratet hat, weil er zum Beispiel ein lokaler Wuerdentraeger ist und deshalb mehr als eine Frau von ihm erwartet wird. Es kommt durchaus vor, dass der Mann gleichzeitig mit allen seinen Frauen Kinder macht, in anderen Beziehungen kommen die Frauen eher nacheinander, man sucht sich eine Frische, nachdem man die Alte aufgebraucht hat. Dass es gleichzeitige Kinder gibt, sei vor allem bei Muslimen ueblich, denn: Jede Frau bekommt das Gleiche.
Wenn ein Mann von seiner ersten Frau die Nase voll hat und sie nicht mit der naechsten Heirat einverstanden ist, kann er fuer die zweite Frau ein Apartment mieten (das gilt wohl eher fuer die staedtische Lebensform) und wird dann meistens dort zu finden sein und nicht in seinem alten Haus. Wenn er aber die alte Frau aus dem Haus schmeisst, bekommt er Aerger, das ist gesellschaftlich nicht angesehn. Wenn eine Frau aus dem Haus gejagt wird, weil sie sich nicht ordentlich benommen hat, oder auch wenn sie selbst weglaeuft, dann gibt es zwei Alternativen: Zurueck zu den Eltern (wenn die noch leben) oder in die grosse Stadt, in ein ungewisses Schicksal ohne familiaere Unterstuetzung.
Eine weitere Art, unerwartet an eine weitere Frau zu kommen, ist das Frauengeschenk: Eine Familie schenkt dem Mann einer anderen Familie eine der Toechter. Das passiert zum Beispiel zwischen Schwiegerfamilien. Der Mann hat schon einer Frau (=Arbeitskraft) aus der anderen Familie weggeheiratet. Deshalb ist seine eigene Familie verpflichtet, der Familie der Frau immer viel Unterstuetzung zu geben. Vor allem bei Beerdigungen wird von den Schwiegerfamilien erwartet, dass sie den Hauptteil der Kosten tragen. Und wenn sich einer dabei besonders gut und grosszuegig zeigt, dann moechte man die Bande mit dieser Familie staerken und bietet dem Mann eine weitere Tochter an. Heutzutage wird die Frau dann meist aus Hoeflichkeit, und um das Geschenk formal anzunehmen, fuer ein paar Tage aufgenommen und dann unberuehrt wieder nach Hause geschickt. Aber Kollegin M hat einen ueber 70jaehrigen Nachbarn im Dorf, der die 22jaehrige, die ihm vor kurzem geschenkt wurde, dankend angenommen und flugs zwei Kinder gezeugt hat.
Essen: Hirsebrot
Eva in Ghana
Endlich bin ich dem Hinweis nachgegangen, dass Hirsemehl so aehnlich funktioniert wie Roggenmehl, also Brot schwerer und herzhafter macht. Gestern auf dem Markt war das eher Zufall, dass ich auf der Suche nach Weizenmehl fragte, was denn die anderen Pulver seien und ein hellbraunes eben Hirsemehl war. Zwei leere Bohnendosen voll fuer zweitausend. Gestern und heute morgen schnell das vorhandene Oliven-Zwiebel-Brot aufgegessen (oh ja, in dem „Supermarkt“ der sich selbst so nennt und seine Anfuehrungszeichnen wirklich verdient, hab ich neulich Oliven gefunden), damit ich neu backen konnte. In der Kiste mit den Brotbackmischungen noch Trockenhefepaeckchen gefunden, juhu ich dachte schon, das war’s. Grundlage fuer das erste Hirsebrot meines Lebens war ein biederes deutsches Backbuchrezept, aber dann irgendwie alles anders. Folgendermassen:
400 g Weizenmehl
200 g Hirsemehl
1 EL Salz
350 ml Wasser
1 Paeckchen Trockenhefe
5 El Olivenoel
Fenchelsamen, Pfefferkoerner, Senfsaat, Kuemmel, schwarzer Sesam (im Moerser grob zermahlen)
Alle trockenen Zutaten mischen. Mit dem Rest zu einem koestlich geschmeidigen Teig verkneten (fuehlt sich ganz eigen an). In tropischen Temperaturen schnell immens aufgehn lassen, kleinkneten, aufs Blech, nochmal gehn lassen und backen.
Und dann hatte eine Englaenderin, die wir gestern zu Besuch hatten, uns genau erklaert, wo denn nun Grace’s Shop ist, wo es Butter gibt. Waehrend der Teig mit dem immensen Aufgehn beschaeftigt war, sind wir in die Stadt gefahren, haben zuerst jungen Kerls dabei zugesehn, wie sie tanzend und lachend den Sonntag nachmittag versoffen und haben dann BUTTER oh gekauft. Als das Brot fertig war, haben wir es gleich heiss zur Haelfte verspeist, mit dick Butter-oh.
Eine ghanaische Freundin von Kollegin M war auch dabei. Sie probierte und meinte dann: Das ist also Butter. Und das in einer Gegend, in der es wahrscheinlich mehr Kuehe gibt als Menschen... Das Brot ist uebrigens koestlich und nicht nur die Fliege, die der Teufel in der Not frisst. Das Hirsemehl vielleicht etwas leichter als Roggen und mit einem runden, leicht suesslich-malzigen Geschmack.
Endlich bin ich dem Hinweis nachgegangen, dass Hirsemehl so aehnlich funktioniert wie Roggenmehl, also Brot schwerer und herzhafter macht. Gestern auf dem Markt war das eher Zufall, dass ich auf der Suche nach Weizenmehl fragte, was denn die anderen Pulver seien und ein hellbraunes eben Hirsemehl war. Zwei leere Bohnendosen voll fuer zweitausend. Gestern und heute morgen schnell das vorhandene Oliven-Zwiebel-Brot aufgegessen (oh ja, in dem „Supermarkt“ der sich selbst so nennt und seine Anfuehrungszeichnen wirklich verdient, hab ich neulich Oliven gefunden), damit ich neu backen konnte. In der Kiste mit den Brotbackmischungen noch Trockenhefepaeckchen gefunden, juhu ich dachte schon, das war’s. Grundlage fuer das erste Hirsebrot meines Lebens war ein biederes deutsches Backbuchrezept, aber dann irgendwie alles anders. Folgendermassen:
400 g Weizenmehl
200 g Hirsemehl
1 EL Salz
350 ml Wasser
1 Paeckchen Trockenhefe
5 El Olivenoel
Fenchelsamen, Pfefferkoerner, Senfsaat, Kuemmel, schwarzer Sesam (im Moerser grob zermahlen)
Alle trockenen Zutaten mischen. Mit dem Rest zu einem koestlich geschmeidigen Teig verkneten (fuehlt sich ganz eigen an). In tropischen Temperaturen schnell immens aufgehn lassen, kleinkneten, aufs Blech, nochmal gehn lassen und backen.
Und dann hatte eine Englaenderin, die wir gestern zu Besuch hatten, uns genau erklaert, wo denn nun Grace’s Shop ist, wo es Butter gibt. Waehrend der Teig mit dem immensen Aufgehn beschaeftigt war, sind wir in die Stadt gefahren, haben zuerst jungen Kerls dabei zugesehn, wie sie tanzend und lachend den Sonntag nachmittag versoffen und haben dann BUTTER oh gekauft. Als das Brot fertig war, haben wir es gleich heiss zur Haelfte verspeist, mit dick Butter-oh.
Eine ghanaische Freundin von Kollegin M war auch dabei. Sie probierte und meinte dann: Das ist also Butter. Und das in einer Gegend, in der es wahrscheinlich mehr Kuehe gibt als Menschen... Das Brot ist uebrigens koestlich und nicht nur die Fliege, die der Teufel in der Not frisst. Das Hirsemehl vielleicht etwas leichter als Roggen und mit einem runden, leicht suesslich-malzigen Geschmack.
Falschen Krokodilen an den Schwanz
Eva in Ghana
Zu den Dingen, von denen mir schon vor meiner Abreise ueber Ghana erzaehlt wurde, gehoeren die heiligen und daher friedfertigen Krokodile in Paga, denen man Huehner opfert und zum Dank fuer diese Gabe ein Foto mit Krokoschwanz in der Hand schiessen kann, ohne selbst gefressen zu werden. Die Krokodile beherrbergen die Seelen der lokalen Vorfahren und sorgen fuer ihre Nachkommen durch das Verspeisen ueberteuerter magerer Huehner.
Wenn man durch Paga faehrt, kommt irgendwann ein Schild zum Crocodile Pond, dann gehts ueber Stock und Stein zu einem kleinen Tuempel. Unter einem Baum sitzt die Dorfjugend und wartet, dass was passiert. Der Fremdenfuehrer wird von einem Kumpel aus der Moschee geholt, wo er grade sein Freitagsgebet beendet hatte. Welcome, welcome usw. Preisverhandlungen, die mit dem Argument ausgehebelt werden, dass das Huhn ja ueberteuert sein muss, damit die community am community tourism auch was verdienen kann. Die Jungs versuchen zuerst ein freilaufendes Huhn einzufangen, das waere natuerlich super gewesen, dann haetten sie 100% Gewinn gemacht ohne Investition. Dabei wurde viel gelacht und fuer alle Beteiligten war das eher ein Spiel – das das Huhn gewann. Also ging unser Fuehrer in den kleinen Lehmstall und kam mit einem Federding in der Hand raus, das ich zuerst fuer einen toten Koeder hielt, weil ich noch nie so ein erbaermlich mageres Huhn gesehn hab.
Damit gings runter an den Teich, kurzes Gewedel da kam auch schon ein fettes Krokodil raus. Ich war erstaunt, wie lang seine Beine waren und wie hoch der Bauch ueber der Erde getragen wird. Das Huhn wurde ihm im hohen Bogen zugeworfen, Schnapp! nur noch ein Fuss ragt aus dem Mundwinkel, noch lebend wird das ganze Huhn verschluckt. Schliesslich gehoert es zum Protokoll, dass mindestens einer der Touristen sich mit Krokodil fotografieren laesst. Da ich das meinen Eltern kaum zumuten konnte, hielt ich also den dreckigen Krokodilschwanz in die Luft, waehrend die Mutter aus der Ferne mit Abscheu zusah und der Vater Fotos machte (die wir spaeter alle aus Versehen loeschten).
Waehrend des ganzen Spektakels beobachteten wir einen Jungen, der seinen widerstrebenden Esel am Karren mit Stockschlaegen in den Teich trieb. Auf dem Karren war ein Fass, das er mit Schmuddelwasser fuellen wollte. Der Esel war zwischen all den Krokodilen so nervoes, dass er beim Zusammenzucken das volle Fass vom Karren stiess, der Schoepfeimer wurde vom Wind weiter in den Tuempel getrieben und der Junge musste von vorne anfangen...
Aber warum „falsche Krokodile“? Darum: Wir sind vom Tuempel zurueck auf die Hauptstrasse und dann Richtung Grenze, weil wir mal sehn wollten, ob Burkina Faso anders ist als Ghana und ob sie vielleicht Kaese verkaufen... (ist es nicht und tun sie nicht, zumindest nicht gleich hinter der Grenze, nur „la vache qui rit“ und die Kuh lacht ja grad, weils kein Kaese ist). Und da sehn wir links der Strasse einen grossen Dam mit Schild dran „Crocodile Pond“, man kann die Krokodilaugen schon von der Strasse aus dem Wasser stippen sehn.
Ich muss nur lachen und bin voller Bewunderung fuer die geschaeftstuechtigen Ghanaer, dass sie einfach eine kleinere Zweigstelle des heiligen Teichs aufmachen. Und, das ist ja fast schon eine philosophische Frage: Wenn ich selbst nicht an die Heiligkeit von Krokodilen glaube, ist dann ein Teich mit urspruenglich verehrten Krokodilen trotzdem mehr wert, als einer, in dem Krokodile sitzen, die von den Teichbetreibern ebensowenig verehrt werden wie von mir? Was, wenn beide Krokodilunternehmer, also der Haeuptling am grossen Teich und die Jungunternehmer am kleinen, die Krokodile verehren. Ist dann der kleine Teich tatsaechlich so ein Betrug, wie man spontan fuehlt? Und wenn die Geschichte stimmt, dass es nachts Krokodilbesuche ueber die Strasse in den anderen Teich gibt...?
Zu den Dingen, von denen mir schon vor meiner Abreise ueber Ghana erzaehlt wurde, gehoeren die heiligen und daher friedfertigen Krokodile in Paga, denen man Huehner opfert und zum Dank fuer diese Gabe ein Foto mit Krokoschwanz in der Hand schiessen kann, ohne selbst gefressen zu werden. Die Krokodile beherrbergen die Seelen der lokalen Vorfahren und sorgen fuer ihre Nachkommen durch das Verspeisen ueberteuerter magerer Huehner.
Wenn man durch Paga faehrt, kommt irgendwann ein Schild zum Crocodile Pond, dann gehts ueber Stock und Stein zu einem kleinen Tuempel. Unter einem Baum sitzt die Dorfjugend und wartet, dass was passiert. Der Fremdenfuehrer wird von einem Kumpel aus der Moschee geholt, wo er grade sein Freitagsgebet beendet hatte. Welcome, welcome usw. Preisverhandlungen, die mit dem Argument ausgehebelt werden, dass das Huhn ja ueberteuert sein muss, damit die community am community tourism auch was verdienen kann. Die Jungs versuchen zuerst ein freilaufendes Huhn einzufangen, das waere natuerlich super gewesen, dann haetten sie 100% Gewinn gemacht ohne Investition. Dabei wurde viel gelacht und fuer alle Beteiligten war das eher ein Spiel – das das Huhn gewann. Also ging unser Fuehrer in den kleinen Lehmstall und kam mit einem Federding in der Hand raus, das ich zuerst fuer einen toten Koeder hielt, weil ich noch nie so ein erbaermlich mageres Huhn gesehn hab.
Damit gings runter an den Teich, kurzes Gewedel da kam auch schon ein fettes Krokodil raus. Ich war erstaunt, wie lang seine Beine waren und wie hoch der Bauch ueber der Erde getragen wird. Das Huhn wurde ihm im hohen Bogen zugeworfen, Schnapp! nur noch ein Fuss ragt aus dem Mundwinkel, noch lebend wird das ganze Huhn verschluckt. Schliesslich gehoert es zum Protokoll, dass mindestens einer der Touristen sich mit Krokodil fotografieren laesst. Da ich das meinen Eltern kaum zumuten konnte, hielt ich also den dreckigen Krokodilschwanz in die Luft, waehrend die Mutter aus der Ferne mit Abscheu zusah und der Vater Fotos machte (die wir spaeter alle aus Versehen loeschten).
Waehrend des ganzen Spektakels beobachteten wir einen Jungen, der seinen widerstrebenden Esel am Karren mit Stockschlaegen in den Teich trieb. Auf dem Karren war ein Fass, das er mit Schmuddelwasser fuellen wollte. Der Esel war zwischen all den Krokodilen so nervoes, dass er beim Zusammenzucken das volle Fass vom Karren stiess, der Schoepfeimer wurde vom Wind weiter in den Tuempel getrieben und der Junge musste von vorne anfangen...
Aber warum „falsche Krokodile“? Darum: Wir sind vom Tuempel zurueck auf die Hauptstrasse und dann Richtung Grenze, weil wir mal sehn wollten, ob Burkina Faso anders ist als Ghana und ob sie vielleicht Kaese verkaufen... (ist es nicht und tun sie nicht, zumindest nicht gleich hinter der Grenze, nur „la vache qui rit“ und die Kuh lacht ja grad, weils kein Kaese ist). Und da sehn wir links der Strasse einen grossen Dam mit Schild dran „Crocodile Pond“, man kann die Krokodilaugen schon von der Strasse aus dem Wasser stippen sehn.
Ich muss nur lachen und bin voller Bewunderung fuer die geschaeftstuechtigen Ghanaer, dass sie einfach eine kleinere Zweigstelle des heiligen Teichs aufmachen. Und, das ist ja fast schon eine philosophische Frage: Wenn ich selbst nicht an die Heiligkeit von Krokodilen glaube, ist dann ein Teich mit urspruenglich verehrten Krokodilen trotzdem mehr wert, als einer, in dem Krokodile sitzen, die von den Teichbetreibern ebensowenig verehrt werden wie von mir? Was, wenn beide Krokodilunternehmer, also der Haeuptling am grossen Teich und die Jungunternehmer am kleinen, die Krokodile verehren. Ist dann der kleine Teich tatsaechlich so ein Betrug, wie man spontan fuehlt? Und wenn die Geschichte stimmt, dass es nachts Krokodilbesuche ueber die Strasse in den anderen Teich gibt...?
Montag, Mai 16, 2005
Zwischenstopp
Die Eltern halten mich so auf Trapp mit Ihrem Abenteuerdrang, dass ich gar nicht dazu komme, alles aufzuschreiben. Jetzt hab ich sie allein losgeschickt, damit ich ein bisschen arbeiten kann, aber wenn ich ein bisschen arbeite, kann ich ja auch nicht all unsere Abenteur aufschreiben. Also nur das Eine: Blogs sind absolut sinnlos. Obwohl ich doch alles im Detail beschrieben hatte, konnten sie sich nicht vorstellen, wie sich das hier anfuehlt, wie es riecht und wie man hier lebt. Wir lachen gemeinsam darueber, dass sie in einem der beiden Supermaerkte Ghanas nur zwei Flaschen Wasser kauften und nicht auf die Idee kamen, mir irgendeine lange vermisste Delikatesse (Kaese? Yoghurt? Oliven?) mitzubringen...
Oh, aber dafuer haben sie einen fetten Sack Geburtstagsgeschenke mitgebracht, wunderbar, Koelsche Lieder, Luebecker Marzipan, Buecher, Mitbringsel aus Indien, Gemuesesaat, Lichterkette, Fotos und und und. Danke meine Lieben.
Oh, aber dafuer haben sie einen fetten Sack Geburtstagsgeschenke mitgebracht, wunderbar, Koelsche Lieder, Luebecker Marzipan, Buecher, Mitbringsel aus Indien, Gemuesesaat, Lichterkette, Fotos und und und. Danke meine Lieben.
Montag, Mai 09, 2005
altes Zeug
So, mit dem Memory Stick zum Internetcafe gegangen, alte Blogs (rueckwaerts bis 3. Mai) ins Netz gestellt. Ausserdem: Meine Afrikaner lieben meine Kuchen. Juhuu. Da es kein anderes Obst als Mangos und Orangen und alte reife Plantain gab, musste ich meinen Applecrumble etwas umwurschteln, Plantainmatsch mit Mango- und Orangenstuecken. Verboten suess aber lecker. Der Sturm hat eben meinen guten Mangobaum (den mit den fetten Mangos, die noch nicht reif sind) um einen grossen Ast und die halbe Ernte gebracht.
Ausserdem: Die Eltern rufen dauernd an und sagen, sie seien im Paradies. Muss ich mir Sorgen machen? Sind sie vielleicht im falschen Land gelandet?
Ausserdem: Die Eltern rufen dauernd an und sagen, sie seien im Paradies. Muss ich mir Sorgen machen? Sind sie vielleicht im falschen Land gelandet?
Essen: Suesse Not
Lecker aus der Not geboren: Minz-Limonen-Nudeln
Knoblauch und frische kleine scharfe Pepperoni mit Salz im Moerser toeten, dazu ein Loeffelchen englische Minzsauce, Limonensaft, Olivenoel. Ueber Nudeln. Hahaha. Lest die Zutatenliste und Ihr seht, wie arg meine Not ist. So lecker, dass mir beim Schreiben schon wieder das Wasser aus den Mundwinkeln tropft. Aber gleich ist ja zum Glueck mein Foccacia fertig. Ideales Klima fuer Hefeteig, gleichmaessig warm und windlos. Als ich dem Teig beim Gehen zusah, musste ich an das Maerchen mit dem Griespudding in allen Strassen denken...
Aber da nix perfekt ist: Hoffnungslos fuer Muerbeteig. Nicht nur, dass es natuerlich keine Butter gibt. So richtig gut kriegt man den hier wohl nur hin, wenn man die Klimaanlage auf Hochtouren laufen laesst. Aber bislang hab ich nur im Auto Klimaanlage... Wenn man also bald eine knetende Frau im Pickup durch die Strassen Bolgas fahren sieht... Fuer diesmal hab ich mich damit begnuegt, schlechten Muerbeteig zu machen.
Aus dem Buch: Wild Boar on the Kitchen Floor (Wildschwein auf dem Kuechenboden – Rezeptsammlung fuer Amis in Westafrika) noch ein Rezept, das ich noch nicht versucht hab. Bitteschoen:
Eggless, Milkless, Butterless Cake
Boil together for 3 min
1c raisins
1c sugar
1c water
½c oil
Cool and add
1/4t salt
1t cinamon
1t nutmeg
2T cocoa
1t soda dissolved in 1/4c water
2c flour
1t baking powder
Bake at 350F for 30 min
Eierloser, milchloser, butterloser Kuchen
(die Angaben zur Umrechnung von c bieten nur Essloeffel an...)
3 Min lang kochen:
16 El Rosinen
16 El Zucker
16 El Wasser
8 El Oel
Abkuehlen lassen und hinzufuegen:
¼ Tl Salz
1 Tl Zimt
1 Tl Muskatnuss
2 El Kakao
1 Tl Soda in 4 El Wasser aufgeloest
32 EL Mehl
1 Tl Backpulver
30 min bei 180 Grad backen.
Ich bin gespannt auf Testberichte.
Knoblauch und frische kleine scharfe Pepperoni mit Salz im Moerser toeten, dazu ein Loeffelchen englische Minzsauce, Limonensaft, Olivenoel. Ueber Nudeln. Hahaha. Lest die Zutatenliste und Ihr seht, wie arg meine Not ist. So lecker, dass mir beim Schreiben schon wieder das Wasser aus den Mundwinkeln tropft. Aber gleich ist ja zum Glueck mein Foccacia fertig. Ideales Klima fuer Hefeteig, gleichmaessig warm und windlos. Als ich dem Teig beim Gehen zusah, musste ich an das Maerchen mit dem Griespudding in allen Strassen denken...
Aber da nix perfekt ist: Hoffnungslos fuer Muerbeteig. Nicht nur, dass es natuerlich keine Butter gibt. So richtig gut kriegt man den hier wohl nur hin, wenn man die Klimaanlage auf Hochtouren laufen laesst. Aber bislang hab ich nur im Auto Klimaanlage... Wenn man also bald eine knetende Frau im Pickup durch die Strassen Bolgas fahren sieht... Fuer diesmal hab ich mich damit begnuegt, schlechten Muerbeteig zu machen.
Aus dem Buch: Wild Boar on the Kitchen Floor (Wildschwein auf dem Kuechenboden – Rezeptsammlung fuer Amis in Westafrika) noch ein Rezept, das ich noch nicht versucht hab. Bitteschoen:
Eggless, Milkless, Butterless Cake
Boil together for 3 min
1c raisins
1c sugar
1c water
½c oil
Cool and add
1/4t salt
1t cinamon
1t nutmeg
2T cocoa
1t soda dissolved in 1/4c water
2c flour
1t baking powder
Bake at 350F for 30 min
Eierloser, milchloser, butterloser Kuchen
(die Angaben zur Umrechnung von c bieten nur Essloeffel an...)
3 Min lang kochen:
16 El Rosinen
16 El Zucker
16 El Wasser
8 El Oel
Abkuehlen lassen und hinzufuegen:
¼ Tl Salz
1 Tl Zimt
1 Tl Muskatnuss
2 El Kakao
1 Tl Soda in 4 El Wasser aufgeloest
32 EL Mehl
1 Tl Backpulver
30 min bei 180 Grad backen.
Ich bin gespannt auf Testberichte.
Samstag, Mai 07, 2005
Expats
Dies Wort hab ich erst gelernt, seit ich mehr mit Leuten zu tun hab, die in Afrika arbeiten. Kurzform von Expatriate und das ist einer, der nicht in seiner Heimat lebt. Wenn man in Afrika ist, ist das aber nicht der Gastarbeiter aus dem Nachbarland und auch nicht der Fluechtling aus der Krisenregion. Der Expat tritt normalerweise gruppenweise auf, bildet eine sogenannte Expat Community, am staerksten ausgepraegt in der jeweiligen Hauptstadt und am wohlsten fuehlt er sich in seinem angestammten Habitat... also in der coolen Sushi-Bar und dem englischen Pub, wo Fussballflaggen von der Decke haengen und man sich Donnerstags zum Pub Quizz trifft. Hier isst und trinkt und feiert man wie zu Hause und (leider oder gluecklicherweise?) ist das Bier so teuer, dass kaum ein Local so bescheuert waere, hier trinken zu wollen. Der Expat kann sich das locker leisten, da er als Experte im Entwicklungsbusiness oder als Manager von Shering Westafrika genug verdient, um wie ein Koenig zu leben und trotzdem noch zu sparen.
Ihr habt es vermutlich erkannt. Ich bin ein Expat.
Und kann dagegen so wenig unternehmen, wie der Rucksacktourist, der auf die boesen Touristen schimpft und sich fuer was besseres haelt, weil der weniger Geld im Land laesst. Also esse ich den Parmesan mit Genuss und Dankbarkeit und ich geb’s zu, ich hab mich bei der Quizznight sogar ein wenig amuesiert. Aber nur ein wenig, etwa so viel, wie ich mich bei der gleichen Beschaeftigung in England amuesiert haette... Aber gleichzeitig bin ich froh, dass ich jetzt wieder zu Hause in Bolga bin, wo ich Afrika nicht entkommen kann, denn das passiert einem in der Hauptstadt so leicht und unbemerkt, dass man sich von einer europaeischen Insel zur naechsten hangelt. Andererseits, und da seht Ihr, wie schwach ich bin, moechte ich auch nicht mit Kollegin M tauschen und bei einer Familie auf dem Dorf leben. Da kann man nun Afrika so wenig entkommen, dass es mich auf die Dauer wohl doch nervoes machen wuerde
Ihr habt es vermutlich erkannt. Ich bin ein Expat.
Und kann dagegen so wenig unternehmen, wie der Rucksacktourist, der auf die boesen Touristen schimpft und sich fuer was besseres haelt, weil der weniger Geld im Land laesst. Also esse ich den Parmesan mit Genuss und Dankbarkeit und ich geb’s zu, ich hab mich bei der Quizznight sogar ein wenig amuesiert. Aber nur ein wenig, etwa so viel, wie ich mich bei der gleichen Beschaeftigung in England amuesiert haette... Aber gleichzeitig bin ich froh, dass ich jetzt wieder zu Hause in Bolga bin, wo ich Afrika nicht entkommen kann, denn das passiert einem in der Hauptstadt so leicht und unbemerkt, dass man sich von einer europaeischen Insel zur naechsten hangelt. Andererseits, und da seht Ihr, wie schwach ich bin, moechte ich auch nicht mit Kollegin M tauschen und bei einer Familie auf dem Dorf leben. Da kann man nun Afrika so wenig entkommen, dass es mich auf die Dauer wohl doch nervoes machen wuerde
Freitag, Mai 06, 2005
Krasse Nummer
Eben klingelte mein Telefon. Die Mutter: Hallo, Eva, wir sind hier mit nem Polizisten, Du musst mal mit dem reden.
Dann in gebrochenem English und mit Knacken in der Leitung der verworrene Bericht, warum er meine Eltern vor Gericht bringen wird, wenn sie ihm nicht auf der Stelle drei Millionen bezahlen. In der Geschichte kam eine ueberfahrene rote Ampel vor. Wobei man wissen muss, dass die Farbwahl der Ampeln von den Einheimischen hoechstens als Vorschlag verstanden wird. Aber was macht man, wenn man 9000 Kilometer entfernt ist und der Mensch einfach drauf besteht, drei Mille oder Gericht zackzack.
Man geht zum Ghanaischen Kollegen, der fuer die Regierung arbeitet und sagt: Du musst mir helfen. Nach kurzer Erklaerung hat er das Telefon genommen und begann in seinem Buero auf und ab zu gehn, waehrend er erklaerte, dass meine Eltern Gaeste der Water Resource Commission seien und der Polizist uns doch sicher behilflich sein koennte, sie wohlbehalten nach Bolga zu bringen. Er solle doch bitte verstehn, dass die beiden zum ersten Mal im Land seien und noch nicht wuessten, wie alles funktioniert... Und ausserdem, sein juengerer Bruder arbeite im Hauptquartier der Polizei in Accra und ob wir bitte den Namen des Polizisten haben koennten (den Namen gab er nicht...).
Da es sich bei den 3 Mille (330 US$)natuerlich um Bestechungsgeld und nicht um eine formal korrekte Strafe handelte, war dieser kleine Bruder sehr hilfreich - aber, und das ist so Ghanaisch - das Ergebnis war nicht, dass er nix kriegte, sondern ein realistischeres Bestechungsgeld. Noch immer nicht "local rate", mein Kollege sagte, in so einem Fall wuerde er nie mehr als 50 000 bezahlen. Er einigte sich schliesslich mit unserem Freund und Helfer auf 300 000.
Ok, ich hab den Eltern erklaert, was sie zahlen muessen. Kurz spaeter riefen sie wieder an: Der will 400 000! Ok, gebt ihn mir mal. Inzwischen hatte sich die Wut bei mir zu einer schoenen Betriebstemperatur erhitzt. Ich bin ganz erstaunt von mir, wie arg ich Leute hier ausschimpfen kann, wenn benoetigt. (ich lerne eben, mich kulturell angemessen zu verhalten) Also: This is disgraceful, you should be ashamed of yourself, being a Ghanean and treating foreigners so badly, you give me your name so we can follow this up... (also, wie wuerdelos ist das, als Ghanaer mit Auslaendern so umzugehn, schaem Dich. Wie ist Dein Name, wir werden das weiterverfolgen usw.)
Als die Mutter schliesslich lachend anrief um zu sagen, dass sie wieder frei sind, war sie ganz begeistert davon, wie spannend reisen in Ghana ist. Und meinte, er sei am Ende ganz zerknirscht gewesen. Was ihn aber nicht davon abhielt, sie noch als Mitfahrgelegenheit zu nutzen und ihr Handy zu fordern, um irgendwelche privaten Telefonate zu fuehren. "Aber ich hab ja zum Glueck nie Angst, hab ich ihm natuerlich nicht gegeben..."
Dann in gebrochenem English und mit Knacken in der Leitung der verworrene Bericht, warum er meine Eltern vor Gericht bringen wird, wenn sie ihm nicht auf der Stelle drei Millionen bezahlen. In der Geschichte kam eine ueberfahrene rote Ampel vor. Wobei man wissen muss, dass die Farbwahl der Ampeln von den Einheimischen hoechstens als Vorschlag verstanden wird. Aber was macht man, wenn man 9000 Kilometer entfernt ist und der Mensch einfach drauf besteht, drei Mille oder Gericht zackzack.
Man geht zum Ghanaischen Kollegen, der fuer die Regierung arbeitet und sagt: Du musst mir helfen. Nach kurzer Erklaerung hat er das Telefon genommen und begann in seinem Buero auf und ab zu gehn, waehrend er erklaerte, dass meine Eltern Gaeste der Water Resource Commission seien und der Polizist uns doch sicher behilflich sein koennte, sie wohlbehalten nach Bolga zu bringen. Er solle doch bitte verstehn, dass die beiden zum ersten Mal im Land seien und noch nicht wuessten, wie alles funktioniert... Und ausserdem, sein juengerer Bruder arbeite im Hauptquartier der Polizei in Accra und ob wir bitte den Namen des Polizisten haben koennten (den Namen gab er nicht...).
Da es sich bei den 3 Mille (330 US$)natuerlich um Bestechungsgeld und nicht um eine formal korrekte Strafe handelte, war dieser kleine Bruder sehr hilfreich - aber, und das ist so Ghanaisch - das Ergebnis war nicht, dass er nix kriegte, sondern ein realistischeres Bestechungsgeld. Noch immer nicht "local rate", mein Kollege sagte, in so einem Fall wuerde er nie mehr als 50 000 bezahlen. Er einigte sich schliesslich mit unserem Freund und Helfer auf 300 000.
Ok, ich hab den Eltern erklaert, was sie zahlen muessen. Kurz spaeter riefen sie wieder an: Der will 400 000! Ok, gebt ihn mir mal. Inzwischen hatte sich die Wut bei mir zu einer schoenen Betriebstemperatur erhitzt. Ich bin ganz erstaunt von mir, wie arg ich Leute hier ausschimpfen kann, wenn benoetigt. (ich lerne eben, mich kulturell angemessen zu verhalten) Also: This is disgraceful, you should be ashamed of yourself, being a Ghanean and treating foreigners so badly, you give me your name so we can follow this up... (also, wie wuerdelos ist das, als Ghanaer mit Auslaendern so umzugehn, schaem Dich. Wie ist Dein Name, wir werden das weiterverfolgen usw.)
Als die Mutter schliesslich lachend anrief um zu sagen, dass sie wieder frei sind, war sie ganz begeistert davon, wie spannend reisen in Ghana ist. Und meinte, er sei am Ende ganz zerknirscht gewesen. Was ihn aber nicht davon abhielt, sie noch als Mitfahrgelegenheit zu nutzen und ihr Handy zu fordern, um irgendwelche privaten Telefonate zu fuehren. "Aber ich hab ja zum Glueck nie Angst, hab ich ihm natuerlich nicht gegeben..."
Dienstag, Mai 03, 2005
Hause
Gestern bin ich wieder in Bolga, zu Hause, angekommen. Den halben Tag gestern und den ganzen Tag heute damit verbracht, hier anzukommen, vom Hinterhaus ins Vorderhaus zu ziehn, aus dem die Handwerker nun verschwunden sind – ohne es wirklich fertig zu machen, in meinem Schlafzimmer und im Flur gibt es leider kein Licht. Was aber nicht viel ausmachte, da wir gestern ohnehin Stromausfall hatten. Oh, ich hatte vergessen, WIE dunkel es ist, wenn man nicht nur bei sich das Licht ausmacht, sondern alle Nachbarn auch ausgeknipst werden. Die Hunde begannen zu Jaulen und wir (Kollegin M und ich) freuten uns, dass wir einen guten Grund hatten, sehr frueh schlafen zu gehn. Draussen tausend Sterne. Aber leider verderben einem die Moskitos den Spass am nachts draussen sitzen. Als ich heute mit Mary meine Klamotten ins grosse Haus raeumte, hielt sie irgendwann meine blickdichte Strumpfhose in der Hand, die ich im europaeischen Winter meines Abflugs trug. Ich erklaerte ihr, wofuer die gut ist. Und sie erklaerte mir, wofuer die gut ist. Waehrend ich also von der Kaelte Europas erzaehlte (als wenn Du in den Eisschrank steigst und die Tuer zumachst...), sagte sie: Die kommen immer in den Ladungen mit Second Hand Kleidung, die hier verkauft wird. Unsere Frauen tragen die in der Regenzeit zum Schlafen, wir denken, dafuer sind die gemacht. Hae??? Ach so, als Schutz gegen Moskitos, die beissen da nicht durch.
Die ganze Zeit erfreu ich mich ungemein an meiner Haeuslichkeit, hab schon wieder Brot gebacken und verschlungen und an M verfuettert... Was mich zum Thema „Leute fuettern“ etwas melancholisch stimmt, ist dass ich zum ersten Mal seit einem Jahrhundert zu meinem Geburtstag nicht weiss, wen ich zum Fruehstueck einladen soll, all meine Lieben so weit weit weg. Keiner, der von nah oder fern anreist, kein Fruehstuecken bis zwei Uhr nachts mit denen, die bei mir uebernachten... Und selbst die Leute, die mir in diesem Land nahegekommen sind, sind ungemein verstreut. Was mich ausserdem einschuechtert, ist folgendes: Alle Weissen, die ich hier kenne, sagen, dass sie es noch nicht geschafft haben, fuer Ghanaer so zu kochen, dass die das auch lecker fanden. Was will man erwarten, in der Europaeischen Kueche kommt Schleimsuppe mit Broeckchen nicht vor. In meiner zumindest nicht... Nun, vielleicht sollte ich sie alle Sonntag nach der Kirche zum Kuchen essen einladen. Suesskram scheint universeller zu sein – Hauptsache suess...
Die ganze Zeit erfreu ich mich ungemein an meiner Haeuslichkeit, hab schon wieder Brot gebacken und verschlungen und an M verfuettert... Was mich zum Thema „Leute fuettern“ etwas melancholisch stimmt, ist dass ich zum ersten Mal seit einem Jahrhundert zu meinem Geburtstag nicht weiss, wen ich zum Fruehstueck einladen soll, all meine Lieben so weit weit weg. Keiner, der von nah oder fern anreist, kein Fruehstuecken bis zwei Uhr nachts mit denen, die bei mir uebernachten... Und selbst die Leute, die mir in diesem Land nahegekommen sind, sind ungemein verstreut. Was mich ausserdem einschuechtert, ist folgendes: Alle Weissen, die ich hier kenne, sagen, dass sie es noch nicht geschafft haben, fuer Ghanaer so zu kochen, dass die das auch lecker fanden. Was will man erwarten, in der Europaeischen Kueche kommt Schleimsuppe mit Broeckchen nicht vor. In meiner zumindest nicht... Nun, vielleicht sollte ich sie alle Sonntag nach der Kirche zum Kuchen essen einladen. Suesskram scheint universeller zu sein – Hauptsache suess...
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