Freitag, Juli 31, 2009

Kruemelmonster

Im Land der Einarmigen (die in dem anderen Arm immer ein Kind halten), ist nicht viel gebacken. Und ein Rezept ist gut, wenn's schnell geht, man nichts Spezielles braucht und noch dazu angedoetschte Reste gewinnbringend einsetzen kann. Also ist im Moment Crumble (Streuselauflauf?) das einzige Gebaeck meiner Wahl. Gestern wieder die Schwiegereltern damit gefuettert. Ein Teil Butter, ein Teil Zucker, zwei Teile Mehl zu Streuseln kneten. Jegliches traurige Obst, was noch im Kuehlschrank rumhaengt, in eine Auflaufform schnipseln, Streusel drueber, backen. Das Ergebnis ist so unverhaeltnismaessig viel leckerer als der Aufwand, den es erfordert, das gehoert verboten.

Mein Mann eben am Telefon: "War mittags kurz zu Hause um den uebrigen Kuchen aufessen. Und dann die Streusel in der Plastikschuessel. Lecker"
Ich: "In der Schuessel? Aber die waren doch noch gar nicht gebacken!"
Er: "Macht nix, trotzdem lecker."

Einen der ersten Familiensprueche, die ich ihm aus Anlass seiner Vaterschaft beigebracht hab, war: Wenn wir den Papa nicht haetten, koennten wir uns ein Schwein halten.

Ach Oma, ich bin beschaeftigt...

Sarah's Oma und Opa aus Pink Hill sind zu Besuch. Sobald ich aus Deutschland zurueck war, sassen sie in den Startloechern. Wir lachen: "Verwoehnt? Sarah wird doch nicht verwoehnt!" schon klar. Weil sie Sarah zwei Monate nicht gesehn haven, merke ich besonders deutlich, wie Sarah sich weiterentwickelt hat. Als sie zuletzt auf Opa's Arm war, war sie noch dies kleine kuschelige Kaetzchen, das am liebsten den ganzen Tag gehuckelt wurde, und das man mit Schnurren, Gurren und Wiegen aus jedem noch so aufgeregten Zustand beruhigen konnte. Inzwischen ist sie ein halbwuechsiger Tiger und das ewige Schnurren und Gurren langweilt sie. Sie will so getragen werden, dass sie die Welt sehn kann. Und was mir erst auffaellt, weil Oma und Opa nicht genug von ihr kriegen koennen: Sie hat irgendwann die Schnauze voll von all dem Heiteitei und moechte einfach nur in Ruhe auf ihrer Spieldecke liegen und ein Buch essen oder eine Ente hauen.

Wenn wir allein zu Hause sind, hat sie dazu genug Zeit, denn ab und zu habe ich ja auch genug von Heiteitei und will Buecher essen und Enten hauen.

Freitag, Juli 24, 2009

In Deutschland hab ich ab und zu gedacht: Ist das nicht unglaublich langweilig fuer die Muetter, die ein ganzes Babyjahr zu Hause bleiben, bevor sie wieder arbeiten gehn? Immer nur guggugaggaheiteitei. Und dann, um keine Rabenmuetter zu sein, nur Teilzeit?

Hier hab ich nun schon mehreren Freunden und Freundinnen versucht, das Konzept der Rabenmutter (raven mother???) zu erklaeren. Nicht nur dass es kein Wort dafuer gibt, auch die Idee an sich wurde nicht recht verstanden...

Andererseits...

Ja, andererseits war ich gestern bei der "Back to work" class ("Zurueck zur Arbeit" Klasse) im Stillzentrum, wo es vor allem darum ging, wie man die zwei oder drei Monate alten kleinen Stinker auch nach dem Wiedereinstieg weiter mit Muttermilch versorgen kann. Da spielt natuerlich die Milchpumpe (Prinzip Kuhstall) eine wichtige Rolle. Einer der Tipps, wie man das Pumpen in den vollgepackten Tagesablauf packen kann: Morgens im Stau schnell die Saugnaepfe anlegen, Stillschuerze ueberhaengen, dass keiner sieht, was man macht und los geht's: Schluerf, schluerf, schluerf. Allgemeine Begeisterung bei den anwesenden Damen.

Das Tolle ist, anders als telefonieren mit dem Handy, ist Pumpen waehrend des Fahrens nicht verboten. Na dann...

Montag, Juli 20, 2009

Saugnapf - oder: Bin ich Starbucks?

Das ist vermutlich eine fruehe Form der Klage pubertierender Eltern: "Du denkst wohl, hier ist Hotel Mama?!"

Sarah hat nun gelernt, also, naja, beinah gelernt, wie sie sich an meiner Milchbar selbst bedient. Wenn sie auf der Seite liegt und ich mich hinter sie lege und saeusel: "Sarah, hier ist Milch!", dreht sie sich um und faengt an zu saugen. Vermutlich wuerde sie das auch tun, wenn ich saeseln wuerde: "Obama traegt gebuegelte Jeans." oder was auch immer mir grade einfaellt.

Das kleine Problem ist, dass sie noch nicht ganz zielsicher ist und letztlich an allem zu saugen anfaengt, was warm und weich ist. So hatte ich diesen kleinen Saugnapf schon an meinem Bein haengen. Letzte Nacht bin ich davon aufgewacht, dass sie in meiner Achsel etwas suchte und nicht fand...

Und waehrend sie in den ersten Monaten dieses kleine Kaetzchen war, das sich fuer nichts interessiert, ausser, wo das Fressen herkommt, hat sie jetzt ein Starbucks-Verhalten entwickelt: Einen Schluck Milch trinken, dann in der Gegend rumgucken oder mit den Freunden quatschen, dann wieder einen Schluck Milch, der Begleitung (das bin in diesem Fall ich) tief und bedeutungsschwanger in die Augen gucken, noch ein Schlueckchen trinken.

Sonntag, Juli 19, 2009

Noch steriler

Wir haben fuer die Babyflaeschchen so Sterilisierungstueten. Man tut die Flaeschchen etc. in die Tueten, Wasser dazu und alles zusammen in die Mikrowelle, damit der Dampf den Keimen den Garaus macht. Heute haben wir neues Babyspielzeug bekommen - bzw. gebrauchtes Babyspielzeug und da faengt die Geschichte an.

Mann: Hast Du das sauber gemacht, wer weiss, was da fuer Keime dran sind!
Frau (Spuelt)
Mann: Nein, ich mein sterilisiert, pack das doch einfach in die Tueten und ab in die Mikrowelle.
Frau: Gute Idee
..... piep....
Mann: Um die Keime auf dem Spielzeug brauchen wir uns jetzt keine Sorgen mehr zu machen (wirft den geschmolzenen Plastikklumpen in den Muelleimer).

Donnerstag, Juli 16, 2009

Nanny Spy (Kindermaedchen Spion)

Das war ich gestern. Am Nachmittag mit Sarah auf dem Spielplatz - sie konnte da wilde Kinder beobachten und ich (das war mir vorher nicht so klar) konnte mal sehn, wie die Kindermaedchen mit ihren Schuetzlingen umgehn, wenn keine Muetter oder Vaeter dabei sind. Denn wochentags am Nachmittag arbeiten (fast) alle Eltern.

Nun gehoert es zu der Natur der Maeuse, dass sie auf den Tischen tanzen, wenn die Katze aus dem Haus ist. Und trotzdem hat mich der Nachmittag nachdenklich gestimmt.

Die Spielplatzbaenke sind nach Nationalitaet aufgeteilt, in der einen Ecke sitzen die Afrikanerinnen und palavern in Franzoesisch, in der anderen Ecke die Latinas und am Klettergeruest spielen zwei Muetter mit ihren Kindern. Ich hab da die unterschiedlichsten Verhaltensweisen gesehn und viele, vor allem die Latinas, waren sehr herzlich mit den Kindern. Aber im Gedaechdnis blieb mir die Afrikanerin, die von ihrer Bank aus immer nur rief: "Molly, komm her! Komm her!" obwohl das vielleicht zweijaehrige Kind nichts anderes tat, als die anderen auch, spielen. Schliesslich war sie so frustriert, weil Molly nicht herkamm, dass sie das Maedchen holte und sagte: "So, setz Dich hier hin, Gesicht zur Wand, Arme ueberkreuz und beweg Dich nicht von der Stelle."

Das war nun nicht brutal oder uebermaessig schrecklich, aber es hat mich eben nachdenklich gemacht, weil unsere Kinder hier einen Grossteil der Zeit von Frauen erzogen und gehuetet werden, die aus einem anderen Kulturkreis kommen und vielleicht ein ganz anderes Verstaendnis davon haben, wie Kindererziehung aussehn soll.

Mittwoch, Juli 15, 2009

Streckbank?

Heute waren wir beim Kinderarzt, das Ergebnis: Sarah ist immer noch laenger als 75% ihrer Altersgenossinnen aber nur schwerer als 50%. Das heisst sie waechst immer noch wie bloed, hat aber ihren Buddha-Bauch verloren. Ansonsten alles super. Sagt die Aerztin. Und wir auch...

Dienstag, Juli 14, 2009

Ha!

Gestern hab ich Sarah zum ersten Mal so richtig lachen sehn. Vehement und lautstark wie ein Ziegenbock: "Hehehe!" und nochmal "Hehehehe!" Danach hat sie mich ganz ueberrascht angeguckt: Was war denn das? Das ist ja ganz unglaublich, stellt Euch das vor, alles, was sie macht hat sie irgendwann in den letzten 4 Monaten zum allerersten Mal gemacht. Nun also lachen. Worueber? Dass ich ihr die Fuesse kuesse.

Samstag, Juli 11, 2009

Komm, wir gehn uns gruseln...

Ich war ja schon laengst ausgewachsen, als mir klar wurde, dass wir die einzige Familie waren, die im Sommerurlaub in jedem Ort auf den Friedhof gingen, um mal zu gucken, wie die da so liegen, die Toten in der Fremde. 

Heute hab ich mit Mutter und Sarah eine Tour gemacht, die so aehnlich war, nur in einem viel groeßeren Maßstab: Ein totes Dorf und ein riesiges Loch angucken. Inden steht auf der Liste der Doerfer, die weggebaggert werden sollen fuer die Braunkohle und waehrend das Loch immer groesser wird, hausen in Inden die Geister hinter vernagelten Fenstern. Und zwischen den Geistern wohnen noch die ein oder anderen Hartnaeckigen, die sich nicht vorstellen koennen, dass sie aus ihrem Heimatdorf wegziehen sollen und dann nie mehr nach Hause kommen koennen, weil da statt Heimatboden nur noch Loch ist. Und spaeter dann, irgendwann, See. Soll der tatsaechlich mal so gross werden, wie der Bodensee? 

Ach ja, und gleich neben dem Loch ist das Kraftwerk, wo alles (naja, fast alles), was aus dem Loch an Kohle kommt, gleich verbrannt wird. Wie praktisch.

Ab und zu, wenn ich zu Hause bin, muss ich da hin fahren, in Geisterdoerfer und an den Rand des Lochs mit den Baggerdinosauriern, um sprachlos zu sein und mich zu wundern, dass das erlaubt ist, dass das normal ist... und dass keiner sich wehrt. 

Freitag, Juli 10, 2009

Zahnarzt rät: Kriegen Sie mehr Kinder, Frau S.

Noch keinem Mann in meinem Leben war ich so lange treu, wie meinem Zahnarzt in Düren. Liegt's seinen blauen Augen? Oder der unwiderstehlichen Mischung von Angst und  Dankbarkeit, die er in mir hervorruft? Dafür nehm ich tagelange Anreisen auf mich. Der heutige Besuch hat mich jedoch ein bisschen verwirrt: Ich bin gleich nach Hause gegangen, um nachzugucken, ob ich bei Sarah vielleicht ein Detail übersehen habe. Denn ich hab das Zahnfleisch einer Frau, die einen Jungen geboren hat. Anscheinend verwüsten weibliche Babys das Zahnfleisch ihrer Mütter während der Schwangerschaft und beim Stillen und bei mir war kein Zeichen dieser Verwüstung zu erkennen. Also, der Rat des Zahnarztes: s.o. 

Damit schliesst er sich einem Kollegen an, der meinte: "Die ist so süss, Du solltest Deinen Job drangeben und in die Massenproduktion einsteigen." Oder war das ein Kommentar zu meiner Arbeitsleistung und nicht zu meinem Kind? 

Montag, Juli 06, 2009

Käsekuchen? Pustekuchen!

Gestern und heute machte ich mal wieder das köstliche Experiment: Kann ich wieder Milchprodukte essen? Ist mein Baby inzwischen alt genug, sie in der Muttermilch verdauen zu können? Die Antwort hat Sarah mir mit verkniffenem Gesicht gegeben: "Eh, eh, ehr..." das sind die Töne, die sie macht, wenn sie mal will, aber nicht kann. Also, nachdem ich Käse, Butter, Joghurt so bewusst genossen hab, wie noch selten, muss ich akzeptieren: Die Antwort heisst nein - vorläufig. Nächsten Monat kommt der nächste Versuch. Und wenn das nur deshalb ist, damit ich einmal im Monat schlemmen kann...

Rollmops

Jetzt hat Sarah gelernt, sich vom Ruecken auf den Bauch und wieder auf den Ruecken zu drehn. Das heisst aber nicht nur, dass sie ihre Schlafposition wechseln kann: Das ist der erste Schritt zur Fortbewegung. Nun kann sie von Sachen runterrollen: Von der Wolldecke auf den Boden, vom Wickeltisch auf den Boden, vom Bett auf den Boden, Ihr versteht das Prinzip...

Samstag, Juli 04, 2009

Was fehlt

Erst jetzt wird mir klar, dass im Blog mein Vater immer mein (vorgestellter) erster Leser war. Vor allem fuer meinen schlechten Humor und die Geschichten darueber, wie eigenartig die Leute in der Fremde die alltaeglichsten Sachen machen. Und fuer Schreibfehler, Uebersetzungsfehler, Wortspiele, Schuettelreime. 

Wegen der Zeitverschiebung hatte er das Neuste immer schon gelesen, wenn ich in den USA aufwachte und so stellte ich mir das immer vor: Er geht ins Geschaeft, macht den Computer an, liest, was ich geschrieben hab und manchmal schreibt er mir ne kurze mail: Heute sehr gelacht ueber...

(Der Mutter hatte ich die Geschichten ja eh schon am Telefon erzaehlt, das ist was anderes....)

Ohne diesen ersten Leser, macht das Schreiben viel weniger Spass. Deshalb sitz ich manchmal in Washington am Fenster, schreibe ueber die Frau, die nach nem Muskelmann schreit oder so und nehme mir die Freiheit, mir einzubilden, dass er irgendwo hingegangen ist, wo er auch internet Anschluss hat.

Mittwoch, Juli 01, 2009

Brutalinski Kreiterhexn

Manchmal ist um die Ecke in Dueren exotischer als der wilde Balkan... Heute morgen war ich bei einer Deutschrussischen Urgrossmutter, die aufm Kuechenstuhl in ihrer kleinen Wohnung wunderbar brutale Massagen austeilt. Geheimtip. Mit Kittelschirze, gebliemtem Kopftuch und kaum verstaendlichem Akzent. Und als ich von Sarah und ihrem naechtlichen Rumoren anfing, hat sie mir alles von ihren 3 Kindern, 16 Enkeln und 7 Urenkeln erzaehlt und dann mehrere Kräuterhexenvorschlaege gemacht, was ich dagegen tun kann. Falls das Bauchschmerzen sind: Zehn Tage lang jeden Abend eine halbe Tasse Wasser abkochen und abkuehlen lassen, schlueckchenweise in den Mund nehmen, Wasser in die Haende spucken und das Kind von Kopf bis Fuss damit massieren, "dann hastu gute Kind. Oder vielleicht hat Kind Kopfschmerz, hat kein Haar hinten von machen so und so mit Kopf?

Nimmstu Glas Schnaps. (SCHNAPS??)

Tustu Senf Samen rein so halb voll und stellst in Sonne fir ein Tag.

Dann nimmstu klein Finger voll und tust hier und hier und hier (am Kopf), zehn Tage ist Kopfschmerz weg."