Dienstag, Oktober 28, 2008

Knallebumm!

Heute ist Diwali und das ist den Hindus so wichtig, wie uns Weihnachten. Bevor ich losfuhr, sagten alle: "Oh, und dann ist das das Lichterfestival, alle Haeuser sind geschmueckt und haben Kerzen und Blumen ueberall etc. etc."

Leider haben sie vergessen, zu sagen:"Und dann verfaellt die ganze Stadt in einen Stundenlangen Kriegszustand, wo ohne Unterlass Boeller knallen, so lange bis der Laerm fuer Dich zu einem staendigen Hintergrundgeraeusch wird, nur unterbrochen von gelegentlichem Sirenenheulen, wenn wieder irgendwas Feuer gefangen hat."

Das fing so gegen sieben an und jetzt ist kurz vor Mitternacht und es hat noch immer nicht nachgelassen. Keine Ahnung, ob da irgendjemand seine Haeuser schoen geschmueckt hat, wer moechte schon im Kriegsgebiet rumlaufen und sich Bluemchen ansehn?

Nun, jedenfalls weiss ich jetzt sicher, dass mein Baby hoeren kann und auf die lautesten Boeller mit einem genervten Klopfen (oder Treten? Oder mit Besenstiel gegen die Bauchdecke haemmern?) reagiert: "Ruhe da draussen, verdammt nochmal!"

Im Augenwinkel

seh ich zwei Arbeitselefanten die Strasse entlang trotten. Zwei Inder reiten auf ihnen durch die Innenstadt. Was ich besonders bemerkenswert finde, ist dass diese Tiere nicht aufgeputzt und festlich aussehn. Wenn Elefanten Kleidung tragen wuerden, waeren diese staubigen Elefanten im Blaumann.

Sonntag, Oktober 26, 2008

Fakt

Manchmal begegnet man im Gespraech so unglaublichen Fakten, das muss man sich mal reintun...

40 bis 45% der landwirtschaftlichen Produkte, die in Indien hergestellt werden, werden nicht gegessen, da sie vorher verrottet sind. Weil Transport, Kuehlung und Verkauf der Waren ueber lange Entfernungen ein so grosses Problem ist.

Mittwoch, Oktober 22, 2008

Hier stinkts gar nicht so doll (und ich bin nicht enttaeuscht)

Also, in Delhi scheint sich keiner an Ghandi (s.u.) zu halten. Oder - und das ist natuerlich wahrscheinlicher - das war eine kenyanische Taxifahrergeschichte.

Ich hatte mir Indien unheimlich ueberfuellt und stinkig und nervig und voller verkrueppelter Bettler vorgestellt. Nun sagen auch alle, New Delhi ist die sauberste, gruenste und weitlaeufigste Grossstadt Indiens und wenn Du in den Sueden faehrst, wirst Du all das erleben, was Du erwartest. Aber hier... natuerlich, das ist eine Grossstadt im Entwicklungsland, also ist es voller Leute und viele davon sind arm. Aber in den Gegenden, durch die ich bis jetzt gefahren bin ist das Gewusel und der Gestank nicht mehr oder weniger als in afrikanischen Grossstaedten.

Zum Thema Gestank beobachte ich auf meinen Reisen etwas seltsames: Anscheinend gibt es Voelker, die tendenziell mehr oder weniger stinken. Entweder, weil Koerperpflege ein anderer Wert beigemessen wird, oder weil sie von Natur aus zum Koerpergeruch neigen...

In keinem armen Land, das ich kenne, riechen die Menschen im Durchschnitt besser (und weniger verschwitzt), als in Ghana. Nach 2 1/2 Jahren Aufenthalt erinner ich mich an einen Kollegen mit regelmaessigem Schweissgeruch. Da gibt es einen groesseren Anteil an Schwitzern in Kenya und Indien (wenn ich schon in einer Woche mehrfach fiesem Gestank ausgesetzt bin), in China rochen die Leute eher aus dem Mund als aus den Achseln und ich war noch nie irgendwo, wo so viele Leute so penetrant und stechend nach Schweiss stanken, wie in Namibia.

Warum?

Dienstag, Oktober 21, 2008

Ein altes Bild


von damals, vor ein paar Wochen, als ich noch viel viel duenner war als jetzt...

Sonntag, Oktober 19, 2008

Ghandi: Passiver Widerstand ist Scheisse!

Mein kenianischer Taxifahrer hat dreieinhalb Jahre in Indien studiert. Seine Eltern dachten sich: "Wenn wir den Jungen in Amerika studieren lassen, bleibt der da, aus Indien kommt er sicher zurueck." Da haben sie wohl recht gehabt. Als ich ihn fragte, wie Indien so ist, schliesslich war ich noch nie da, erzaehlt er mir als erstes Folgendes:

Als Ghandi seine Landsleute zum gewaltfreien Widerstand gegen die Briten aufrief, empfahl er folgende Strategie: “Kackt in jede Ecke unseres Landes ohne Scham und Zurueckhaltung. Irgendwann wird es hier so stinken, dass die Englaender freiwillig nach Hause gehn.”

Wenn ich sage, dass Kenianer und Inder eine leicht angespannte Beziehung zueinander haben, dann ist das eine masslose Untertreibung. Ein grosser Teil des Geschaeftslebens hier ist seit Generationen in Indischer Hand, was den Kenianern nicht gefaellt. Und viele Inder sind ziemlich rassistisch. In Bolgatanga fanden die schleimigen Indischen Geschaeftsleute es immer unverstaendlich, dass ich in der Disco lieber meine Zeit mit meinen Ghanaischen Freunden verbrachte, als mich von ihnen anmachen zu lassen, obwohl ich doch weiss bin und sie braun und die Ghanaer schwarz. Ist es nicht offensichtlich, dass sie besser sind, weil sie die bessere Hautfarbe haben. Mein Taxifahrer jedenfalls hatte kein Verlangen, sich nach dem Studium in Indien niederzulassen und war schockiert, wie rassistisch selbst seine akademisch gebildeten Kollegen waren.

Irgendwie amuesant, dass ein Kenianer einer Europaerin sagt: “Das erste, was Dich in Indien erwartet, ist ein krasser Kulturschock.” Ich bin gespannt. Gleich geht’s los.

Sonntag, Oktober 12, 2008

Wie bestellt

London im Nebel. Ganz wie das Klischee es will. Und irgendwie bin ich erstaunt, dass sie das englische Essen halbwegs in den Griff gekriegt haben in den letzten 20 Jahren aber das Wetter ist immer noch die gleiche Suppe, ueber die unsere Grossvaeter gescherzt haben. Noch eine Stunde, dann geht's weiter nach Nairobi, Kenia. Mein Gastgeber sagt, sie warten auf Regen aber noch ist alles trocken und warm.

Samstag, Oktober 11, 2008

Pustekuchen

Bis spaet in die Nacht mit dem Drucker und den Visitenkarten kaempfen, um sechs Uhr morgens aufstehn, zu Ende packen und im Halbschlaf zum Flughafen rasen, um zur richtigen Uhrzeit einzuchecken, bringt ueberhaupt nichts, wenn man zwar zur richtigen Zeit aber leider am falschen Tag am Schalter steht. Wie konnte das passieren, dass sowohl mein Auftraggeber in Kenia als auch ich davon ausgingen, dass ich heute fliege, nur die Dame im Reisebuero sah das anders und hatte mir einen Flug fuer gestern gebucht? Nun bin ich wieder zu Hause und werde es heute Abend nochmal versuchen. Diesmal hab ich selbst gebucht und bin mir ziemlich sicher, dass das fuer heute ist...

Freitag, Oktober 10, 2008

Sehnsucht

Grade hab ich halbwegs zufaellig einen alten Kollegen aus Ghana getroffen und ach und oh, warum muss ich denn ueberall anders hinfahren und nicht nach da? Hab Sehnsucht nach meinem anderen Zuhause und nach meinen Leuten da und der ganz und gar Ghanaischen Art, der englischen Sprache Gewalt anzutun und dabei so breit zu grinsen, dass ihnen die Zaehne aus den Ohren rausfallen. Ach, da koennen die KenianerInderAethiopier einfach nicht mithalten.

Mittwoch, Oktober 08, 2008

Hier liegt im Grase ein armer Hase

Kennt Ihr den Hasen und den Igel von Janosch? Das ist noch schlimmer, als das urspruengliche Maerchen, wo der Igel sich mit seiner Frau zusammentut, und sie von beiden Enden der Furche abwechseld "Ich bin schon da!" rufen. Janosch's Igel geht nach Hause zu seiner Frau, die braet ihm ein Spiegelei und sie gehn an den Badesee, in der Sonne liegen und faul sein, und er vergisst den ganzen Wettlauf, waehrend der Hase schonmal loslaeuft, um nen Vorsprung zu haben. Der Titel dieses Blog-Posts ist der Spruch, der schliesslich auf seinem Grabstein steht, als er sich zu Tode gelaufen hat.

Bei Alice im Wunderland gibt es einen Hasen, den eine Kollegin von mir haeufig zitiert, der dauernd hechelt: "I'm late, I'm late for a very important date!" ("Ich bin spaet, ich bin spaet, fuer ein sehr wichtiges Date!"... reimt sich im Deutschen etwas holpriger...)

Als ich heute einen erfahrenen Kollegen fragte, ob er mir nen Tip geben koennte, wie ich einem solchen Hasenschicksal entgehen kann, lachte er erstmal laut. Und erklaerte mir dann, dass er mir definitiv und aus eigener Erfahrung erklaeren kann, wie man sich so eine Hasenmuehle bastelt. Wie man das vermeidet? Hm... wir arbeiten dran...

Washington ist ein ganz schoener Kaninchenstall, vor allem, wenn man mit lauter Kollegen zu tun hat, die ebenfalls im internationalen Bereich Karriere machen wollen. Da war das in Ghana schon einfacher, Igel-Vorbilder zu finden. Nun, Ende der Woche mach ich mich erstmal auf meinen (beruflichen) fuenf-Wochen-Trip nach Kenia-Indien-Aethiopien, danach gucken wir mal, wie das mit dem Igel-sein funktionniert. Bis dahin sing ich schoen mit den anderen Hasen im Chor: "I'm late, I'm late, for a very important date, zwodreivier... und jetzt alle!"

Samstag, Oktober 04, 2008

Evo Si

Normalerweise ist mein blog ziemlich unpolitisch, es geht um Essen und was da drin ist, um Taxifahrer und Frauenkleider. Das liegt vor allem daran, dass ich am liebsten ueber Sachen schreibe, die ich direkt erlebt hab, denn das ist das einzige, worin ich Expertin bin. Die abstrakte politische Analyse ueberlasse ich gerne anderen, die sich darin mehr zu Hause fuehlen. Aber in einem Land wie Bolivien laesst sich das gar nicht so trennen, die Politik durchtraenkt hier den Alltag so sehr, dass sie kein abstrakter Gedanke ist, der irgendwo im Parlamentsgebaeude ausgelebt wird, sondern mir auf Schritt und Tritt begegnet. Die ganze Stadt ist voll von “Evo Si” (Evo [Morales] Ja) Grafitti, das die breite Unterstuetzung des ersten indigenen Praesidenten Boliviens widerspiegelt. Ich habe das Gefuehl, da zu sein, wo Geschichte gemacht wird. Der Linksruck in Suedamerika, ob man den nun unterstuetzt oder nicht, ist eine alltaeglich fuehlbare Veraenderung. Die Welt sieht von hier anders aus.

Selbst die Intellektuellen, die Evo Morales’ Regierung zu populistisch finden und warnen, dass sie nicht die Kapazitaet und Weitsicht hat, tatsaechliche Reformen erfolgreich umzusetzen, selbst die, die sich selbst als moderate Reformer und nicht radikale bezeichnen, haben unheimlichen Respekt vor der Regierung. Nicht Respekt im Sinne von Angst. Sondern tatsaechlichen menschlichen Respekt, weil sie sagen: “Selbst wenn ich nicht denke, dass das funktionnieren wird, eins muss man ihnen lassen, sie sind ehrlich und gradlinig und leben, was sie predigen. Der Praesident zahlt sich selbst ein Monatsgehalt von 1400 Dollar und kein Regierungsangestellter darf mehr verdienen.”

Einer meiner (moderaten) Gespraechspartner hat Freunde im ganzen politischen Spektrum und ueber einen sehr radikalen Freund, der fuer Landangelegenheiten zustaendig ist, sagt er: “Der ist ein reiner Bolschewik aus dem 19. Jahrhundert, der fuehrt ein spartanisches Leben, fuerchtet keine Gefahr, agitiert die armen Massen mit feurigen Reden und kaempft fuer Landumverteilung. Leider hat er weder Erfahrung noch Zeit oder Leidenschaft, wenn es um die Organisation langweiliger Verwaltungsprozesse geht, die fuer die tatsaechliche Umsetzung von Reformen notwendig waeren.”

Eine andere Kollegin beschreibt wie anders sich die Bevoelkerungsmehrheit der Indios fuehlt und benimmt, nun da einer der ihren Praesident ist: Sie empfielt uns eines der besten Restaurants Boliviens und sagt: “Frueher sah man da nur Weisse, aber jetzt haben die Indios keine Scheu mehr, da hin zu gehn, wenn sie’s sich leisten koennen.” Und sie erzaehlt von einem Gespraech mit einem kleinen Indio Jungen, der als Schuhputzer arbeitet: “Was willst Du denn mal werden, wenn Du gross bist?” “Praesident.”

Donnerstag, Oktober 02, 2008

Was regste Dich so auf?

Und warum ist Klowasser in Ghana schlimmer als Guelle oder Plumpskloinhalt in Deutschland? Fragt ein regelmaessiger Leser mich in einer email.

Das Geheimnis heist nicht "pasteurisiert" oder "homogenisiert" sondern "ultrahocherhitzt". Wer einen Komposthaufen hat, der weiss, dass der Verwesungsprozess innendrinnen so viel Hitze erzeugt, dass alle gefaehrlichen Keime abgetoetet werden und das Endprodukt harmlos und gesund ist. Ich vermute mal, dass Guelle und Plumpsklos das Gleiche tun.

Die Temperatur des typischen tropischen Toilettenwassers dagegen ist schoen badewannenwarm und die ideale Brutstaette, wo sich Parasiten und Krankheitserreger fuer Colera und andere fiese faekal uebertragene Krankheiten vermehren wie die Karnickel. Besonders gefaehrlich ist dieses Wasser, wenn es beim Giessen direkt ueber die Pflanzenteile gegossen wird, die man verzehrt, also zum Beispiel ueber die Salatblaetter. Anscheinend wirken die Wurzeln und der ganze Pflanzenkoerper ein Bisschen wie ein Filter, so dass, wenn man nur den Boden und nicht die Pflanze selbst waessert, die Gefahr geringer ist.

In Ghana haben sie das Problem dann noch dadurch verstaerkt, dass sie am Marktstand das Gemuese in Wasser gelagert haben, damit es knackig bleibt ohne Kuehlung. Und wo dieses Wasser herkam... das wollte Ihr vermutlich gar nicht erst wissen.

Wer zu viel reist und zu viel forscht...

der weiss zu viel. Und so frag ich in jeder neuen Grossstadt, in der ich ankomme ganz scheinheilig: Wo wird eigentlich das Gemuese angebaut, das Ihr hier in der Stadt esst? Gibt es innerstaedtischen Gemueseanbau?

Hoert sich harmlos genug an, oder? Meine eigentliche Frage ist: Ist das Gemuese, was es hier gibt mit Kackwasser bewaessert, oder nicht? Ich war lange genug in Ghana und da ungluecklicherweise recht gut mit Forschern befreundet, die sich mit dem Thema beschaeftigten, ob es in Accra in irgendeinem Supermarkt, Hotel, Markt garantiert ohne Abwasser gezogenes Gemuese gab und ihre Antwort lautete: Nein. Egal, ob im superteuren Supermarkt oder am spottbilligen Marktstand, solange Du in der Grossstadt bist, ist die Chance immer gross, dass Du andererleuts Verdauungsprodukte (und Krankheiten) in Deinem Salat findest.

Hier in La Paz lautete die Antwort gluecklicherweise: Staedtische Landwirtschaft? Nee, gibts nicht, wird alles aus dem Umland angekarrt. Und haeufig mit Gletscherschmelzwasser bewaessert. Na, das hoert man doch gern.