Dienstag, Juni 20, 2006

Ich bin nicht wirklich boese...

Zum Thema Grossproduktion, Schmerzen und Armut sollte ich zu meiner eigenen Ehrrettung vielleicht hinzufuegen: Ich bezahle meine Angestellten sehr grosszuegig, etwa doppelt so viel wie lokal akzeptabel ist. Und es ist aeusserst ungewoehnlich, dass ich Mary einen so grossen Kredit ohne jegliche Zinsen gebe. Und den Arzt bezahle, der meines Wachmanns dicken Fuss wieder duenn macht oder Maries schmerzhaften Zahn zieht.

Montag, Juni 19, 2006


Die nicht in Ouaga 2000 wohnen Posted by Picasa

Ouaga 2000: Das Paris Afrikas Posted by Picasa

Ouaga 2000: Wir muessen leider draussen bleiben Posted by Picasa

Ouaga 2000 Posted by Picasa

Ouaga 2000, Zukunft bauen Posted by Picasa

Ouaga 2000 in Entwicklung Posted by Picasa

Ouaga 2000

Die wichtigen Leute in Burkina sind mit ihrer Hauptstadt nicht mehr zufrieden und haben beschlossen, sich eine neue zu bauen. Suedlich von Ouagadugu bauen sie nun Ouaga 2000. Alle Afrikaner, denen ich diese Fotos zeige, sind begeistert von der Schoenheit dieser Stadt der Zukunft. Ich bin vor ein paar Wochen durch diese leeren Strassen gefahren, im BBC Radio kam eine Diskussion ueber vorsichtig hoffnungsvolle Entwicklungen in Afrikas Oekonomien, und mitten waehrend des Fahrens bin ich mal wieder in meine Radiotraenen ausgebrochen. Es gibt nichts, was mich so leicht zum Heulen bringt, wie Hoffnung im Radio. Jedes Jahr zum Tag des Mauerfalls heul ich zum begeisterten Geschrei in der deutschen Botschaft in Prag. Inzwischen reicht es schon, dass ich von dem Radiogeschrei erzaehle und ich bekomm feuchte Augen wie der Pavlowsche Hund.

Aber zurueck nach Burkina - in dieses Land, dass so viel aermer ist als Ghana. Mitten im vertrockneten Land, neben Lehmhuetten mit nichts nichts nichts, wachsen nun Palaeste mit hohen Mauern und kleinen Fenstern aus dem Sand. Auf den Strassen keine Menschen ausser vereinzelten Wachmaennern, kein Leben, keine Geschaefte, ab und zu ein fettes Auto.

In einem marktwirtschaftlichen System soll man sich darueber freuen, dass einzelne Menschen es schaffen, so reich zu werden und daran glauben, dass das zur allgemeinen Entwicklung beitraegt. Diese Freude wird ein wenig getruebt in einer von oben bis unten korrupten Zweiklassengesellschaft, in der Tonnen von Entwicklungsgeldern ins Land reingekippt werden aber irgendwie nicht unten ankommen, bei denen, deren Lehmhuetten im Weg sind.

Grossproduktion mit Schmerzen

Bevor ich Bolga verliess, bin ich mit Mary zum Schmied gefahren, der einen grossen schoenen Profi-Ofen im Angebot hatte. Der sieht aus wie ein Metallschrank mit Glasfenster, unten kann man zwei Kohlenschuesseln reinstellen, ausserdem gibt es einen Gas-Anschluss, fuer den Fall dass das guenstiger ist. Die Kiste kostet 4 Millionen (ca 400 Euro) und Mary hat beschlossen, dass sie mir allen Gewinn der Baeckerei gibt, bis der Kredit abgezahlt ist, eine Haelfte ihres Gehaltes weiterhin zum Sparen zur Bank bringt und von den uebrigen 200 000 (20 Euro) sich selbst und ihre Mutter ueber den Monat bringen will.

Eine weit verbreitete Definition von Armut ist: Weniger als 1 US $ am Tag ausgeben koennen. Eine andere ist: Mehr als 80% des verfuegbaren Einkommens fuer Essen ausgeben. 20 Euro, 30 Tage, 2 Leute... Ich frage sie, wie sie das schaffen will. Sie will am Anfang des Monats das Essen kaufen, das sie dann im Laufe des Monats aufessen.

Sonntag, Juni 18, 2006

Lady Petite

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Petit

Auf franzoesisch bedeutet "petit" klein. Da die Amis den Franzosen zwar nicht trauen, dennoch davon ausgehn, dass alles Franzoesische irgendwie rafinierter ist, sagen sie petit, wenn sie zierlich meinen.

Da die Menschen und demnach auch ihre Kleidung hier unglaubliche Ausmasse annehmen, war ich begeistert, im Klamottengeschaeft die "petit"-Abteilung mit Sondergroessen zu finden.

Leider bedeutet "petit" auf Marketingamerikanisch einfach nur kurzbeinig - unabhaengig vom Umfang dieser Beine. Kurzbeinig bin ich ja ebenfalls, wobei sich mein Hintern jedoch hoechstens ganz knapp in eine franzoesische Vorstellung von zierlich zwaengen laesst.

Im Umkleidekabinengang, eingezwaengt zwischen kurzbeinigen Wuchtbrummen, musste ich einsehen, dass ebenselber Hintern viel zu klein ist, um petit zu sein und die ganzen schoenen kurzbeinigen Anzuege hingen an mir wie Saecke.

Freitag, Juni 16, 2006

Essen. Immer wieder Essen.

Ich nehme alles Boese, was ich je ueber Essen in den USA gesagt habe, zurueck. Sitze in meinem Buero, das zugegebenermassen den Charme eines fensterlosen Schuhkartons (Kinderschuhe) hat und esse mit Gaensehaut der Begeisterung frische Him und Blaubeeren, die nach Waldspaziergang am Morgen schmecken. Inzwischen lebe ich lange genug in der afrikanischen Kleinstadt, dass meine Zunge irre wird, wenn etwas anders schmeckt, als das, was auf dem Bolga Markt verkauft wird.

Mittwoch, Juni 14, 2006

Hauptstadt der Welt

Meine lieben und besorgten Freunde und Leser. Dieser Blog ist ganz kurz und knapp, um Euch folgendes mitzuteilen: Ich habe mal wieder einen Flug ueberlebt (nein, sogar zwei) und bin sicher und wohlbehalten in Washington angekommen, wo die Musik spielt.

Montag, Juni 12, 2006

Ich hab die Musik bestellt...

Wir sollten alle nicht sonderlich erstaunt sein, schliesslich heissen sie "wilde Jungs" und nicht, sagen wir mal, "verantwortungsvolle Staatsbuerger". Ich war mit dem Rest meines Lebens zu beschaeftigt, um Euch Schritt fuer Schritt auf dem Laufenden zu halten, deshalb gibt es nur eine Zusammenfassung der Reaggea Band Entwicklung.

Nachdem ich ueber sie geschrieben habe und das ein oder andere Instrument angeboten bekam, hatte ich unkoordinierten Kontakt mit einzelnen Mitgliedern dieser sogenannten Gruppe, bekam einen handgeschriebenen Antrag, in dem sie beschreiben, wie sie seit 4 Jahren eine Band ohne Instrumente sind und begann schliesslich still und leise, meinen Rueckzug zu planen. Warum? Weil ich mir vorstellte, was passiert, wenn ich mit einer Floete und einer Triangel in Bolga ankomme und der Streit beginnt. Einer nach dem anderen versuchten sie mich zu ueberzeugen, dass sie der wichtigste zentrale Punkt dieser Band sind. Jonny ging sogar so weit, zu behaupten, dass er alle Instrumente spielt, waehrend die anderen 6 alle nur singen koennen. Als ich vorsichtig andeutete, dass ich zwar die Instrumente besorgen koennte, aber kein Geld uebrig hab, den Transport zu bezahlen, wurden die Anrufe und Nachfragen schliesslich weniger draengend. Also, meine lieben Freunde, herzlichen Dank fuer Eure Bereitschaft, die wilden Jungs zu unterstuetzen. Ich sag Euch Bescheid, wenn sie aufwachen und anfangen, es ernst zu meinen.

Sonntag, Juni 11, 2006

Auf vielfachen Wunsch hab ich den Zettel mit meinen Reisedaten unter meinem Autositz wiedergefunden. Fuer alle, die mich lieben, aber leider nicht am 13. Juni zwischen 6 und 12 in Amsterdam sein koennen, um mit mir einen Kaffee zu trinken, gibt es folgende Alternative:

Nach meinem Abflug in Ghana 12. Juni und meiner Ankunft in Washington 13. Juni und meinem Abflug aus Washington 26. Juni, komme ich am Dienstag 27. Juni in Amsterdam an. Von da aus hoffe ich einen Schlenker zur Schwester und dem hollaendischen Meer einzufuegen, um danach (wann? Na eben danach) mit Salz auf meiner Haut in Dueren einzufahren. Am Anfang der darauf folgenden Woche (ab 3. Juli) muss ich zwei oder drei Tage in einem Buero bei Stuttgart verbringen (hallo meine Sueddeutschen Freunde!!!), um schliesslich wieder nach Hause (Dueren) und dann am 9. Juli von Amsterdam wieder nach anderes Hause (Ghana) zu reisen. Also, noch mal fuer Kurzsichtige: Eva ist zwischen 27. Juni und 9. Juli in Europa.

Sonntag, Juni 04, 2006

Paris

Nu bin ich also wieder im Paris Afrikas. Meine treuen Leser wissen, dass das Ouagadugu ist, die Hauptstadt Burkina Fasos. Der einzige Franzoesisch sprechende Fahrer, den ich in Bolga kenne, ist kurzfristig ausgefallen und so musste ich die schwere Last selbst auf mich nehmen, meinen Boss gestern zum Flughafen zu fahren, den Nachmittag am Pool zu verschlunzen, mit meiner englischen Nachbarin zum Schneider zu gehn fuer die Anprobe ihres Hochzeitskleides, vor dem Supermarkt im gekuehlten Auto und unter neugierigen Blicken Schwarzbrot und frischen Ziegenkaese zu verschlingen, die vermutlich beste Pizza Westafrikas als zweites Abendessen hinterher zu schieben und literweise echten Kaffee zu trinken. Ach, das Leben ist ganz schoen hart zu mir...