Donnerstag, Dezember 01, 2005

Kultur und Geschichte

Victor Jara war mit Pinochets Regime nicht einverstanden und hat dagegen Gitarre gespielt und gesungen. Pinochets Regime war mit Victor Jara ebenfalls nicht einverstanden, worauf sie ihm Finger und Zunge abgehackt haben, bevor sie ihn erschossen.

An unserem letzten Abend in Chile waren wir auf einem Victor Jara Gedenk-Festival, das mindestens ebensosehr ein Pinochet Gedenk-Festival war. Das Publikum war die schoenste Menschenmenge, die wir bis jetzt in Chile gesehen haben. Unterschiedlichste Musiker machten aus Victors Stuecken alles von Rock bis Volksmusik. Auf der Buehne tanzten Frauen in langen Roecken und mit geflochtenen Zoepfen und Maenner, die als der schleimige boese Kerl im Western verkleidet waren, traditionelle Taenze und selbst unser zurueckhaltender Kollege H. wippte mit dem Fuss und sang die Texte mit.

Die Chilenen sind die Norddeutschen Suedamerikas, wenn es sich vermeiden laesst, tanzen sie lieber nicht, sondern wippen nur dezent. Aber ploetzlich! Ein Maedchen in Jeans und ein Junge im Alpakapulli tanzen im Staub und mit viel Taschentuchgewedel den gleichen Tanz, der auf der Buehne so kunstvoll zelebriert wird. Beim naechsten Stueck fordert der Junge eine alte Frau auf und das Maedchen einen anderen Mann und schon vergessen alle, dass sie doch eigentlich Norddeutsch sein wollten und stampfen und wedeln und wirbeln Staub auf und sind hinreissend.

Victors Mutter und Tochter sind Ehrengaeste, die spaet am Abend auf die Buehne gebeten werden. Die Mutter liest mit sproeder Stimme einen Brief vor, den ihr Sohn kurz vor seiner Verhaftung schrieb. Ueber die Liebe. Es ist ganz still.

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