Mein Leben ist fuer mich total interessant, liefert aber nix Spannendes zum Schreiben. Normalerweise ist es eher umgekehrt, aus meinem eintoenigen Alltag in der Afrikanischen Kleinstadt mache ich viele exotische Geschichten.
Jetzt sitz ich bei Mamma und Pappa aufm Soffa (als Kind aus dem Rheinland hab ich lange nicht verstanden, warum man diese Woerter anders schreibt, als man sie spricht…), huckele die kleinen Kinder meiner Freundin, telefoniere ohne Knacken, treffe Schulkameradinnen wieder, die ich seit 12 Jahren nicht gesehn hab und trinke Heimat bis ich voll bin.
Donnerstag, Dezember 22, 2005
Freitag, Dezember 16, 2005
Ghanaman in New York
Nana ist der Freund eines Freundes aus Bolga und lebt in New York. Wie es die Kultur gebietet, muss er ganz viele Sachen fuer seine Leute zu Hause kaufen. Meine Rolle in diesem Spiel ist die eines Packesels, nun ist mein Koffer voll mit Jacken, Muetzen, MP3 Player und CDs fuer Ghanaer in Ghana und Deutschland.
Als ich ihn in New York besuchte, sagte er, dass er bei der Bronx lebt und ich stellte mir ein wildes Wochenende mit einem Rastamann in duesteren Clubs vor, in die ich mich allein niemals trauen wuerde.
Am Bahnhof holte mich dann auch tatsaechlich ein Rastamann ab, etwa so gross wie OmmaausGeich, Dreadlocks unter gruenrotgelber Muetze... Aber das war's dann auch schon mit wild. Omma waere von seinem Lebensstil begeistert gewesen.
Seit 3 Jahren arbeitet Nana in zwei Jobs, fuenf Tage die Woche, jeweils 10 Stunden pro Job und Tag. Nachtschicht in der Drogerie, Tagschicht beim Autogramhandel am Telefon. Die verbleibenden 4 Stunden schlaeft er. New York kennt er nicht, dafuer hat er keine Zeit. Seine Wohnung ist in New Rochelle, am Segelboothafen - in einer Strasse, wo ausser ihm keine Schwarzen wohnen, Einfamilienhaeuser mit Lichterketten und Plastik-Elch. Das macht ihn stolz.
Sein Handy ist meistens ausgeschaltet, denn die Anrufer sind entweder Ghanaer aus Ghana mit Bestellungen (kauf mir ein neues Foto-Handy) oder Ghanaer aus New York, die mit ihm auf Parties wollen, fuer die er keine Zeit hat.
Im Fruehjahr wird er anfangen, Medizin zu studieren, um Radiologe zu werden und reich.
Als ich ihn in New York besuchte, sagte er, dass er bei der Bronx lebt und ich stellte mir ein wildes Wochenende mit einem Rastamann in duesteren Clubs vor, in die ich mich allein niemals trauen wuerde.
Am Bahnhof holte mich dann auch tatsaechlich ein Rastamann ab, etwa so gross wie OmmaausGeich, Dreadlocks unter gruenrotgelber Muetze... Aber das war's dann auch schon mit wild. Omma waere von seinem Lebensstil begeistert gewesen.
Seit 3 Jahren arbeitet Nana in zwei Jobs, fuenf Tage die Woche, jeweils 10 Stunden pro Job und Tag. Nachtschicht in der Drogerie, Tagschicht beim Autogramhandel am Telefon. Die verbleibenden 4 Stunden schlaeft er. New York kennt er nicht, dafuer hat er keine Zeit. Seine Wohnung ist in New Rochelle, am Segelboothafen - in einer Strasse, wo ausser ihm keine Schwarzen wohnen, Einfamilienhaeuser mit Lichterketten und Plastik-Elch. Das macht ihn stolz.
Sein Handy ist meistens ausgeschaltet, denn die Anrufer sind entweder Ghanaer aus Ghana mit Bestellungen (kauf mir ein neues Foto-Handy) oder Ghanaer aus New York, die mit ihm auf Parties wollen, fuer die er keine Zeit hat.
Im Fruehjahr wird er anfangen, Medizin zu studieren, um Radiologe zu werden und reich.
Ankunftsauskunft
Mein Flug kommt Sonntag morgen (18.12.05) um 6:55 in Amsterdam an. Von da geht's mit dem Zug weiter und irgendwie spielt in diesem Plan meine Schwester aus Rotterdam auch eine Rolle. Keine Ahnung welche...
Donnerstag, Dezember 15, 2005
"... und einen CD Brenner aus Deutschland"
Ich bin ganz ruhig und entspannt. Ich finde andere Kulturen super. Einatmen... Ausatmen... meine Beine werden schwer... Einatmen... Ausatmen...
!
Mist! Klappt nicht! Mein ehemaliger Assistent (der mich so schmaehlich im Stich gelassen hat) schreibt mir eine mail, in der er um ein Referenzschreiben bittet... "und ausserdem, kauf mir einen CD Brenner, wenn Du in Deutschland bist. Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch. Dein Kutie"
Ach so. Ja klar, kein Problem. Vielleicht auch noch eine Muh eine Maeh eine Taetaeraetaetae? Hab ich einen langen weissen Bart und trage am liebsten rote Muetzen?
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Mist! Klappt nicht! Mein ehemaliger Assistent (der mich so schmaehlich im Stich gelassen hat) schreibt mir eine mail, in der er um ein Referenzschreiben bittet... "und ausserdem, kauf mir einen CD Brenner, wenn Du in Deutschland bist. Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch. Dein Kutie"
Ach so. Ja klar, kein Problem. Vielleicht auch noch eine Muh eine Maeh eine Taetaeraetaetae? Hab ich einen langen weissen Bart und trage am liebsten rote Muetzen?
Donnerstag, Dezember 08, 2005
Mittwoch, Dezember 07, 2005
Wenn schon gewollt, dann wenigstens gekonnt
Gibt so Tage, da ist das Herz der Welt und ihren Maennern so schutzlos ausgeliefert. Knackige sonnige Kaelte in Washington. Schnee auf den Baeumen. Ich entdecke in der Nachbarschaft einen winzigen Bioladen und will drei Kartoffeln zum Mittagessen kaufen. Das ist so etwa alles Gemuese, was dieser Laden zu bieten hat. Wie praktisch.
Hinter dem Tresen ein Rastamann mit graden Gesichtszuegen (Aethiopien?) und klaren Augen. Hoert coole funkige Muik. Er reicht mir meine Kartoffeltuete mit perfektem Timing, um passend zum Beat “Peace” zu sagen statt “Bitteschoen”, waehrend er sich vorbeugt, mir in die Augen schaut und unsere Finger sich quasi zufaellig beruehren. Man sollte viel oefter Kartoffelpueree essen.
Hinter dem Tresen ein Rastamann mit graden Gesichtszuegen (Aethiopien?) und klaren Augen. Hoert coole funkige Muik. Er reicht mir meine Kartoffeltuete mit perfektem Timing, um passend zum Beat “Peace” zu sagen statt “Bitteschoen”, waehrend er sich vorbeugt, mir in die Augen schaut und unsere Finger sich quasi zufaellig beruehren. Man sollte viel oefter Kartoffelpueree essen.
Reiseplaene
Neue Reiseplaene. Um im Haus meines Direktors gemeinsam mit allen anderen Heimgekommenen zu Abend essen zu koennen (und allerlei anderen Vernetzungsaktivitaeten teilzuhaben) habe ich meine Abreise aus Washington verschoben. Fliege am 17.12. und komme am 18. in Duesseldorf an. Wann? Ma gucken.
Freitag, Dezember 02, 2005
Immer nochwas extra im Essen
Es ist durchaus moeglich, dass Ihr diese Klage von mir schon einmal gehoert habt. Milch hat extra Vitamin D, Nudeln haben ausser Weizen, Eiern und Wasser noch fuenf andere Dinge, die ich alle nicht will usw. usf.
Heute habe ich mich mit meiner Chefin (Amerikanerin) darueber unterhalten, und sie hat mir ein Lebensmittel empfohlen, das niemals fortified (= verstaerkt = angereichert mit allem moeglichen, das gut fuer Dich ist) ist: Fusel.
Seit Jahren diskutieren die Linke und die Rechte, ob das Sinn machen wuerde, dem Schnaps fuer Penner extra Vitamine zuzufuegen. Die Linke argumentiert: Wenn das eh das einzige ist, was die zu sich nehmen, kann man ihre Gesundheit damit nur verbessern. Die Rechte sagt: Dann sieht das aber so aus, als wuerde man mit Saufen was fuer die Gesundheit tun.
Da die Rechte bislang gewinnt, werde ich jetzt von Nudeln auf klaren Schnaps umsteigen
Heute habe ich mich mit meiner Chefin (Amerikanerin) darueber unterhalten, und sie hat mir ein Lebensmittel empfohlen, das niemals fortified (= verstaerkt = angereichert mit allem moeglichen, das gut fuer Dich ist) ist: Fusel.
Seit Jahren diskutieren die Linke und die Rechte, ob das Sinn machen wuerde, dem Schnaps fuer Penner extra Vitamine zuzufuegen. Die Linke argumentiert: Wenn das eh das einzige ist, was die zu sich nehmen, kann man ihre Gesundheit damit nur verbessern. Die Rechte sagt: Dann sieht das aber so aus, als wuerde man mit Saufen was fuer die Gesundheit tun.
Da die Rechte bislang gewinnt, werde ich jetzt von Nudeln auf klaren Schnaps umsteigen
Donnerstag, Dezember 01, 2005
Eva in Washington
Montag morgen in Washington gelandet. Sitze nun im Hamsterkaefig, hier schwenkt keiner sein Taschentuch und wirbelt Staub. Mein Harddrive (Computer) ist tot und hat ganz viele Daten mit in den Abgrund gerissen. Schreibe Forschungspapiere und Abrechnungen und verliere langsam meine Sonnenbraeune.
Kultur und Geschichte
Victor Jara war mit Pinochets Regime nicht einverstanden und hat dagegen Gitarre gespielt und gesungen. Pinochets Regime war mit Victor Jara ebenfalls nicht einverstanden, worauf sie ihm Finger und Zunge abgehackt haben, bevor sie ihn erschossen.
An unserem letzten Abend in Chile waren wir auf einem Victor Jara Gedenk-Festival, das mindestens ebensosehr ein Pinochet Gedenk-Festival war. Das Publikum war die schoenste Menschenmenge, die wir bis jetzt in Chile gesehen haben. Unterschiedlichste Musiker machten aus Victors Stuecken alles von Rock bis Volksmusik. Auf der Buehne tanzten Frauen in langen Roecken und mit geflochtenen Zoepfen und Maenner, die als der schleimige boese Kerl im Western verkleidet waren, traditionelle Taenze und selbst unser zurueckhaltender Kollege H. wippte mit dem Fuss und sang die Texte mit.
Die Chilenen sind die Norddeutschen Suedamerikas, wenn es sich vermeiden laesst, tanzen sie lieber nicht, sondern wippen nur dezent. Aber ploetzlich! Ein Maedchen in Jeans und ein Junge im Alpakapulli tanzen im Staub und mit viel Taschentuchgewedel den gleichen Tanz, der auf der Buehne so kunstvoll zelebriert wird. Beim naechsten Stueck fordert der Junge eine alte Frau auf und das Maedchen einen anderen Mann und schon vergessen alle, dass sie doch eigentlich Norddeutsch sein wollten und stampfen und wedeln und wirbeln Staub auf und sind hinreissend.
Victors Mutter und Tochter sind Ehrengaeste, die spaet am Abend auf die Buehne gebeten werden. Die Mutter liest mit sproeder Stimme einen Brief vor, den ihr Sohn kurz vor seiner Verhaftung schrieb. Ueber die Liebe. Es ist ganz still.
An unserem letzten Abend in Chile waren wir auf einem Victor Jara Gedenk-Festival, das mindestens ebensosehr ein Pinochet Gedenk-Festival war. Das Publikum war die schoenste Menschenmenge, die wir bis jetzt in Chile gesehen haben. Unterschiedlichste Musiker machten aus Victors Stuecken alles von Rock bis Volksmusik. Auf der Buehne tanzten Frauen in langen Roecken und mit geflochtenen Zoepfen und Maenner, die als der schleimige boese Kerl im Western verkleidet waren, traditionelle Taenze und selbst unser zurueckhaltender Kollege H. wippte mit dem Fuss und sang die Texte mit.
Die Chilenen sind die Norddeutschen Suedamerikas, wenn es sich vermeiden laesst, tanzen sie lieber nicht, sondern wippen nur dezent. Aber ploetzlich! Ein Maedchen in Jeans und ein Junge im Alpakapulli tanzen im Staub und mit viel Taschentuchgewedel den gleichen Tanz, der auf der Buehne so kunstvoll zelebriert wird. Beim naechsten Stueck fordert der Junge eine alte Frau auf und das Maedchen einen anderen Mann und schon vergessen alle, dass sie doch eigentlich Norddeutsch sein wollten und stampfen und wedeln und wirbeln Staub auf und sind hinreissend.
Victors Mutter und Tochter sind Ehrengaeste, die spaet am Abend auf die Buehne gebeten werden. Die Mutter liest mit sproeder Stimme einen Brief vor, den ihr Sohn kurz vor seiner Verhaftung schrieb. Ueber die Liebe. Es ist ganz still.
Landschaftsbilder
Das letzte Wochenende in Chile haben zwei Kollegen und ich uns als Urlaub geklaut. Kollege H. ist hier zu Hause und zeigt uns die weite Schoenheit seines Landes. Zum Arbeiten waren wir in einer Ebene, die zwischen den ganz hohen schneebedeckten Bergen und den mittelhohen Bergen vor der Kueste liegt. Hier wird mit Schmelzwasser das ganze Jahr ueber bewaessert, alle Beeren, Zuckerrueben, Wein, sonst noch was.
Der Weg zur Kueste fuehrt uns durch die Apothekenwaelder, wir sehen viele Maenner auf Pferden zur Arbeit reiten oder Pfluege mit riesigen Ochsen zum Feld fuehren. Das Meer hat schwarzen Sandstrand, hohe Felsen und ist eiskalt – den Kormoranen, Pelikanen, Seeloewen und kleinen Jungs macht das nix. Wir fahren auf ungepflasterten Strassen ueber Stock und Stein, ab und an eine Hazienda, ein Reiter, so weit weg von allem.
H. faehrt uns sicher und gelassen durch die Haarnadelkurven, er hat mit 14 Jahren auf diesen Strassen fahren gelernt. Auf dem Weg zur Arbeit hat sein Vater ihm das Steuer ueberlassen, sobald sie aus der Stadt raus waren, damit er selbst ein wenig doesen konnte.
Der Weg zur Kueste fuehrt uns durch die Apothekenwaelder, wir sehen viele Maenner auf Pferden zur Arbeit reiten oder Pfluege mit riesigen Ochsen zum Feld fuehren. Das Meer hat schwarzen Sandstrand, hohe Felsen und ist eiskalt – den Kormoranen, Pelikanen, Seeloewen und kleinen Jungs macht das nix. Wir fahren auf ungepflasterten Strassen ueber Stock und Stein, ab und an eine Hazienda, ein Reiter, so weit weg von allem.
H. faehrt uns sicher und gelassen durch die Haarnadelkurven, er hat mit 14 Jahren auf diesen Strassen fahren gelernt. Auf dem Weg zur Arbeit hat sein Vater ihm das Steuer ueberlassen, sobald sie aus der Stadt raus waren, damit er selbst ein wenig doesen konnte.
In Chile riecht der Wald nach Apotheke
Die Regierung subventionniert das Pflanzen von Eukalyptus, weil die Baeume auch unter schlechten Bedingungen schnell wachsen. Kein Schaedling ausser dem Koala ueberlebt es, die giftigen Blaetter zu essen und nichts will unter einem Eukalyptus wachsen. Die ideale Holzfabrik, oede, streng riechende Haenge. Wenn das schon sein muss, importiert doch bitte auch die Baeren, damit wenigstens ein bisschen Leben rein kommt.
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