Freitag, Juli 30, 2010

Farbenpolitik

Das ist ein Wort, das sich auf Deutsch ganz bescheuert anhoert, politics of color hingegen ist ein ganz normaler Ausdruck hier. Die meisten Amerikaner, vor allem Weisse, ziehen die Schultern zusammen, atmen gepresster und senken die Stimme, wenn die Rede auf das Thema Hautfarbe kommt, und ich denke daran kann man mich dann immer als Auslaenderin erkennen, dass ich diese automatischen Koerperreflexe (noch?) nicht habe.

Heute hab ich Sarah ihre erste Puppe gekauft (komisch, alle schenken Stofftiere, davon haben wir zu viele, niemand schenkt Puppen) und war ganz erfreut, dass es in dem chaotischen Spielzeugladen um die Ecke eine Puppe gab, die genau Sarah's Gesichtsfarbe hat. Als ich mit der (weissen) Ladenbesitzerin darueber sprach, wie viel weniger schwarze Puppen, Kinderbuchcharaktere etc. es gibt, zog sie die Schultern zusammen, schaute sich um (niemand sonst im Laden) und senkte die Stimme - vermutlich, ohne es zu merken. Dann erzaehlte sie, dass es eine franzoesische Firma gibt, die richtig pechrabenschwarze Babypuppen macht, weil die Schwarzen in Frankreich (erste oder zweite Generation aus Afrika) viel dunkler sind, als die in Amerika. Sie wuerde die ja gerne anbieten, aber in Amerika verkaufen die sich einfach nicht, Puppen, die dunkler als Milchkaffeebraun sind, werden hier diskriminiert... oder gar als rassistische Karrikatur angesehn. Sie erinnern zu sehr an die Weissen mit schwarzgemalten Gesichtern, und knallroten Lippen, die Anfang des 20sten Jahrhunderts in "lustigen" Buehnenshows zu sehen waren.

Die Puppe habe ich uebrigends zum Ueben gekauft, denn bald wird Sarah ihren kleinen neugeborenen Neffen zum ersten Mal sehn, und davor muessen wir noch ganz oft "Ei, ei Baby" ueben, damit die Liebesbekundungen nicht gar so stuermisch werden.

Montag, Juli 19, 2010

Die Gefahren des Grossstadtdschungels...

Jaja, wenn man Washingtonern sagt, man wohnt im Suedosten der Stadt, zucken sie immer ein wenig zusammen und denken oho, der wilde Suedosten (weil sie nicht wissen, wie viel sich in den letzten 15 Jahren veraendert hat - ist ja viel zu wild um hier mal hinzukommen und nachzugucken... aber das ist eine andere Geschichte). Waehrend die meisten an die wilden zweibeinigen Bewohner des Grossstadtdschungels denken, musste meine Nanny heute mit einer wilden Katze kaempfen. Zum Glueck kann sie Felltiere nicht besonders leiden und nimmt Sarah immer auf den Arm, wenn sich Hund oder Katze naehern. Deshalb hat der Tiger nur ihren (und nicht Sarahs) Knoechel attackiert. Ich hab diese Katze dann spaeter auch gesehn und tatsaechlich, die schleicht sich fauchend von hinten an, zeigt ihre Zaehne und ist zu allem bereit...

Also haben wir den Morgen damit verbracht, von einem Arzt und Krankenhaus zum naechsten zu fahren, um endlich da anzukommen, wo man Tollwutimpfungen bekommt, da haben wir dann stundenlang das volle Wartezimmer mit Sarahs Gesangskuensten maltraetiert, waehrend Ingrid 8 Spritzen bekam. Am fruehen Nachmittag endlich wieder zu Hause hab ich die Katzenfaenger angerufen und hoffe, dass sie sich dem Problem annehmen. Hinter'm Haus gehn wir erstmal nicht mehr spazieren...

Freitag, Juli 16, 2010

Kleiner Liebling...

Entwicklungspsychologen wuerden das vermutlich fruehkindliche Abgrenzung nennen, ich finde das nur abwechselnd extrem anstrengend und lustig - manchmal beides gleichzeitig. Sarah hat jetzt den boesen Blick gelernt und mitten im Spielen guckt sie ploetzlich sehr boese und haut einen. Schmerzhaft. Oder schiebt den Unterkiefer vor und man weiss, die bereitet sich aufs Beissen vor. In dem Fall sorge ich immer dafuer, dass sie am Ende aus Versehen die eigene Hand im Mund hat und nicht meine. Da kann sie dann beissen, was sie will.

Nun dachte ich gestern, dass wir einen Durchbruch zum Thema Freundlichkeit hatten, weil sie mir so lieb und ausdauernd, ei-ei, den Arm gestreichelt hat. Bis mir dann auffiel, dass sie vor jedem "Ei" ihre Hand grossflaechig anleckte und dann die Spucke froehlich auf mir verschmierte. Das kleine Biest ist mir doch immer einen Schritt voraus...

Montag, Juli 05, 2010

Oeffentliche Kuehlschraenke

Diese Woche soll es bis ueber 38 Grad heiss werden. In Vorbereitung darauf hat die Stadt New York oeffentliche Kuehlraeume eingerichtet, in denen die Menschen ueberleben koennen, die keine Klimaanlage haben. Obdachlose und andere Uncoole.

Unser Haus ist zwar gekuehlt, aber Sarah wird irre, wenn sie den ganzen Tag niemanden sieht ausser ihre langweiligen Eltern. Also hat mein Mann sie heute morgen um halb acht zum Spielplatz gebracht, damit sie die Morgenkuehle (die eigentlich auch schon stickige Morgenwaerme ist, aber eben noch nicht Mittagshitze) nutzen kann. Und fuer tagsueber gibt es dann Museen, Einkaufszentren und andere oeffentliche Raeume, wo wir rumhaengen und alle Fremden gruessen koennen. Heute ist Montag (Museen zu) und Feiertag (Geschaefte zu oder nicht?), was unsere Optionen ungemein einschraenkt. Also verwuesten wir jetzt erstmal das Haus...

Donnerstag, Juli 01, 2010

Babies die bellen, beissen auch

Gestern sind Sarah und ich nach der Arbeit auf einen langen kurzen Spaziergang gegangen. Weil Sarah selbst gelaufen ist, war er lang: 1 Stunde und kurz: 50 Meter. In unserer Nachbarschaft, gleich gegenueber der Kirche, deren Treppe Sarah zehnmal raufklettern will, lebt ein Pitbull, der einen Grossteil des Tages im Vorgarten bellt. Also hat Sarah zurueckgebellt. Etwa genauso laut wie ihr neuer Hundefreund and voller Begeisterung, dass er lauter und lauter bellte, als sie lauter und lauter bellte. Ja, der Hund hat dabei die ganze Zeit mit dem Schwanz gewedelt, aber was heisst das schon bei einem Pitbull: "Ich mag Dich, Du siehst aus wie ein koestlicher Snack"

Naja, wenn ich's mir recht ueberlege, Sarah hat immer noch die unangenehme Angewohnheit, ihre Zuneigung durch ziemlich brutale Liebesbisse zu zeigen. Wahrscheinlich war ihr Gespraech mit dem Pitbull ein Erfahrungsaustausch unter Feinschmeckern.

Meine Freundin Noora fragt: "Haben alle Babies so einen ausgepraegten Charakter?"