Das hatte ich alles vergessen. Sogar, was für eine wunderbare Weihnachtsoma sie war. Da haben sich so viele Jahre drübergelegt, in denen ich nicht mehr an's um die Ecke gucken und das Christkind geglaubt hab und aus der Weihnachtsoma eine vermiedene Verpflichtung und schliesslich Vergangenheit wurde.
Als wir mit Sarah den Weihnachtsbaum des Präsidenten bestaunen gingen und wir alle mit strahlenden Augen "Oh! Tannebau!" und "Licht! Licht!" riefen, hab ich mich plötzlich wieder an den Adventskalender erinnert, der ein Papphaus war, das von innen von einer Kerze erleuchtet wurde und den Geruch des Ledersofas, auf dem wir sassen und den lieben Advent ansagten. Und plötzlich wurde mir klar, dass dieser ganze Kinderweihnachtszauber, die wunderbaren Erinnerungen, etwas sind, was nicht automatisch entsteht, sondern das von liebenden Erwachsenen gebastelt und gezaubert wird. Und dass Weihnachtszauber machen nun eine meiner elterlichen Pflichten ist. Pflicht ist vielleicht das falsche Wort, denn es ist so viel angenehmer als Windeln wechseln oder Teenager von der Party abholen.
Heute haben wir mit Oma das neue Weihnachtsliederbuch dreimal von vorne bis hinten durchgesungen, Papiersterne ausgeschnitten (Sarah's Aufgabe war es, zu jedem Stern begeistert "Boooar!" zu sagen und ihn Oma zu bringen, die ihn ans Fenster klebte). Dann hab ich eine Schüssel Schnee vom Balkon geholt, damit sie uns Schneesuppe füttern konnte. Zum Einschlafen hab ich ihr zugeflüstert, dass vielleicht das Christkind heute Nacht kommt, wenn wir alle schlafen, um die Kugeln an unseren Weihnachtsbaum zu hängen. Nun muss ich mir noch den Goldstaub von den Fingern waschen und dann schlafen gehn, damit das Christkind hier freie Bahn hat.